# taz.de -- Bürgerbeteiligung in Berlin: Mal von Partizipation geredet
       
       > Stadtentwicklungssenatorin Ingeborg Junge-Reyer (SPD) spricht auf einer
       > Tagung zu Bürgerpartizipation in Berlin. Warum, bleibt offen. Denn
       > Visionen lässt sie vermissen.
       
 (IMG) Bild: Während drinnen schon der Koffertransport getestet wird, streitet man draußen noch darüber, auf welchen Routen die Flugzeuge an dem Flughafen ankommen und abfliegen.
       
       Flugroutenprotestler, Wasservolksbegehrer, Kastanienallee-Zürner -
       Bürgerwut bewegt Berlin. Am Donnerstag auch Stadtentwicklungssenatorin
       Ingeborg Junge-Reyer (SPD) auf einem Podium der Friedrich-Ebert-Stiftung.
       "Wir befinden uns in einer vorrevolutionären Situation", sagt
       Politikprofessor Roland Roth und verweist auf Politikverdruss und
       Wahlabstinenz. "Die oben können nicht mehr, die unten wollen nicht mehr."
       Junge-Reyer wiegelt ab: Berlin sei längst Hauptstadt der Partizipation - ob
       seiner "urbanen Widerborstigkeit". Roth schwärmt von Bürgerhaushalten und
       Townhall-Meetings. Junge-Reyer lobt Bestehendes, Quartiersmanagement und
       Vor-Ort-Büros. Die Politik müsse nur zuhören. Dann warnt sie vor
       "Partikularinteressen", verweist auf die Kastanienallee, wo die Diskussion
       in Richtung "ein paar Zentimeter links und rechts der Bordsteinkante" gehe.
       Der Bürger, sagt Junge-Reyer, müsse anerkennen, dass Städtebauprojekte
       komplex seien, nicht schwarz-weiß.
       
       Ja, man könne und solle diskutieren, so die Senatorin. "Irgendwann muss die
       Politik aber auch Entscheidungen fällen." Und dann müsse sich der Bürger
       auch auf "Verbindlichkeit und Kompromisse" einlassen. Punkt.
       
       Visionäres von der Senatorin, die fast täglich mit Bürgerprotest
       konfrontiert ist? Die kürzlich gestand, auch nach dem Herbst auf ihrem
       Posten bleiben zu wollen? Niente. Die Zuhörer quittieren ihre Thesen mit
       Schweigen. Ein Mann von den Anti-A100-Protestlern klagt später über
       Bürgerbeteiligungsfristen von zwei Wochen in einem jahrelangen
       Planungsprozess. Der Sprecher vom Wassertisch fordert verbindliche
       Volksentscheide vor größeren Privatisierungsprojekten. Auf dem Podium
       sitzen sie nicht.
       
       Ihren Applaus schenken die Zuhörer Politikprofessor Roth. Statt Quengelei
       solle die Politik in die "Weisheit der vielen" sehen, rät der Mann von der
       Hochschule Magdeburg. "Wir sind doch längst über den repräsentativen
       Absolutismus hinaus."
       
       Der größte Widerstand gegen substanzielle Bürgerbeteiligung komme aus zwei
       Lagern, sagt Roth dann noch: "Aus der Verwaltung und der professionellen
       Politik." Junge-Reyer sitzt daneben. Und schweigt.
       
       24 Mar 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Konrad Litschko
       
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