# taz.de -- Bürgerkrieg in Libyen: Neue Luftangriffe auf Rebellen
       
       > Im Osten des Landes toben weiter Gefechte. Gaddafi bietet China und
       > Russland Ölgeschäfte an - kurz bevor der UN-Sicherheitsrat über eine
       > Flugverbotszone tagt. Deutschland bleibt zögerlich.
       
 (IMG) Bild: Schweres Geschütz: Rebellenkämpfer in Brega.
       
       TRIPOLIS/NEW YORK dapd/dpa/rtr | Die libysche Luftwaffe hat am Montag die
       von Rebellen gehaltene Stadt Adschdabija angegriffen. Kampfflugzeuge hätten
       Waffenlager in der Stadt bombardiert, um die Gegner von Machthaber Muammar
       al Gaddafi von Nachschublieferungen zur nahegelegenen Front abzuschneiden,
       sagte ein Vertreter der Rebellen. Bei dem Angriff habe es auch Verletzte
       gegeben.
       
       Den libyschen Rebellen gelang es inzwischen nach eigener Darstellung, den
       Vormarsch der Gaddafi-Truppen im Osten des Landes aufzuhalten. Die
       Regimegegner erklärten am Montag, sie hätten die Stadt Al-Brega in der
       Nacht zurückerobert und dabei Dutzende von Soldaten der Truppen von
       Staatschef Muammar al-Gaddafi gefangen genommen. Am Morgen sei dann die
       weiter östlich gelegene Stadt Adschdabija von den Regierungstruppen
       bombardiert worden.
       
       Auch um die Stadt Misurata im Westen dauerten die Kämpfe an. Der Sprecher
       der Aufständischen sagte: "Wir kontrollieren immer noch die Stadt, aber wir
       sind eingekesselt. Wenn uns die Truppen von Gaddafi mit Artillerie
       beschießen, haben wir dem nichts entgegenzusetzen." Deshalb sei die
       Einrichtung einer Flugverbotszone über Libyen wichtig. "Wenn es dafür
       notwendig sein sollte, militärische Ziele aus der Luft zu bombardieren,
       dann wäre auch dies legitim", fügte er hinzu. Ohne den Einsatz von
       Luftlandeeinheiten oder Bodentruppen würde dies von den Aufständischen
       nicht als "ausländische Einmischung" verstanden, sondern als Hilfe.
       
       Am Sonntagabend hatte Gaddafi in Tripolis die Botschafter von China, Indien
       und Russland einbestellt. Nach Angaben der staatlichen Nachrichtenagentur
       Jana erklärte er ihnen, Ölfirmen aus ihren Heimatländern könnten jetzt in
       Libyen groß einsteigen. Etliche westliche Staaten hatten ihre Botschaften
       in Libyen bereits vor einigen Tagen geschlossen. Russland und China sind
       ständige Mitglieder des UN-Sicherheitsrates und könnten mit ihrem Veto eine
       Abstimmung über eine Flugverbotszone über Libyen blockieren.
       
       Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen wird sich vermutlich am heutigen
       Montag in einer Sondersitzung mit der Krise in Libyen befassen. Zwar wurde
       bis Sonntagabend in New York zunächst noch keine Tagung offiziell
       anberaumt. Allerdings liefen die Vorbereitungen der 15 Ratsmitglieder auf
       Hochtouren.
       
       ## UN-Sicherheitsrat will tagen
       
       Die Arabische Liga hatte das höchste UN-Gremium am Wochenende aufgefordert,
       ein Flugverbot über Libyen zu verhängen, um die Bevölkerung vor
       Luftangriffen der Truppen von Diktator Muammar al-Gaddafi zu schützen. Das
       Gaddafi-Regime verurteilte die Entscheidung der Arabischen Liga. Die
       Forderung nach einem Flugverbot sei eine "inakzeptable Abweichung vom
       Statut der Liga", kommentierte das staatliche Fernsehen in Tripolis am
       Sonntag den Beschluss.
       
       Nach Angaben von Diplomaten könnte der Libanon am Montag im Sicherheitsrat
       die Forderung der Arabischen Liga nach einem Flugverbot einbringen. Er ist
       derzeit das einzige arabische Land im mächtigsten UN-Gremium, dem auch
       Deutschland angehört. Beiruts Botschafter hat bereits Kontakt mit seinem
       chinesischen Kollegen aufgenommen, der in diesem Monat das UN-Gremium
       leitet. Die Veto-Mächte China und Russland standen einem Flugverbot bislang
       skeptisch gegenüber. Die Libanesen hoffen jedoch, dass der internationale
       Druck stark genug ist, um ihr Vorhaben durchzubringen.
       
