# taz.de -- Die Geschäfte mit Öl aus Libyen: Kein Embargo für Gaddafis Tankstellen
       
       > Die Tankstellenkette Tamoil vertreibt libysches Öl. Sie verspricht,
       > Gewinne nicht nach Libyen zu transferieren. In den Dokumenten der UN über
       > Sanktionen taucht sie nicht auf.
       
 (IMG) Bild: Augen auf beim Treibstoffkauf: Hier gibt es Öl aus Libyen.
       
       BERLIN taz | Vermutlich ohne es zu wissen, haben viele Autofahrer in den
       letzten Wochen Muammar al-Gaddafis Armee mitfinanziert. Nahezu geräuschlos
       hat sich der libysche Machthaber-Clan in Deutschland und Europa eine
       wichtige Einnahmequelle aufgebaut: Tamoil heißt die Tankstellenkette, die
       sich etwa unter dem Namen HEM als Billiganbieter etablieren will. In den
       UN-Dokumenten über Sanktionen taucht sie nicht auf.
       
       396 Tankstellen gibt es hierzulande, mittlerweile kommen 4 Prozent des in
       Deutschland getankten Benzins von Tamoil. Insgesamt hat die Kette in Europa
       rund 3.000 Stationen – vor allem auch in der Schweiz und Italien. "In der
       Vergangenheit stammten nach unseren Recherchen 50 Prozent des bei Tamoil
       umgesetzten Benzin aus Gaddafis Quellen", sagte Bärbel Höhn, Fraktionsvize
       der Bündnisgrünen, der taz. Ihre Partei fordert nun einen Boykott der
       Tamoil- und HEM-Tankstellen.
       
       Drei Raffinerien unter dem Tamoil-Dach produzieren das Benzin: Eine
       befindet sich im Tal des italienischen Flusses Po, eine weitere im
       Schweizer Kanton Wallis. Die dritte betreibt Tamoil in Hamburg: Holborn,
       die größte libysche Raffinerie in Europa, verarbeitete 2009 rund 5,2
       Millionen Tonnen Rohöl.
       
       Eingetragen ist Gaddafis Gelddruckmaschine unter der Dachgesellschaft
       Oilinvest International NV in den Niederlanden. Diese ist über diverse
       Pfade mit der National Oil Company (NOC) verknüpft - auf die Gaddafi direkt
       zugreifen kann. In der ersten Märzwoche hat Libyen nach Recherche der
       Financial Times Deutschland noch rund 400.000 Barrel Rohöl pro Tag
       verkauft, Mitte des Monats betrugen die Einnahmen immerhin noch fast 200
       Millionen Dollar pro Woche. Allerdings dürfte sich die Quote seitdem
       verändert haben: Wegen der Kampfhandlungen stehen etliche Ölförderstellen
       still.
       
       Weder für das Schweizer Staatssekretariat für Wirtschaft, Seco, noch für
       das Bundeswirtschaftsministerium sind die Verbindungen Tamoils zur
       libyschen Führung ein ausreichender Grund, den Betrieb zu blockieren.
       "Tamoil hat schriftlich versprochen, die vom Schweizer Bundesrat erlassenen
       Sanktionen zu respektieren", sagt Seco-Sprecherin Antje Baertschi. Ein
       Sprecher des deutschen Ministeriums, der nicht namentlich genannt werden
       wollte, sagte der Agentur dapd, die Überwachung der Transaktionen sei Sache
       der Staatsanwaltschaft.
       
       Tamoil selbst sieht sich zu Unrecht am Pranger: Das Unternehmen habe "100
       Prozent der erwirtschafteten Gewinne in die Verbesserung und den Ausbau des
       Tankstellennetzes in Deutschland investiert", heißt es in einer Erklärung.
       Man habe "umfangreiche Maßnahmen getroffen, um sicherzustellen, dass den
       von den EU-Sanktionen betroffenen Personen und Institutionen aus der
       wirtschaftlichen Tätigkeit der Deutschen Tamoil GmbH keine finanziellen
       oder wirtschaftlichen Ressourcen zufließen".
       
       Bei der Umsetzung der UN-Resolution 1973 hatten die EU-Mitglieder
       tatsächlich die NOC im Visier. Geschäftsbeziehungen von Tochterfirmen mit
       dem NOC- Mutterunternehmen sollen demnach nicht mehr erlaubt sein.
       "Allerdings muss man das Handelsembargo endlich auch einmal umsetzen",
       moniert Bärbel Höhn. Bislang existiere es nur auf dem Papier.
       
       3 Apr 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Nick Reimer
       
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