# taz.de -- SPD-Senat will Situation der Kinder verbessern: Bescherung für arme Kinder
       
       > Hamburg bekommt 45 Millionen Euro vom Bund für die Teilhabe von armen
       > Kindern. Statt Gutscheinen gibt es Angebote. Viele davon gab es
       > allerdings schon vorher.
       
 (IMG) Bild: Bundeslager der Pfadfinder bei Wolfsburg: Für solche Aktivitäten gibt es nun Bundesgeld für Hamburg.
       
       HAMBURG taz | Mit freudigen Nachrichten traten der neue Sozialsenator
       Detlef Scheele und der neue Schulsenator Ties Rabe (beide SPD) am Freitag
       zum ersten Mal vor die Presse. Hamburg bekommt im Zuge der Hartz-IV-Reform
       45 Millionen Euro vom Bund, um die Bildungs- und Teilhabechancen von
       ärmeren Kindern zu verbessern.
       
       Hamburg habe für die Umsetzung ein Modell gefunden, das "ohne Gutscheine
       und fast ohne Amtsgänge" auskomme, lobten sich die beiden Senatoren. Einen
       erheblichen Teil der Angebote, die nun von diesem Geld bezahlt werden, hat
       die Stadt allerdings in der Vergangenheit aus anderen Töpfen finanziert.
       
       Von den Neuerungen sollen nicht nur Kinder von Hartz-IV-Empfängern
       profitieren, sondern auch jene aus Familien, die Wohngeld, Kinderzuschlag,
       Sozialhilfe oder Asylhilfe erhalten. Insgesamt 78.000 Kinder. Zurück geht
       die Maßnahme auf ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom Februar 2010,
       wonach die Regelsätze nicht dem "menschenwürdigen Existenzminimum"
       entsprechen.
       
       Sie hätten ein schlankes und unbürokratisches Verfahren gefunden, sagten
       die SPD-Senatoren. "Jedes Kind soll in dem Sportclub, Musikunterricht oder
       Pfadfinderverein mitmachen können, den es sich aussucht", so Scheele. "Und
       zwar ohne, dass es das vorher langwierig beantragen muss."
       
       Zehn Euro pro Monat stehen jedem berechtigten Kind bis 18 Jahren zu, um
       sich an einem Kultur-, Sport oder Freizeitangebot zu beteiligen. Die Kinder
       sollen dafür einen Bewilligungsbescheid vorlegen. Die Anbieter rechnen
       hinterher mit den Ämtern ab.
       
       Gruppen und Vereine seien aufgerufen, sich bei der Sozialbehörde als
       Anbieter registrieren zu lassen. Von dem Geld kann beispielweise ein
       Sportvereinsbeitrag, eine Karte der Bücherhalle oder eine Museumsführung
       bezahlt werden.
       
       Der Haken: mit zehn Euro kommt man nicht weit. Klavierunterricht
       beispielsweise ist unter 60 Euro im Monat kaum zu erhalten. Und die
       Jugendmusikschule ist zwar für Kinder von Hartz-IV-Empfängern bereits
       kostenlos, hat aber Wartelisten.
       
       Auch eine Subventionierung von zehn Euro für Sportvereinsbeiträge wird
       bereits seit einiger Zeit unter dem Motto "Kids in die Clubs" vom Hamburger
       Sportbund angeboten. 2009 wurden auf diese Weise etwa 2.500 Kinder
       gefördert. Scheele hofft, dass es viele Angebote gibt.
       
       "Es gibt keinen Deckel für dieses Budget", sagte er. Und sollte das Budget
       überzogen werden, wäre es ihm nur recht. Es sei aber klar, dass man von dem
       Geld Kindern nicht all das bieten kann, was bildungsbürgerliche Eltern
       normalerweise tun.
       
       Kinder, die einen Bewilligungsbescheid vorlegen, sollen in der Schule ein
       kostenloses Mittagessen bekommen. Der Bund verlangt eigentlich einen
       Eigenanteil von einem Euro pro Mahlzeit. Doch den wolle "Hamburg
       übernehmen", erklärte Schulsenator Ties Rabe.
       
       Allerdings gab die Schulbehörde auch bisher Geld fürs Mittagessen
       förderberechtigter Kinder aus: 2,2 Millionen Euro 2009, 2,3 Millionen Euro
       2010 und für den Haushalt 2011 war noch eine Steigerung eingeplant.
       
       "Es sind teilweise Dinge in dem Paket enthalten, die bisher die Stadt
       bezahlte", erklärt Sozialbehördensprecherin Julia Seifert. "Teilweise
       übernimmt der Senat auch Dinge, die wir nicht vom Bund bekommen."
       
       Nicht ganz klar ist, inwieweit die 45 Millionen Euro zusätzlich ausgegeben
       werden, oder hier einfach der Haushalt entlastet wird. Monatskarten im Wert
       von 34 Euro für bedürftige Schüler zum Beispiel hat die Stadt schon bisher
       bezahlt. 5.500 Kinder erhalten diese Karten, seit die CDU hier 2005 sparte,
       gibt es allerdings Entfernungsgrenzen.
       
       Grundschüler müssen mindestens zweieinhalb Kilometer, Schüler der Klassen
       fünf bis zehn müssen mindestens fünf Kilometer von der Schule entfernt
       wohnen, um so ein Monatsticket zu bekommen. Der Bund gibt nun pro Karte 20
       Euro dazu. Man werde zusätzlich etwa 1.100 Oberstufenschülern diese Karte
       bezahlen, erklärte Ties Rabe. Die Entfernungsgrenzen wieder senken will er
       aber nicht.
       
       Neu ist das Angebot von Nachhilfe. Kinder, die vom Sitzenbleiben bedroht
       sind, sollen am Nachmittag zusätzliche Förderung von Studierenden, Lehrern
       oder älteren Schülern erhalten. Die Entscheidung, wer dies bekommt, trifft
       die Schule.
       
       Es stünden etwa zwei bis drei Millionen Euro zur Verfügung, davon könne ein
       vom Sitzenbleiben bedrohter Schüler "etwa zwei Stunden pro Woche beschult
       werden", sagte Ties Rabe.
       
       Kosten für Klassenreisen werden bisher schon von der Stadt übernommen, die
       Schulen rechnen dies mit den Ämtern ab. "An dem bekannten und bewährten
       Verfahren ändert sich nichts", schreiben die Senatoren.
       
       Auch die vor zwei Jahren eingeführte Schulbedarfspauschale von 100 Euro für
       Kinder von sieben bis 15 Jahren bleibt erhalten. Künftig wird sie in zwei
       Raten ausbezahlt. 70 Euro gibt es am 1. August, 30 Euro am 1. Februar.
       Bezieher von Kinderzuschlag und Wohngeld müssen diese gesondert beantragen.
       
       Zum 1. August will Sozialsenator Scheele die Kita-Gebührenerhöhung vom
       Vorjahr komplett zurücknehmen. Außerdem soll das Mittagessen für alle
       Kinder wieder kostenfrei sei. Insgesamt kostet sein Kita-Sofortprogramm,
       das auch ein Gratis-Vorschuljahr für sogenannte "Kann-Kinder" enthält, 45
       Millionen Euro. Einem Bericht des Abendblatts zufolge sollen dafür
       Kürzungen im Etat der Arbeits- und Sozialbehörde vorgenommen werden.
       
       1 Apr 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Kaija Kutter
       
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