       Russland hat derweil angesichts des gewaltsamen Vorgehens libyscher
       Sicherheitskräfte gegen das eigene Volk hat Russland Sanktionen gegen die
       Führung des nordafrikanischen Landes erlassen. Machthaber Muammar el
       Gaddafi und seine Familie dürften russischen Boden nicht betreten, hieß es
       nach Angaben der Nachrichtenagentur Interfax am Montag in einem Dekret von
       Präsident Dmitri Medwedew. Zudem würden keine Finanzgeschäfte mehr mit der
       libyschen Herrscherfamilie erlaubt.
       
       Mit dem Dekret reagierte Medwedew den Angaben zufolge auf die von den
       Vereinten Nationen Ende Februar verhängten Sanktionen gegen Libyen. Diese
       beinhalten unter anderem ein Reiseverbot für Gaddafi und ein Einfrieren
       seiner Guthaben.
       
       ## Westerwelle skeptisch, Chavéz applaudiert
       
       Während Frankreich und Großbritannien sich für die Einrichtung einer
       Flugverbotszone ausgesprochen haben, zeigten sich Deutschland, aber auch
       die USA eher zurückhaltend. "Eine Flugverbotzone ist eine militärische
       Intervention. Die Bundesregierung steht deshalb unverändert skeptisch
       gegenüber einem solchen Vorschlag", sagte Bundesaußenminister Guido
       Westerwelle am Montag in Berlin. "Wir sind der Überzeugung, dass
       Deutschland nicht in einen Krieg dauerhaft in Nordafrika hineingezogen
       werden darf." Die Bundesregierung werde sich dafür einsetzen, dass die UN
       noch in dieser Woche gezielte Sanktionen gegen Libyen verschärft.
       
       Unklar ist für den Außenminister die Haltung der Arabischen Liga. Sie
       fordere einerseits eine Flugverbotzone. Andererseits lehne sie eine
       internationale Intervention ab. Die europäischen Außenminister müssten
       jetzt mit den arabischen Außenministern zusammentreffen, um darüber zu
       beraten. "Es kann nicht so sein, dass die Verantwortung für das Handeln
       international bei den europäischen Außenministern liegt", sagte
       Westerwelle.
       
       Venezuelas linkspopulistischer Präsident Hugo Chávez hat in seiner
       wöchentlichen Fernsehsendung die Haltung der deutschen Regierungschefin zu
       den Unruhen in Libyen als "intelligent" hervorgehoben. Zugleich kritisierte
       er Großbritannien und Frankreich, denen er vorwarf, einen Invasionsplan der
       USA zu unterstützen.
       
       "Die Kanzlerin hat gesagt, dass sie mit einer Invasion nicht einverstanden
       ist - das, was die USA vorschlagen", sagte Chávez in seiner Sendung "Aló
       Presidente" ("Hallo Präsident") am Sonntag (Ortszeit). "Mit scheint die
       Haltung der deutschen Kanzlerin intelligent, aber die Engländer sind, nun
       gut, maßlos, die Franzosen auch, sehr merkwürdig, der Präsident Frankreichs
       kam mir schon sehr sonderbar vor", fuhr Chávez fort. Der venezolanische
       Staatschef ist ein Verbündeter von Libyens Machthaber Muammar al-Gaddafi.
       2009 hatte er seinen "Freund" Gaddafi als "einen der größten Staatsmänner
       des Jahrhunderts" gewürdigt.
       
       ## Proteste im Jemen und Oman
       
       Auch in anderen arabischen Ländern hielten am Wochenende die gewaltsamen
       Auseinandersetzungen zwischen Regierungsgegnern und Sicherheitskräften an.
       Im Jemen ging die Staatsmacht gegen Demonstrationen im ganzen Land am
       Samstag mit großer Brutalität vor. Die Polizei setzte Tränengas,
       Wasserwerfer und scharfe Munition ein. Insgesamt sieben Menschen starben an
       Schussverletzungen, unter ihnen ein zwölfjähriger Junge, berichteten
       arabische Medien unter Berufung auf Krankenhausärzte. In Bahrain lieferten
       sich tausende Demonstranten und Polizisten Straßenschlachten. Dutzende
       Menschen wurden verletzt, berichteten Augenzeugen.
       
       Der Sultan von Oman hat nach einer Welle von Protesten weitreichende
       Reformen angekündigt. Der aus einem gewählten Unterhaus und einem ernannten
       Oberhaus bestehende Rat des Oman, der bislang nur beratende Funktion hatte,
       soll künftig Gesetze verabschieden und die Exekutive kontrollieren dürfen.
       Außerdem befahl Sultan Kabus Ibn Said, der das arabische Land seit 41
       Jahren per Dekret regiert, am Sonntag die Bildung eines Expertengremiums,
       das innerhalb von 30 Tagen eine Verfassungsreform vorbereiten soll. Die
       Demonstrationen gegen Korruption und für demokratische Reformen gingen auch
       am Sonntag weiter.
       
       14 Mar 2011
       
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