# taz.de -- Kommentar Rolle der Türkei in Libyen: Ankara scheitert als Vermittler
       
       > Die Türkei, die im Nahen Osten gern das Image eines neutralen Vermittlers
       > pflegt, hat sich in Libyen desavouiert. Die Wut der Rebellen verwirrt die
       > Regierung.
       
       Es ist das erste Mal, dass gegen den türkischen Ministerpräsidenten Tayyip
       Erdogan in einem arabischen Land protestiert wird. Nachdem in Bengasi, im
       befreiten Ostlibyen also, Demonstranten ihren Ärger über Erdogan auf der
       Straße lauthals herausgeschrien hatten, fragte sich die türkische Regierung
       denn auch gleich, wer diese Protestler wohl engagiert haben könnte. So
       unwahrscheinlich kam es den Regierenden in Ankara vor, dass die Wut
       authentisch seien könnte.
       
       Doch nachdem die Rebellen einem türkischen Schiff mit Hilfsgütern auch noch
       die Einfahrt in den Hafen von Bengasi verweigerten, weil man von Freunden
       Gaddafis auch keine Hilfe annehmen wollte, muss man sich in Ankara wohl
       eingestehen, dass die Schaukelpolitik gegenüber Libyen erst einmal
       gescheitert ist.
       
       Zwar hat Erdogan einen Friedensplan für das Land präsentiert, der in einem
       ersten Schritt einen umfassenden Waffenstillstand vorsieht und damit die
       Möglichkeit einer humanitären Versorgung der Bevölkerung schaffen soll.
       Doch die provisorische Regierung in Bengasi hat sofort erklärt, ohne den
       vorherigen Abgang der Gaddafi-Familie sei an Derartiges nicht zudenken. Die
       Türkei, die im Nahen Osten gern das Image eines neutralen Vermittlers
       pflegt, hat sich in Libyen desavouiert. Sie gilt als verkappter
       Parteigänger Gaddafis.
       
       Für die Aufständischen ist die Türkei dafür verantwortlich, dass die
       Luftangriffe zu spät begonnen wurden und nun, nachdem die Nato das Kommando
       hat, viel zu spärlich erfolgen. Erdogan muss jetzt die Erfahrung machen,
       dass er im Nahen Osten als jemand gesehen wird, der zuallererst eigene
       ökonomische Interessen vertritt. Die türkische Bauindustrie ist in Libyen
       seit zwanzig Jahren im Geschäft. Allein in den vergangenen zwei Jahren
       wurden Kontrakte über 7 Milliarden Dollar abgeschlossen.
       
       8 Apr 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Jürgen Gottschlich
       
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