# taz.de -- Absturz der polnischen Präsidentenmaschine: Gräben ein Jahr nach Smolensk
       
       > Das Gedenken an die Opfer des Absturzes der polnischen
       > Präsidentenmaschine zeigt die tiefe Spaltung der Gesellschaft.
       > Rechtsradikale bestimmen die Debatte.
       
 (IMG) Bild: Pawel Kurtyka, dessen Vater auch bei dem Flugzeugabsturz ums Leben kam, spricht unter einem Bild von Lech Kaczynski und seiner Frau Maria.
       
       WARSCHAU taz | Der Absturz der polnischen Präsidentenmaschine im
       westrussischen Smolensk am 10. April 2010 hatte Polens Gesellschaft in
       Trauer geeint. Zehntausende erwiesen dem Präsidentenpaar Lech und Maria
       Kaczynski die letzte Ehre, begleiteten den Konvoi mit den 94 weiteren
       Unfallopfern, beweinten die Toten. Ein Jahr später ist Polens Gesellschaft
       tiefer gespalten denn je. Rechtsradikale Gruppen rund um die
       nationalistische Wochenzeitung Gazeta Polska bestimmen die öffentliche
       Debatte, verbreiten Verschwörungstheorien und predigen Hass auf Russland.
       Jaroslaw Kaczynski, der Zwillingsbruder des verstorbenen Präsidenten,
       schloss sich dieser Bewegung ebenso an wie Marta Dubieniecka, die Tochter
       Lech und Maria Kaczynskis.
       
       Demonstrativ blieben beide den offiziellen Gedenkfeiern auf dem
       Militärflughafen, der Feldkathedrale und dem Powazki-Friedhof in Warschau
       fern. Vor einem Jahr waren rund 100 Prominente aus Politik und Gesellschaft
       Polens in eine Tupolew TU-154 gestiegen, um im russischen Katyn der 22.000
       polnischen Soldaten und Offizieren zu gedenken, die 1940 vom sowjetischen
       Geheimdienst ermordet wurden.
       
       Sie wollten Premier Donald Tusk nachfolgen, der nur drei Tage zuvor
       Russlands Premier Wladimir Putin in Katyn die Hände zu einer historischen
       Versöhnungsgeste gereicht hatte. Auch zur zentralen Gedenkfeier für alle
       Opfer der Flugzeugkatastrophe auf dem Warschauer Powazki-Friedhof kamen
       gestern weder Lech Kaczynskis Zwillingsbruder Jaroslaw noch seine Tochter
       Marta. Sie nahm in Krakau in der Kathedrale der Königsburg Wawel an einem
       Gedenkgottesdienst teil.
       
       ## 3.000 radikale Demonstranten
       
       Jaroslaw Kaczynski hingegen legte vor dem Präsidentenpalast, in dem nun
       Staatschef Komorowski seinen Amtssitz hat, einen großen Kranz nieder - wie
       seit nunmehr zwölf Monaten an jedem 10. des Monats um 8.41 Uhr. Die
       Barrieren vor dem Palast wurden für ihn und einige seiner Anhänger
       geöffnet, sodass er an dem Ort, an dem über Monate erbittert um ein Kreuz
       der angeblich "echten Patrioten" gekämpft wurde, seinen Kranz niederlegen
       konnte. Anders als vor einem Jahr verhinderte die Polizei jedoch die
       symbolische Besetzung des Platzes vor dem Präsidentenpalast durch rund
       3.000 radikale Demonstranten.
       
       Überschattet wurden die Gedenkfeiern zusätzlich durch einen
       polnisch-russischen Zwischenfall an der Unfallstelle im westrussischen
       Smolensk. In der Nacht von Freitag auf Samstag war die im November 2010
       illegal angebrachte und rein polnischsprachige Gedenktafel von russischen
       Ordnungskräften abmontiert und durch eine polnisch-russischsprachige
       ersetzt worden. Auf ihr fehlte die durch das Völkerrecht nicht gedeckte
       Behauptung, dass es sich bei dem Mord an den 22.000 Offizieren in Katyn um
       einen "sowjetischen Völkermord" gehandelt habe.
       
       Obwohl die Gedenktafel illegal war, bordete die Empörung in Polen zunächst
       über. Vor der russischen Botschaft in Warschau skandierten rund 2.000
       radikale Demonstranten "Putin - Mörder, Tusk - Verräter" und verbrannten
       eine Puppe mit dem Antlitz des russischen Regierungschefs. Beides - die
       Affäre rund um den Gedenkstein und die verbrannte Puppe - wird das
       polnisch-russische Präsidententreffen am heutigen Montag in Smolensk und
       Katyn nicht erleichtern.
       
       10 Apr 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Gabriele Lesser
       
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