# taz.de -- Krise in der Elfenbeinküste: Gbagbo gibt auf
       
       > Mitstreiter des abgewählten Machthabers Gbagbo erklären den Krieg für
       > beendet. UNO-Luftangriffe hatten den Truppen Outtaras den Weg nach
       > Abidjan geebnet.
       
 (IMG) Bild: UN-Blauhelmsoldat patroulliert in Abidjan.
       
       BERLIN taz | Es bedurfte schließlich doch des ausländischen Eingreifens.
       Kampfhubschrauber der UN-Blauhelmmission und der französischen
       Eingrifftruppe in der Elfenbeinküste flogen in der Nacht zu Dienstag
       zahlreiche Luftangriffe auf militärische Stellungen der Truppen des
       scheidenden Präsidenten Laurent Gbagbo in Abidjan. Daraufhin konnten die
       Kämpfer des gewählten Präsidenten Alassane Ouattara im Laufe des Tages die
       wichtigsten verbliebenen Positionen des Gegners erobern.
       
       Am Nachmittag erklärten hochrangige Mitstreiter Gbagbos, der Krieg sei
       beendet. Gbagbo, erklärte die UN-Mission, befinde sich mit einer Handvoll
       Getreuen im Bunker seiner Residenz.
       
       "Der Krieg ist aus", sagte Gbagbos Außenminister Alcide Djédjé am Dienstag
       Nachmittag in einem telefonischen Fernsehinterview aus der Residenz des
       französischen Botschafters direkt neben Gbagbos Residenz. Man habe die
       ganze Nacht verhandelt und am späten Vormittag eine Einigung gefunden:
       Gbagbos Streitkräfte legen die Waffen nieder, "sie werden sich in Lagern
       sammeln, unter der Aufsicht der UN-Mission, und Gbagbos Residenz wird von
       der UNO geschützt."
       
       ## "Die Kämpfe sind eingestellt"
       
       Man habe die Kämpfe eingestellt, erklärte auch Gbagbos Generalstabschef
       Philippe Mangou, und die UNO um einen Waffenstillstand gebeten, "um die
       Bevölkerung, die Militärs und den Präsidenten, seine Familie und seine
       Regierungsmitglieder zu schützen". Mangou hatte von Mittwoch bis Sonntag in
       der Residenz des südafrikanischen Botschafters Zuflucht gesucht; danach war
       er zwar wieder an seinen alten Posten zurückgekehrt, aber offenbar nur
       noch, um die Waffen auch offiziell zu strecken. Über die genauen
       Sicherheitsgarantien für Gbagbo wurde gestern mit der Afrikanischen Union
       verhandelt.
       
       Die Luftangriffe der Nacht zerstörten nach UN-Angaben vor allem die
       Munitionslager und schweren Artilleriestellungen der Gbagbo-Streitkräfte im
       Gendarmeriecamp Agban. Von dort aus hatte Gbagbos Armee den vom Norden
       Abidjans anrückenden Ouattara-Kämpfern zuvor tagelang den Weg versperrt.
       Die Ouattara-treue Armee FRCI (Republikanische Streitkräfte der
       Elfenbeinküste) war am Freitag, 1. April, nach einer Blitzoffensive durch
       das halbe Land in Abidjan eingerückt, konnte die Millionenstadt aber nicht
       halten.
       
       ## Luftschläge der UNO ebneten den Weg
       
       Ihre 5.000 Kämpfer zogen sich im Laufe des Wochenendes zunächst zurück und
       erhielten Verstärkung von 4.000 weiteren FRCI-Einheiten, die sich am Montag
       am nördlichen Stadtrand sammelten. Am späten Nachmittag setzten sie sich in
       Bewegung, und mit Einbruch der Dunkelheit ebneten die Luftschläge der UNO
       ihnen den Weg. Dichter Rauch hing im Abendhimmel über Abidjan, erleuchtet
       von den Flammen brennender Munitionsbestände.
       
       Artilleriebeschuss auf oppositionelle Stadtviertel und
       Friedensdemonstraionen durch Gbagbos Streitkräfte hatte in den vergangenen
       Wochen zahlreiche Tote in Abidjan gefordert. Auch das UN-Hauptquartier,
       UN-Patrouillenfahrzeuge und medizinische Hilfskonvois seien angegriffen
       worden, erklärte UN-Generalsekretär Ban Ki-Moon am späten Montag. So wurden
       jetzt alle Artilleriestellungen Angriffsziele, auch die beim
       Präsidentenpalast und bei der Präsidentenresidenz.
       
       Ob diese Angriffe auch zivile Opfer gefordert haben, blieb gestern offen.
       Gbagbos Militärführung hatte in den vergangenen Tagen die Gbagbo-treuen
       "patriotischen" Milizen dazu aufgerufen, sich zahlreich vor Palast und
       Residenz zu versammeln, um diese zu schützen – ein sicheres Todeskommando,
       denn die meisten Milizionäre sind nur rudimentär an der Waffe ausgebildet
       und haben keine Schutzkleidung.
       
       ## Die Bevölkerung wurde strategisch einbezogen
       
       Es schien eine bewusste Strategie zu geben, die Bevölkerung in den Krieg
       einzubeziehen. Am Montag, kurz vor dem FRCI-Einmarsch, hatten Milizionäre
       die Menschen im Stadtzentrum aufgefordert, sich in der katholischen
       Kathedrale zu versammeln und zu beten. Das Gbagbo-kontrollierte
       Staatsfernsehen sendete in seinen letzten Stunden, bevor ein Luftangriff
       seinen mobilen Sendewagen ausschaltete, Aufrufe an die Bevölkerung,
       Bibelpassagen über die Apokalypse zu lesen.
       
       Ob jetzt in Abidjan Frieden einkehrt, wird sich daran entscheiden, ob die
       Milizen auch ohne Gbagbo weiterkämpfen. Auf Videos waren bereits in den
       vergangenen Tagen immer wieder Szenen zu sehen, wie Ouattaras FRCI-Truppen
       Gefangene in Zivilkleidung mit erhobenen Händen abführen, vermutlich
       Milizenangehörige an Straßensperren. Es wird aber auch berichtet,
       "patriotische" Milizionäre würden Plünderungen begehen und sich in Yopougon
       verbarrikadieren, dem größten Slumviertel Abidjans im Westen der Stadt.
       
       Aus UN-Kreisen heißt es, man rechne damit, dass die verbliebenen Milizen
       jetzt gezielt anfangen, mutmaßliche Gegner zu töten. Dies würde wohl eine
       Ausweitung des UN-Eingreifens notwendig machen. Die humanitäre Lage in
       Abidjan sei "absolut dramatisch", erklärte die Sprecherin der humanitären
       Abteilung der UNO (OCHA), Elisabeth Byrs. Verwundete könnten nicht versorgt
       werden, vielerorts seien Strom und Wasser abgestellt. "Die meisten
       Krankenhäuser funktionieren nicht, Krankenwagen auch nicht, und wenn sie
       fahren, werden sie beschossen."
       
       5 Apr 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Dominic Johnson
       
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