# taz.de -- Debatte über energetische Sanierung: Alle wollen sanieren
       
       > Auf einer Podiumsdiskussion spricht Wirtschaftssenator Wolf mit
       > Vertretern aus Wirtschaft und Verbänden über eine grüne Stadt.
       > Energetische Sanierung ist Streitthema.
       
 (IMG) Bild: Einpacken, Drüberstreichen, Green City fertig?
       
       Neun Jahre sind keine wirklich lange Zeit. Das Elbhochwasser ist neun Jahre
       her, auch die Einführung des Euros, und die rot-rote Regierung in Berlin
       ist sogar schon mehr als neun Jahre im Amt. 2020, das sei ja schon am Ende
       der nächste Legislaturperiode, eröffnet Rudolf Steinke, Geschäftsführer der
       Berliner Wirtschaftsgespräche, eine Veranstaltung am Donnerstagabend. Ganz
       so lange sind Legislaturperioden in Berlin zwar nicht, aber die Idee
       dahinter ist richtig: Wer über Berlin im Jahr 2020 diskutiert, spricht
       eigentlich über übermorgen - zumindest fast.
       
       "Berlin 2020: Fit für die Zukunft - Green City" lautet der Titel der
       Veranstaltung. Da ließe sich über alles Mögliche diskutieren, doch in der
       Praxis geht es sehr schnell um ein Thema, das Wirtschaftssenator Harald
       Wolf (Linkspartei) in seinem Eingangsstatement noch elegant umschifft hat:
       energetische Sanierung. Schließlich ist das eine der größten Baustellen in
       Berlin - beziehungsweise eben nicht, und genau das ist das Problem. Mehr
       Baustellen, die würde sich Stephan Schwarz, Präsident der Berliner
       Handwerkskammer, durchaus wünschen. Und wenn diese Baustellen der
       energetischen Gebäudesanierung dienen würden, hätte er an dem Abend auch
       die anderen Podiumsgäste hinter sich.
       
       Andreas Jarfe, Geschäftsführer des Umweltverbandes BUND Berlin, zum
       Beispiel. Der macht der positiven Auslegung von Städterankings, wie sie
       Wolf und Steinke eingangs praktizierten, ein Ende. "Wir sind gar nicht so
       viel besser als die anderen", stellt Jarfe fest. Auch wenn Berlin immer
       gelobt werde, weil hier nur ein Drittel aller Wege mit dem Auto
       zurückgelegt werde. "In Frankfurt am Main sind es auch nur 34 Prozent."
       Vieles gehe zu langsam, sagt er. Und auch in den Verwaltungen seien die
       Widerstände groß.
       
       Oder Michael Schäfer, klimapolitischer Sprecher der Grünen-Fraktion im
       Abgeordnetenhaus, der mit seinen Ausführungen für Kopfschütteln bei den
       Wirtschaftsvertretern im Publikum sorgt. Schäfer ist es auch, der eine
       Beratungseinrichtung vorschlägt, in der sich Hauseigentümer über
       Förderprogramme für die energetische Sanierung informieren können. Applaus
       gibt es aber erst bei Schwarz, als er vorrechnet, nach wie vielen Jahren
       sich die Kosten für einfache Sanierungsmaßnahmen amortisiert hätten - wenn
       man sie durchführen würde. "Der erste vernünftige Gedanke des Abends", sagt
       ein Besucher. Seine Umgebung nickt.
       
       Für Wirtschaftssenator Wolf muss es eine der entspannteren Veranstaltungen
       in letzter Zeit gewesen sein. Denn auch wenn Schäfer das ganze Arsenal des
       unterlassenen Klimaschutzes von Rot-Rot auspackt - vom gescheiterten
       Klimaschutzgesetz bis zum schlechten energetischen Zustand der öffentlichen
       Gebäude -, es ist immerhin nur die Opposition, die hier schießt, und das
       ist deren Job. Hatte doch am Donnerstagvormittag noch der Regierende
       Bürgermeister Klaus Wowereit vom Koalitionspartner SPD Wolf angegriffen und
       ihm eine Mitschuld an den hohen Wasserpreisen vorgeworfen. Wolf konterte
       mit dem Sprichwort vom Glashaus und den Steinen und legt am Abend nach,
       dieses Mal gegen den SPD-Finanzsenator Ulrich Nußbaum.
       
       "Ein Problem ist, dass die BIM kein Sanierungskonzept hat", sagt er und
       erzählt von Bauarbeiten, die in seiner eigenen Verwaltung durchgeführt
       wurden und ihm völlig unsinnig erschienen seien. Die Berliner
       Immobilienmanagement GmbH (BIM) ist als Landesunternehmen dafür zuständig,
       rund 1.300 öffentliche Gebäude wie Finanzämter und Gerichtsgebäude zu
       verwalten. Statt sich um undichte Fenster zu kümmern, kritisiert nun Wolf,
       habe man Treppenmarmor abgeklopft. "Und wer ist für die BIM zuständig?",
       will die Moderatorin wissen. "Zuständig ist die Finanzverwaltung", sagt
       Wolf.
       
       Am Ende einigt man sich darauf, dass eine Beratungsstelle für Hausbesitzer,
       die energetisch sanieren wollen, tatsächlich sinnvoll wäre. Den Vorschlag
       eines Zuschauers, bei der Einrichtung auch gleich Möglichkeiten zur Vergabe
       der entsprechenden Kredite anzusiedeln, nehmen die Podiumsgäste dankbar
       auf. Eine der engagiertesten Zielsetzungen für die nächsten neun Jahre ist
       das sicher nicht. Aber zumindest eine realistische.
       
       11 Mar 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Svenja Bergt
       
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