# taz.de -- Strategie-Debatte in der NPD: Die dämlichen Anhänger
       
       > Unpassende Parolen, falsches Aussehen, zu viel Ausländerhass. In der NPD
       > wird nach den verlorenen Landtagswahlen über das eigene Profil
       > gestritten. Mit teils heftigen Vorwürfen.
       
 (IMG) Bild: Falsche Klamotte? NPD-Anhänger auf einer Demonstration.
       
       Modisches Hemd, dezentes Sakko: Der saarländische NPD-Landesvorsitzende
       Frank Franz signalisiert die politische Intention. In dem subkulturellen
       Habitus mancher Kameraden, ihren schwarzen Basecaps Kapuzenpullovern, Baggy
       Pants, Tubes und Piercings sieht er keine "nationale Zukunft". Der ständige
       Rekurs auf den Nationalsozialismus würde auch den "normalen Bürger" kaum
       ansprechen. Nach den Misserfolgen bei den Landtagswahlen hat Franz auf
       Facebook die öffentliche Parteidebatte über "wie weiter" ausgelöst. Die
       Parteiführung um den Vorsitzende Udo Voigt bemüht sich eiligst, die
       Diskussion einzudämmen.
       
       Hinter den Kulissen der Partei rumort es jedoch wegen Franz "Erörterungen"
       längst. Ein interner E-Mailverkehr der NPD, der der sächsischen Fraktion
       der Grünen vorliegt, offenbart, wie sehr sich in der Partei Enttäuschung
       und Ernüchterung breit machen. "Die NPD ist in der Krise", sagt Miro
       Jennerjahn, Rechtsextremismusexperte der Grünen-Fraktion im Dresdner
       Landtag. In dem Mailverkehr vom 25. März greift Peter Schreiber, als P.S.,
       sehr wohlwollend auf Franz zurück. Schreiber, parlamentarischer Berater der
       NPD-Fraktion spitzt gar zu, die "unsympathische Art" in ihren Reihen und
       die propagandistische Radikalität liefe einer "seriösen Radikalität"
       zuwider.
       
       Vor allem der verpasste Einzug der NPD mit 4,6 Prozent am 20. März 2011 in
       den Landtag von Sachsen-Anhalt verunsichert. Die Durchhalteparolen des
       Parteipräsidiums verstimmen nicht bloß Franz. Kein Hinterfragen der
       Strategie, keine Kritik an dem Personal. Allein die politische
       "Großwetterlage" und die "Schmutzkampagne" hätte der NPD den sicher
       geglaubten Landtagseinzug verhindert, ließ das Präsidium wissen und
       versicherte: "Wir kämpfen nicht um Geld und Posten, sondern für die
       Überwindung des politischen Systems."
       
       ## Das Abstammungsprinzip sei unpassend
       
       Noch vor den Wahlen in Rheinland-Pfalz, bei der die NPD 1,1 Prozent
       erreichte, und in Baden-Württemberg, wo sie nur ein Prozent bekam,
       veröffentlichte Franz seine "Erörterung". Ihm gehe es um "Kernprobleme"
       seiner Partei. Deshalb finde er auch die rigorose Feindschaft gegen
       Ausländer wegen des Abstammungsprinzips für unpassend. Sich allein "nur"
       gegen "kriminelle und arbeitslose Ausländern" auszusprechen, könnte den
       Wählerzuspruch erhöhen. Zielführender sei es für ihn auch, wenn die Partei
       nicht ständig erklären würde, "System abwickeln" zu wollen.
       
       Offen schreibt er, "die eifrigsten Wortführer der 'Anti-System-Fraktion'
       haben doch die Wahl, in den Untergrund zu gehen". Aber auch die Freien
       Kameradschaften und die Autonomen Nationalisten möchte er nicht mehr in und
       bei der Partei wissen – wie er öfters betont, ohne Strukturnamen zu nennen.
       "Schlechtes Benehmen, fragwürdige und stark subkulturelle Erscheinungen"
       blieben bei der Masse der Bürger nur negativ hängen, so der Anfang
       30-Jährige. Franz, der auch Vorsitzender der NPD-Stadtratsfraktion in
       Völklingen ist, will aber nicht falsch verstanden werden: "Während die
       einen zum Teil groteske subkulturelle Formen pflegen, kann man so manchen
       'Rechtsdemokraten' kaum noch von der CDU unterscheiden."
       
       Alte Fragen zu Programmatik und Strategie der NPD stellt Franz neu. Nicht
       bloß nach für sie enttäuschenden Wahlen wird in der Partei um die rechte
       Ausrichtung gerungen, sich mehr bürgerlich-konservativ oder mehr
       systemkritisch-radikal zu geben. Der Radikalität der NPD-Bundesführung um
       Udo Voigt widersprach die NPD-Fraktion in Sachsen um den Fraktionschef
       Holger Apfel schon öfters. Keine Überraschung, dass jetzt wieder von dort
       Zuspruch zu Franz kommt – wenn bisher auch nur intern.
       
