# taz.de -- Blauer Engel: Der Pümpel mit dem Öko-Label
       
       > Der Blaue Engel ist das älteste Öko-Label. Er zeichnet Saugglocken aus,
       > weil sie ohne Chemie verstopfte Klos reinigen, und verbietet Nazis,
       > Recyclingpapier kenntlich zu machen.
       
 (IMG) Bild: Zum 25. Jubiläum im Jahre 2003 wurde der Blaue Engel mit einem Riesenplakat geehrt.
       
       Der Pümpel ist ein gutes Beispiel, um zu verstehen, wie das Umweltzeichen
       Blauer Engel funktioniert. Worin man ihm vertrauen kann - und worin nicht.
       Pümpel sind Saugglocken zur Rohrreinigung.
       
       Wer einen verstopften Abfluss hat, kann chemischen Reiniger in den Abfluss
       gießen und somit das Grundwasser um eine weitere Dosis Gift belasten. Oder
       er kann manuell arbeiten - mit einem Pümpel, Muskelkraft und Unterdruck.
       Das ist umweltfreundlicher.
       
       Das Umweltzeichen Blauer Engel wird für Produkte vergeben, die sich im
       Vergleich zu anderen, dem gleichen Gebrauchszweck dienenden Gegenständen
       durch ihre besondere Umweltfreundlichkeit auszeichnen.
       
       Beim Gebrauchszweck Rohrreinigung heißt das: Den Blauen Engel gibt es, wenn
       ein solches Sauggerät Verstopfungen ohne chemische Zusätze beseitigen kann
       und in Bezug auf Konstruktion und Handhabung den einschlägigen Vorschriften
       und technischen Normen entspricht.
       
       Kurzum: Jeder Pümpel könnte theoretisch den Blauen Engel bekommen, ganz
       egal aus welchem Holz und Silikon er gefertigt ist. Hauptsache, er
       funktioniert ohne Chemie.
       
       In der unübersichtlichen Welt der Öko-Labels nimmt der Blaue Engel eine
       Sonderstellung ein. Er ist das weltweit erste Umweltsiegel und stammt aus
       einer Zeit, als Umweltschutz zunehmend in das öffentliche Bewusstsein
       geriet und erstmals zu einem politischen Thema wurde.
       
       Eingeführt wurde das Label 1978 vom damaligen FDP-Bundesinnenminister
       Werner Maihofer, einem Juristen und ehemaligen Eisschnellläufer mit
       Hornbrille und Seitenscheitel. Gemeinsam mit den Ministern der Länder
       wollte er mit dem Zeichen umweltfreundlichere Produktalternativen
       sichtbarer machen.
       
       Prinzipiell können Dinge jeder Art für die Vergabe vorgeschlagen werden:
       Schulhefte, Baumaschinen und Mehrwegflaschen tragen den Blauen Engel ebenso
       wie Flachbildschirme. Insgesamt steht das Zeichen auf über 10.000 deutschen
       Produkten.
       
       Und es hat eine weitere Besonderheit: Das Label kostet. Neben einer
       einmaligen Bearbeitungsgebühr von 250 Euro wird ein Jahresbetrag für die
       Benutzung des Zeichens erhoben.
       
       Dieses richtet sich nach dem Umsatz des Unternehmens, das das Produkt
       herstellt. Die Spannbreite der sieben Entgeltklassen bewegt sich dabei
       zwischen 270 und 6.000 Euro pro Jahr.
       
       Zum Vergleich: Für das Biosiegel der Europäischen Union muss nichts gezahlt
       werden, das Siegel des Verbrauchermagazins Öko-Test, das ebenfalls Produkte
       auf ihre Umweltfreundlichkeit untersucht, dürfen Hersteller für einmalig
       300 Euro auf allen Produktverpackungen und Publikationen abdrucken.
       
       Warum kostet der Blaue Engel jährlich? "Selbst das höchste Jahresentgelt
       ist noch vergleichsweise niedrig, wenn man es mit sonstigen Werbebudgets
       vergleicht", sagt Ines Oehme vom Umweltbundesamt.
       
       Mit dem eingenommenen Geld werde hauptsächlich die Öffentlichkeitsarbeit
       des Blauen Engels finanziert, anteilig aber auch das Personal des Deutschen
       Instituts für Gütesicherung und Kennzeichnung e. V., das die Produkte
       überprüft. "Diese Personalressourcen müssen über die Gebühren finanziert
       werden, weil wir nicht über ausreichende öffentliche Gelder verfügen", sagt
       Oehme.
       
       Das Verfahren ist teuer, denn es sind gleich vier Institutionen am
       Vergabeprozess beteiligt. Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und
       Reaktorsicherheit mit seinen beiden Dienstsitzen in Berlin und Bonn ist
       lediglich Zeicheninhaber, während das Umweltbundesamt in Dessau die Anträge
       entgegennimmt.
       
       Die Überprüfung, ob ein Produkt den Anforderungskriterien genügt, ist
       ausgelagert - das Institut im rund 500 Kilometer entfernten Sankt Augustin
       übernimmt sie. Das letzte Wort im Vergabeprozess hat schließlich aber die
       sogenannte Jury Umweltzeichen.
       
       Sie tagt in Berlin und ist ein unabhängiges Beschlussgremium, das sich
       unter anderem aus Vertretern aus Umwelt- und Verbraucherverbänden,
       Gewerkschaften und der Industrie zusammensetzt und die eigentliche
       Vergabeentscheidung trifft.
       
       Auch wer nicht Produkthersteller ist, sondern lediglich kenntlich machen
       will, dass seine Publikation auf Recylingpapier gedruckt ist, das den
       Blauen Engel trägt, muss zahlen.
       
       "Wenn Sie ein Druckerzeugnis herstellen, muss dies als solches noch einmal
       dem Institut zur zweifachen Prüfung vorgelegt werden - und da diese Prüfung
       aufwendig ist, muss dafür gezahlt werden", erklärt Hans-Hermann Eggers vom
       Umweltbundesamt. Einerseits werde überprüft, ob die Publikation tatsächlich
       auf solchem Papier gedruckt wurde, andererseits aber auch, ob der Inhalt
       der Publikation mit dem Siegel in Übereinstimmung zu bringen sei.
       
       "Wir haben eine Generalklausel in unseren Vergabegrundsätzen.
       Diskriminierende, politisch bedenkliche oder pornografische Publikationen
       erhalten den Blauen Engel nicht", sagt Eggers. Das bedeute etwa: Kein
       Umweltzeichen für Nazis.
       
       Pümpelproblem, Kosten, Gesinnungskontrolle - kann man dem Blauen Engel
       vertrauen? Zumindest lässt sich am Label jenes Kritierium ablesen, aufgrund
       dessen ein Produkt ausgezeichnet wurde. Etwa: "Umweltschonend, weil aus 100
       % Altpapier". Man findet die Information, wenn man genau hinschaut. Klein,
       in der Siegelunterzeile.
       
       26 Mar 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Christian Rohm
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Umweltschutz
       
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