# taz.de -- Suchaktion in Japan: 11.500 Todesopfer des Bebens
       
       > Insgesamt 25.000 japanische und US-Soldaten suchen die Küste und
       > Mündungen nach weiteren Leichen ab. Verunsicherung herrscht vor über die
       > Verseuchung des Grundwassers.
       
 (IMG) Bild: Militärpolizisten in Miyako suchen nach Opfern von Erdbeben und Tsunami.
       
       BERLIN taz | Drei Wochen nach dem Beben dehnen nun die Katastrophenhelfer
       ihre Suche nach Leichen auch auf das Meer und nur von der See aus
       zugängliche Küstenabschnitte aus. Mehr als 18.000 japanische und 7.000
       US-Soldaten suchen Flussmündungen und einen 18 Kilometer langen
       Küstenbereich ab. 120 Flugzeuge und Helikopter nehmen ebenso an der
       Operation teil wie mehr als 60 Schiffe. Es ist die größte Suchaktion in der
       japanischen Geschichte, meldet das staatliche Fernsehen NHK. Sie soll drei
       Tage dauern.
       
       Bisher sind 11.500 Todesopfer des Bebens bestätigt, meldet die japanische
       Nachrichtenagentur Kyodo. Mehr als 16.400 Menschen werden vermisst. Bisher
       konnten erst gut 9.000 Leichen identifiziert werden.
       
       Die dreitägige Aktion lässt die Küste entlang der 30-Kilometer-Zone rund um
       den AKW-Standort Fukushima Daiichi aus. Dort behindere die hohe Strahlung
       und das ins Meer fließende radioaktiv verseuchte Wasser die Suche, so der
       Fernsehsender. Auch an Land müsse die Bergung wegen der Strahlung immer
       wieder unterbrochen werden, erklärte die Polizei.
       
       Für die evakuierten Bewohner ergeben sich immer neue Fragen. Die
       Organisation Green Action [1][berichtet aus der Präfektur Fukushima] von
       den Sorgen der Eltern: Ab April beginnt in Japan eigentlich wieder das
       Schuljahr. Das nationale Erziehungsministerium übe Druck auf die Präfektur
       aus, die Einschulungsfeiern wie geplant stattfinden zulassen. Das
       berichteten der Organisation Strahlenmesser vor Ort am Donnerstag.
       
       ## Für Fukushima und Iwaki gibt es keine Messungen
       
       Es geht vor allem um die Städte Fukushima und Iwaki knapp außerhalb der
       30-Kilometer-Zone. Für diese größere Entfernung gibt es keine Aussagen. 90
       Prozent der Vor- und Grundschüler seien von ihren Eltern aus den beiden
       Städten in weiter entfernte Gegenden gebracht worden, so Green Action. Es
       herrsche große Unsicherheit. Niemand wisse, welche Orte wie verstrahlt
       seien.
       
       Green Action kritisiert deswegen auch das Gesundheitsministerium. Bei einem
       Treffen mit Abgeordneten aus der Region und Bürgern konnte das Ministerium
       nur äußerst begrenzte Angaben zur Gefährlichkeit der Strahlendosen vor Ort
       machen. Die maximal erlaubte Strahlendosis in Japan ist 17 Millisievert pro
       Jahr alleine durch Essen und Trinken. In Deutschland liegt die erlaubte
       Dosis bei 2 Millisievert für alle künstlichen Quellen (also zusätzlich zur
       Strahlung aus dem Gestein und kosmischer Strahlung) inklusive medizinischer
       Untersuchungen.
       
       Zur Belastung über Nahrungsmittel kommt die Radioaktivität durch verseuchte
       Böden und Partikel in der Luft. Die Umgebungsstrahlung lag nach Angaben des
       japanischen Disaster Provision Main Office am Nachmittag des 31. März in
       der Provinz Fukushima zwischen 0,1 und 7,6 Mikrosievert pro Stunde, das
       entspräche 10 bis 66 Millisievert pro Jahr. Innerhalb der 30-Kilometer-Zone
       lag der Maximalwert bei über 300 Millisievert.
       
       Im Fleisch einer geschlachteten Kuh aus der Provinz Fukushima, 70 Kilometer
       vom Reaktorstandort entfernt, wurde am Mittwoch bei einer ersten Messung
       ein Strahlenlevel des über Jahrzehnte strahlenden Cäsiums von 510 Becquerel
       pro Kilogramm gefunden – knapp über dem amtlichen Grenzwert. Als dies
       Aufregung hervorrief, lies das Gesundheitsministerium ein zweites Mal
       messen. Ergebnis: "Keine Spur von Cäsium."
       
       ## Chaos auf dem AKW-Gelände
       
       Auf dem Gelände mit den havarierten Atommeilern herrscht derweil weiter
       Chaos. Der Betreiberkonzern Tepco hatte gestern 10.000-fach erhöhte Werte
       von Jod-131 im Grundwasser unter den Reaktorgebäuden bekannt gegeben.
       Nachdem der Atombehörde diese Werte selbst unter den gegebenen Umständen
       als zu hoch vorkamen, prüfte Tepco die Ergebnisse. Nun heißt es, man habe
       einen Fehler im Computerprogramm gefunden, dass die Messungen auswerte -
       und zwar alle bisherigen Messungen. Allerdings wurde nicht bekannt gegeben,
       um wie viel und in welche Richtung die Ergebnisse verfälscht worden seien.
       
       Unterdessen versuchten die Arbeiter vor Ort probeweise, mithilfe eines
       ferngesteuerten Fahrzeugs strahlende Trümmerteile und den Boden mit
       Kunstharz zu besprühen. Mit der anhaftenden Masse soll verhindert werden,
       dass Partikel in die Umgebung verweht werden. Der Wind dreht nämlich
       normalerweise im Frühsommer nach Süden, sodass die Hauptinsel und Tokio
       weit stärker als bei den bisherigen Winden aus West belastet würden. Davor
       warnte Professor Hiromi Yamazawa von der Universität Nagoya.
       
       1 Apr 2011
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] http://fukushima.greenaction-japan.org/
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Reiner Metzger
       
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