# taz.de -- SPD-Politikerin ruft Muslime zu Boykott auf: Islamkonferenz ohne Islam
       
       > Nach Kontroversen um Innenminister Friedrich hat Aydan Özoguz (SPD) die
       > deutschen Muslime zu einem Boykott der Islamkonferenz aufgerufen. Die
       > bewerten die Lage zum Teil ganz anders.
       
 (IMG) Bild: Nach Vorstellung der SPD soll die Hälfte der Plätze leer bleiben: die Pressekonferenz der Islamkonferenz am Dienstag.
       
       BERLIN dpa/dapd | Nach der heftigen Konfrontation von Innenminister
       Hans-Peter Friedrich (CSU) mit Muslimen ist eine Debatte über die Zukunft
       der Islamkonferenz entbrannt. Die SPD-Politikerin Aydan Özoguz rief die
       Muslime zum Boykott auf: "Die Muslime sollten nicht mehr an der
       Islamkonferenz teilnehmen, bis ein anderer die Leitung übernimmt." Der
       Grünen-Politiker Memet Kilic sagte, Friedrich sei für die Leitung des
       Gremiums ungeeignet.
       
       Am Dienstag hatten muslimische Konferenzteilnehmer Zweifel daran geäußert,
       ob die Dialog- und Integrationsfunktion der Konferenz weiter angestrebt
       werde. Friedrich hatte den Muslimen eine "Sicherheitspartnerschaft"
       vorgeschlagen, um Radikalisierungen unter Muslimen entgegenzuwirken. Das
       brachte ihm teils heftige Kritik ein. Die Islamwissenschaftlerin Armina
       Omerika bezichtigte Friedrich, "eine sehr bedenkliche Kultur des
       Denunziantentums unter den Muslimen" zu fördern.
       
       Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) warf dem CSU-Mann
       vor, der Integration von Ausländern zu schaden. "Es hinterlässt
       Fragezeichen, wenn die in der Konferenz vertretenen Muslime offener für
       andere Religionen wirken als der amtierende Innenminister", sagte sie.
       
       Allerdings stärkte der Dialogbeauftragte der Türkisch-Islamischen Union der
       Anstalt für Religion (Ditib), Bekir Alboga, dem Minister den Rücken. "Der
       Minister wurde wegen seiner Parteipolitik auch persönlich angegriffen",
       sagte Alboga der Mitteldeutschen Zeitung. "Er hat aber sehr aufmerksam und
       geduldig zugehört und vieles ertragen an Kritik. Das zeigt seine
       Entschlossenheit, die Deutsche Islamkonferenz fortzusetzen." Alboga
       kündigte an: "Es geht weiter. Das wollen wir Muslime. Das will auch der
       Minister."
       
       ## Alevitische Gemeinde: "Das ist Blödsinn"
       
       Auch die Alevitische Gemeinde Deutschland hat den Boykottaufruf der SPD zur
       Deutschen Islam Konferenz rigoros zurückgewiesen. "Das ist Blödsinn", sagte
       der Vizevorsitzende der Organisation, Ali Ertan Toprak, am Mittwoch. Man
       könne nicht einfach nach jeder heftigen Debatte zum Boykott aufrufen. "Das
       dient nicht der Sache." Ohnehin könnten die muslimischen Verbände sehr wohl
       für sich selbst eintreten, sagte er. "Es ärgert mich, dass SPD und Grüne
       immer meinen, sie müssten in unserem Namen sprechen." Toprak ist selbst
       Mitglied der Grünen.
       
       Toprak, der selbst an der Konferenz teilnahm, wies die Empörung als
       überzogen zurück. "Ich habe das bei weitem nicht als so dramatisch und
       schon gar nicht als Eklat empfunden", sagte er. Es sei "sehr bedauerlich,
       dass die Arbeit der Konferenz durch die Konfrontation überschattet wird".
       Die Fortschritte gerieten dadurch in den Hintergrund. Die Kritiker täten
       dem neuen Minister Unrecht, sagte Toprak. "Er ist wirklich ein offener
       Mann." Der Minister habe die Kritik bei der Islamkonferenz gut angenommen.
       "Er hat mich positiv überrascht", sagte er, "man sollte ihm eine Chance
       geben."
       
       Niedersachsens Innenminister Uwe Schünemann (CDU) sagte der Neuen
       Osnabrücker Zeitung, muslimische Verbände müssten sich ernsthafter um die
       Integration bemühen. "Die notwendige Trennung von religiösen Geboten und
       staatlichem Recht wird nur gelingen, wenn die Texte des Koran und der
       Scharia für die Gegebenheiten des Lebens in Deutschland neu interpretiert
       werden." Friedrich, der seit einem Monat als Bundesinnenminister im Amt
       ist, leitete die seit fünf Jahren bestehende Konferenz zum ersten Mal.
       
       Der nordrhein-westfälische Integrationsminister Guntram Schneider (SPD)
       forderte eine Neuausrichtung der Islamkonferenz. "Die Struktur der
       Islamkonferenz muss überdacht werden", sagte er der Rheinischen Post. "Man
       darf nicht Sicherheitsfragen mit religiösen Fragen vermischen." Die
       Integrationsbeauftragte der SPD-Bundestagsfraktion, Özoguz, sagte dem
       "Hamburger Abendblatt", sie halte Friedrich für die "absolute Fehlbesetzung
       in seinem Amt".
       
       30 Mar 2011
       
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