       ## Dämliche NPD-Demonstranten
       
       "Die vorliegende Strategiediskussion der NPD offenbart deren tiefe
       Verunsicherung", sagt Jennerjahn. In einer Mail führt Peter Schreiber viele
       selbstgemachte Mankos an, die der Partei schaden und ihre Bürgernähe
       gefährden, so das er erleben musste, dass in einem Fernsehbericht ein
       junger NPD-Funktionär sagte: "Warum können wir nicht einfach alle Juden
       gepflegt erschießen?" oder bei einer ihre Aufmärsche ein Kamerad vor
       Medienvertretern über einen Schwarzen auf der Gegenseite meinte: "Ich
       könnt' den Schwarzen die Fresse polieren, einfach nur dafür das er schwarz
       ist". In Klammer gesetzt führt er weiter aus: "Nur am Rande sei erwähnt,
       dass der 'Schwarze' eine geradezu intellektuelle Haltung hatte, während
       (...) doch einigen unserer Demonstrationsteilnehmer die Dämlichkeit
       geradezu aus den Augen sprang".
       
       Die Debatte, so Jennerjahn, zeige, dass in der NPD einige sich sehr bewusst
       sind, dass die "Verbürgerlichungsstrategie scheitert, weil man die Finger
       nicht von Nationalsozialismus lassen kann".
       
       In einer Erklärung vom 31. März gibt sich Udo Voigt kämpferisch. Auf einer
       Sondersitzung des Parteivorstandes soll mittels Wahlanalysen auch über die
       künftige Ausrichtung diskutiert werden. Eine Kursänderung ist aber kaum zu
       erwarten. Betont Voigt doch: "Allen selbsternannten Strategen" sei gleich
       "entgegengehalten", dass das "Umbinden von Krawatten und dem Tragen von
       Nadelstreifenanzügen, den Feind" nicht mehr "gewogener" mache.
       
       Der Bundesvorsitzenden greift Franz gleich grundsätzlich an, ohne ihn
       namentlich zu erwähnen: "Für mich gibt es in der Politik allerdings
       Prinzipien" zu denen auch das "Bekenntnis zum Abstammungsprinzip" gehöre.
       So seien sie die einzigen, die sich den "diabolischen Kräften des
       Verderbnis" von Volk und Vaterland entgegen stellen würden. "Die jüngsten
       Wahlergebnisse begreifen wir als ein Menetekel – jetzt erst recht!",
       schreibt Voigt.
       
       "Wir haben gute Chancen die NPD im September in Mecklenburg-Vorpommern aus
       den Landtag zu wählen", hofft Jennerjahn. Die innere Verfassung der Partei
       könnte dienlich seien. Die NPD, die bei Umfragen in Mecklenburg-Vorpommern
       zwischen 4 und 5 Prozent liegt, könnte aber auch eine unerwartete
       Konkurrenz von Rechts wichtige Prozente kosten. Die Republikaner überlegen,
       anzutreten.
       
       3 Apr 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Andreas Speit
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Berliner Neonaziszene: Rechte drohen Exrechten
       
       Neonazis nehmen Aussteiger und Abweichler ins Visier. Ex-Rechtsextremer
       berichtet von versuchtem Überfall am Bahnhof Lichtenberg
       
 (DIR) Kommentar Pro Deutschland: Große Töne, kruder Haufen
       
       Großspurig sind die Ankündigungen der Rechtspopulisten. Die Realität aber
       ist eine andere: gegenseitiges Behaken und ein Personal, das seine
       Politikunfähigkeit stets aufs Neue unter Beweis stellt.
       
 (DIR) Neonazi-Propaganda im Klassenzimmer: "Ich war ohnmächtig"
       
       Eine Lehrerin im nordfriesischen Bredstedt soll Schüler für die NPD
       angeworben haben. Die Mutter eines Betroffenen bemerkte es. Ein Verfahren
       gegen die Lehrerin läuft.
       
 (DIR) NPD nach Landtagswahl in Sachsen-Anhalt: Neonazis praktizieren Abbau Ost
       
       Die NPD hat alles auf Sachsen-Anhalt gesetzt - und verloren. Jetzt steht
       sie vor dem finanziellen Ruin. Ein Grund zur Beruhigung ist das nicht.
       
 (DIR) Landtagswahl in Sachsen-Anhalt: NPD gegen NPD
       
       In Hohenmölsen treten zwei Kandidaten der NPD zur Bürgermeisterwahl an.
       Einer hatte sich die nötigen Unterschriften in einem Karnevalsverein
       erschlichen.