# taz.de -- Kommentar Atomunfall in Japan: Die Warnungen der USA ernst nehmen
       
       > Die Atomexperten in den USA geben beunruhigende Warnungen über die Lage
       > in Fukushima I. Und sie wissen, außer den Japanern selber, am besten
       > Bescheid.
       
       Atomphysiker sind eine kleine, global eng verzahnte Elite. Sie sind zumeist
       nicht nur auf Kernspaltung spezialisiert, sondern auch darauf, die
       Beherrschbarkeit ihrer Technik zu verteidigen. Letzteres gilt erst recht
       für den Chef einer der größten Reaktoraufsichtsbehörden des Planeten.
       
       Vor diesem Hintergrund müssen die Äußerungen des Chefs der
       US-Atomregulierungsbehörde NRC, Gregory Jaczko, bewertet werden: "Tödliche
       Strahlung" aus den Reaktoren von Fukushima könnte die Rettungsarbeiten
       gefährden. Niemand außerhalb Japans weiß mehr über Fukushima als die USA.
       Sie arbeiten von Anfang an eng mit dem japanischen Atomsektor zusammen. Sie
       kennen das Innenleben der Unglücksreaktoren - von denen bau- und
       altersgleiche Modelle an 16 Standorten der USA stehen - genau.
       
       Die USA haben Personal und Material nach Fukushima geschickt, und sie
       machen eigene Messungen. Zwar kabelte - laut WikiLeaks - die US-Diplomatie
       schon vor eineinhalb Jahren nach Washington, es gäbe unter japanischen
       Politikern Kritik an der "Vertuschung" in AKWs, die US-Atombranche ließ
       sich davon aber nicht beeindrucken.
       
       Seither gehen die USA rasant auf Abstand. In den ersten Tagen sprachen nur
       Atomkritiker von einer "Katastrophe". Dann schickte die Atombranche ihre
       Rentner vor. Ein Exchef des NRC antwortete mit beredtem Schweigen auf die
       Zahlen aus Japan. Und gab den Ratschlag "Keep Cooling". Inzwischen ist die
       oberste Spitze des US-Atomkomplexes selbst am Mikrofon. Sie verharmlost
       nicht mehr, sie dramatisiert.
       
       Als Japan noch von einer Restmenge Kühlwasser in Fukushima sprach,
       verlautete aus Washington bereits, dass die Abklingbecken leer seien. Als
       Japan seine letzten 50 Arbeiter vorübergehend aus den Atomruinen in
       Fukushima abzog, verlangte Washington, dass zusätzliche Leute zur
       Verstärkung geschickt werden. Als Japan am Mittwoch von "sinkender
       Strahlung" sprach, sagte Jaczko in Washington, die Strahlung sei "extrem
       hoch". Und während Japan nur aus einem Umkreis von rund 12 Meilen
       evakuiert, empfehlen die USA ihren Staatsangehörigen, eine Zone von 50
       Meilen umgehend zu verlassen.
       
       Weil niemand außerhalb Japans mehr über den japanischen Atomsektor weiß als
       die USA, sind die jüngsten Zeichen aus Washington das Alarmierendste, was
       die Weltöffentlichkeit bislang über die Katastrophe in Fukushima erfahren
       hat.
       
       17 Mar 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Dorothea Hahn
       
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