# taz.de -- Rechtsextremismus: Neonazis entdecken Hitler
       
       > Die "nationalen Autonomen" fahren eine Ausländer-raus-Kampagne mitsamt
       > einer Hommage an den "Führer". Der NPD könnte das im Wahlkampf schaden.
       
 (IMG) Bild: Braune Szene in Schwarz: Neonazis auf dem Berliner Alexanderplatz
       
       Die aktuelle Integrationsdebatte wird jetzt von ganz rechtsaußen angeheizt.
       Die Berliner Neonazi-Szene mobilisiert zu einer "Ausländer raus"-Kampagne -
       mit unverhohlen fremdenfeindlicher Hetze.
       
       Das "Überfremdungsproblem" dringe "wie ein Krebsgeschwür in den deutschen
       Volkskörper ein und versucht ihn von innen zu ersetzen", heißt es in einem
       Aufruf auf der Website des "Nationalen Widerstands Berlin". Es gebe "ein
       riesiges Millionenheer, das unsere Existenz bedroht". Das "deutsche Volk"
       könne seinen "Überlebenskampf" nur gewinnen, "wenn es sich von den
       Demokraten und Globalisten befreien kann". Beendet wird der Aufruf mit
       einem Zitat Adolf Hitlers - zum Kampf um die "Erhaltung des deutschen
       Menschen". Als erste Aktion führten 30 Neonazis Mitte Februar einen
       Spontanaufzug "gegen Ausländergewalt" in Lichtenberg durch und klebten
       "Ausländer raus"-Plakate. Zuvor waren zwei Männer am dortigen U-Bahnhof von
       Jugendlichen überfallen worden.
       
       Als "widerlich und eindeutig extremistisch" bezeichnet
       Verfassungsschutzchefin Claudia Schmid die Parolen. Es seien weitere
       "öffentlichkeitswirksame Äußerungen" zu befürchten. Der
       Integrationsbeauftragte des Senats, Günter Piening, wertet die Kampagne als
       "kühl kalkulierte, rassistische Provokation, die um Aufmerksamkeit
       heischt". In der Berliner Öffentlichkeit werde dies aber keinen
       Resonanzboden finden, ist Piening sicher. "Diese Stadt pflegt einen
       Generalkonsens der Willkommenskultur."
       
       Auch Staatsanwaltschaft und Polizei haben die Kampagne ins Visier genommen.
       "Nach gemeinsamer Prüfung sind die Formulierungen von dem Recht auf freie
       Meinungsäußerung gedeckt", teilt ein Polizeisprecher mit. Die Internetseite
       werde aber weiter beobachtet.
       
       Die Mobile Beratung gegen Rechtsextremismus (MBR) verurteilt die rechte
       Kampagne. "Da gibts wenig zu deuteln", so MBR-Mitarbeiter Sebastian
       Wehrhahn. "Hier wird so unverstellt wie lange nicht NS-Propaganda
       artikuliert." Offenbar greife die Szene eine Integrationsdebatte auf, in
       der Probleme auch rassistisch beantwortet würden. Dabei bleibe es nicht bei
       leeren Worten, wie der Lichtenberger Spontanaufzug zeige, so Wehrhahn.
       "Gerade dort im Bezirk berichten uns immer wieder Menschen mit
       Migrationshintergrund, dass ihre Angst vor fremdenfeindlichen Übergriffen
       zunimmt."
       
       Es ist nicht die erste extremistische Hetze der Website des "Nationalen
       Widerstands". Auf dem Infoportal finden sich neben Berichten von
       Neonazi-Demos, Schulungen oder "Heldengedenken" auch Listen "linker Läden".
       Einige der genannten Einrichtungen wurden Ziel rechtsextremer Anschläge. In
       einer Selbstdarstellung heißt es, man sei "von dem Willen angetrieben, den
       Nationalen Sozialismus mit allen Mitteln durchzusetzen".
       
       Als Mitbetreiber der Website gilt Sebastian Schmidtke, Berliner NPD-Vize
       und Demo-Daueranmelder der rechten Szene. In einem Interview bezeichnete
       der 26-Jährige die Seite als "unsere Weltnetzpräsenz". Er meldete sich
       früher unter einer auf der Website angegebenen Handynummer. Ein Impressum
       existiert nicht, die Seite liegt auf einem ausländischen Server.
       
       Schmidtke kandidiert für die NPD bei der Wahl zum Treptow-Köpenicker
       Bezirksparlament auf Listenplatz 3, den Spitzenplatz hat NPD-Bundeschef Udo
       Voigt inne. Die Partei lobt ihre Liste als "gute Mischung" aus "erfahrenen
       und neu engagierten Bürgern". Im Februar veranstaltete die NPD in
       Lichtenberg eine Kundgebung unter dem Motto "Kriminelle Ausländer raus!"
       Redner: Sebastian Schmidtke.
       
       Verfassungsschutzchefin Schmid wertet die enge Verknüpfung ambivalent:
       Einerseits sei die NPD auf die Wahlkampfhilfe der Kameradschaftler
       angewiesen. Andererseits schade deren martialisches Auftreten der Partei.
       "Die NPD zielt ja auch auf bürgerliche Wähler."
       
       23 Mar 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Konrad Litschko
       
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