# taz.de -- Lage im Reaktor Fukushima I: Zäher Kampf mit kleinen Fortschritten
       
       > Die Betreiber des havarierten Kernkraftwerks kämpfen weiter gegen einen
       > drohenden Super-GAU. Während zwei Einzelreaktoren als stabil gelten, ist
       > die Situation in den übrigen Blöcken kritisch.
       
 (IMG) Bild: Kontrollraum der Reaktoren 3 und 4 in Fukushima am 22. März: Teilweise brennt immerhin wieder Licht.
       
       TOKIO reuters/dapd | Am Montagnachmittag wurde auf dem Gelände des
       Kernkraftwerks Plutonium im Boden gefunden. Das meldete die japanische
       Nachrichtenagentur Kyodo unter Berufung auf die Betreibergesellschaft Tepco
       (Tokyo Electric Power Co.). An fünf verschiedenen Punkten des AKW-Geländes
       sei das hochgiftige Schwermetall festgestellt worden. Plutonium befindet in
       hoher Menge in den Brennstäben der Reaktors 3 und in niedrigerer
       Konzentration in den abgebrannten Brennelementen in den Abklingbecken aller
       sechs Reaktoren.
       
       Die Arbeiter versuchen am Montag weiterhin, die Pumpen des Kühlsystems in
       den vier Reaktorblöcken 1 bis 4 wieder in Gang zu bringen. Die unmittelbare
       Herausforderung besteht dabei darin, radioaktives Wasser aus den
       Kellergeschossen der Blöcke 1, 2 und 3 zu pumpen.
       
       Die größten Schwierigkeiten macht Block 2. Im Keller des Turbinenraums ist
       in Luft und Wasser eine Strahlenbelastung von mehr als 1000 Millisievert
       pro Stunde nachgewiesen worden, der höchste während dieser Krise gemessene
       Wert. Der Grenzwert in Japan beträgt 250 Millisievert pro Jahr.
       
       Im Block 1 ist zwar schon ein Pumpenkreislauf in Gang gebracht worden, aber
       auch nach mehreren Tagen ist der Keller noch nicht leergepumpt. Die
       entsprechenden Systeme in Blöcken 2 und 3 müssen erst mal geräumt werden.
       
       Wie lange wird das alles dauern? 
       
       Das weiß niemand. Als wahrscheinlich gilt ein langer zäher Kampf mit
       kleinen Fortschritten, unterbrochen von Notkühl-Einsätzen und einzelnen
       Strahlungsspitzenwerten.
       
       Aber die Ingenieure arbeiten im wahrsten Sinne des Wortes im Dunkeln. Zwar
       brennt inzwischen im Kontrollraum wieder Licht. Die Geräte im Reaktor sind
       jedoch mangels Strom ausgeschaltet. Auch die Messungen im Umfeld des
       Reaktors werden aus einem fahrenden Auto heraus vorgenommen, weil die
       festen Stationen nicht wieder in Betrieb sind. Zudem wird die Arbeit durch
       zerborstene Rohre, Unrat, wasserbeschädigte Ausrüstung und das Fehlen von
       Ersatzpumpen behindert. Auch Brände und Strahlungsunfälle sorgen für
       Verzögerung.
       
       Wieder ist Block 2 das größte Sorgenkind. Wegen der hohen Strahlenwerte im
       Wasser gehen Experten von einer Beschädigung des Druckbehälters wie auch
       von Ventilen und Rohren aus. Es könnte nach ihrer Einschätzung Monate
       dauern, um diesen Reaktor zu sichern
       
       Welche Risiken bestehen? 
       
       Die größte Gefahr droht von der Strahlung aus, die bei einem Rohrbruch
       austreten oder -strömen könnte. Auch das Ablassen von Dampf, um den Druck
       zu senken, könnte Radioaktivität freisetzen. Die Lecks würden Erde und
       Wasser in der unmittelbaren Umgebung belasten, Strahlungsspitzen könnten
       die Felder in einem größeren Umkreis verseuchen.
       
       Einige Experten sehen darüber hinaus die kleine, theoretische Gefahr eines
       größeren Unfalls, wenn die geschmolzene Masse des Reaktorkerns durch den
       Fußboden durchbrechen sollte. Darunter befindet sich ein Wasserbecken.
       Dabei könnte es zu hohen Temperaturen und der Bildung von Wasserstoff
       kommen, was wiederum die Gefahr einer Beschädigung des Schutzmantels mit
       sich bringt. Dieses Szenario wird insbesondere für Block 1 besprochen, dem
       ältesten Reaktor.
       
       Wird die Gegend unbewohnbar? Vermutlich ja. Selbst nach einem Sichern der
       Reaktoren liegen Tonnen von Atommüll auf dem Gelände. Eine
       Beton-Ummantelung und das Einspritzen von Blei würden zwar dafür sorgen,
       dass man sich gefahrlos innerhalb einiger Kilometer Entfernung von der
       Anlange aufhalten und leben kann. Langfristig muss aber eine Lösung für den
       Müll gefunden werden, der zum Teil über Jahrtausende strahlen kann. Für
       eine Wiederaufbereitung dürfte die Brennstäbe zu beschädigt sein, ihr
       Transport an andere Orte auf enormen Widerstand stoßen.
       
       28 Mar 2011
       
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