# taz.de -- 1. Mai: Neukölln bekommt Maifestspiele
> Die traditionelle 18-Uhr-Demo findet nicht in Kreuzberg statt, sondern im
> Nachbarkiez. Bewusst soll das Myfest gemieden werden. Die Szene erhofft
> sich so eine Repolitisierung ihres Großaufzugs.
(IMG) Bild: 2010 ging der 1. Mai eher friedlich zu: PolizistInnen am Kottbusser Tor.
Die traditionelle "Revolutionäre 1.-Mai-Demonstration" wird in diesem Jahr
Kreuzberg verlassen. Zwar ist der Beginn wie eh und je um 18 Uhr am
Kottbusser Tor geplant. Von dort aber soll der Aufzug nach Neukölln führen
und auch dort enden - wahrscheinlich am Südstern an der Grenze zwischen
beiden Bezirken. Die Demo, bei oder nach der es meist zu Krawallen gekommen
ist, soll in der kommenden Woche angemeldet werden.
Mit dem Kurswechsel erhofft sich die linke Szene eine Repolitisierung ihres
Großaufzugs. "Heraus zum Revolutionären 1. Mai - Für die soziale Revolution
weltweit", lautet diesmal das Motto. Inhaltlich sollen
Gentrifizierungsprozesse in Berlin Schwerpunkt sein. "Gerade in Neukölln
steigt die Verdrängung der ärmeren Bevölkerung durch rapide
Wohnraumaufwertung", sagt Andreas Klein von der Antifaschistischen Linken
Berlin (ALB). Die Gruppe will sich an der Demo mit einem eigenen Block
"Nehmen wir uns die Stadt!" beteiligen. "Gleichzeitig gehen wir nach
Neukölln, weil dort viele Opfer der Sozialrassismus-Hetze à la Sarrazin
leben."
## Keine Krawalltouristen
Mit dem neuen Endpunkt soll das Myfest rund um die Oranienstraße gemieden
werden. "In unseren Augen ist das eine zunehmend unpolitische
Veranstaltung", so Klein. Zudem habe die Nähe der Demo zum Fest eine
"gewisse Klientel an Alkohol- und Krawalltouristen angezogen, die wir nicht
mehr wollen". Ziel sei es, stärker Basisorganisationen, etwa
Stadtteilinitiativen, einzubinden. "Wir wollen die ganze Bandbreite des
linken Spektrums dabeihaben", sagt Klein.
Schon am Vorabend des 1. Mai findet eine Demo statt. Ab 16.30 Uhr wollen
Jugendantifa-Gruppen vom Rosenthaler Platz in Mitte aus ebenfalls gegen
Gentrifizierung protestieren. Danach soll es zur "antikapitalistischen
Walpurgnisnacht" auf dem Boxhagener Platz gehen.
Parallel laufen die Vorbereitungen für das Myfest auf Hochtouren. Noch bis
zum morgigen Donnerstag können sich Anwohner und Gewerbetreibende für einen
der 140 Stände auf dem Fest bewerben. "Die Resonanz ist enorm", heißt es
aus dem Bezirksordnungsamt. Auch diesmal gilt: kein Verkauf von Flaschen
und Dosen. Alkohol wird es nur an den 14 Bühnen geben.
Nach einem krawalligen 1. Mai 2009 verlief der Tag im letzten Jahr
friedlich wie lange nicht. In diesem Jahr ist der Ausgang ungewiss. Der
Räumung des Hausprojekts Liebig 14 im Februar folgten Ausschreitungen von
Autonomen. Zu einem Brandanschlag am Donnerstag auf einen Kleintransporter
vor der Polizeiwache in der Kniprodestraße in Prenzlauer Berg heißt es in
einem Bekennerschreiben: "Als Prognose versprechen wir allen
ReisechaotInnen und Katastrophenfotografen - Berlin ist am 1. Mai eine
Reise wert."
Neonazis scheinen die Hauptstadt am 1. Mai zu meiden. Die NPD mobilisiert
nach Bremen, Kameradschaftler wollen in Halle marschieren.
29 Mar 2011
## AUTOREN
(DIR) Konrad Litschko
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