# taz.de -- Neue US-Studie: Multitasker merken sich weniger
       
       > Viele Dinge müssen wir gleichzeitig erledigen - Mailen, Smsen, Surfen.
       > Eine neue Studie kommt zum Ergebnis, dass Multitasking schadet - vor
       > allem im Alter.
       
 (IMG) Bild: Viele Fenster offen, aber kei Durchblick? Desktop eines "taz"-Redakteurs.
       
       Die Vermutung, dass das ständige Nebeneinander verschiedener Signale und
       Umwelteinflüsse dem Gedächtnis eher schadet als nutzt, äußern
       Gehirnforscher schon länger. Nun haben Wissenschaftler an der University of
       California in San Francisco [1][zumindest für ältere Menschen verifiziert,]
       wie es zu solchen Abläufen kommt. "Multitasking" unterbricht manche
       Funktionen im Gehirn demnach stärker als bislang angenommen wurde.
       
       Während eine Gruppe mit Probanden im Alter von 20 bis 39 Jahren recht gut
       mit vielen externen Signalen umgehen konnten, sah es bei Menschen zwischen
       60 und 80 ganz anders aus. Der Neurologe Adam Gazzaley ließ die
       Testpersonen zunächst eine Szenerie beobachten, die sie sich merken
       sollten. Dabei wurden sie mehrere Sekunden lang von der Einblendung eines
       Gesichts gestört, dessen Geschlecht und Alter bestimmt werden sollte.
       Anschließend ging es zurück zur anfänglichen Szene. Dabei ergab sich, dass
       ältere Versuchspersonen sich schlechter von der Unterbrechung "erholen"
       konnten als die Jüngeren.
       
       Zwar untersuchte Gazzaley in seiner Studie nicht explizit die Nutzung von
       Computern und Smartphones, die ihre Nutzer den ganzen Tag über mehrere
       Aufgaben gleichzeitig erledigen lassen bzw. sie mit neuen Mails,
       Chatmitteilungen oder Facebook-Nachrichten in Bewegung halten. Es sei aber
       durchaus möglich, so der Forscher, auch dies in Betracht zu ziehen.
       "Technologie stellt eine größere Störung dar, als wir es hier getestet
       haben", sagte der Neurologe der New York Times.
       
       Eine direkte Auswirkung der Forschungsarbeit wäre die Tatsache, dass ältere
       Arbeitnehmer mehr Zeit brauchen als jüngere. In den nächsten Jahren könne
       das Problem stark zunehmen, da die gesellschaftliche Relevanz solcher
       Multitasking-Anforderungen steige. Elektronische Medien griffen immer mehr
       um sich. Gleichzeitig altere die Arbeitsgesellschaft.
       
       ## Anreiz des Gehirns
       
       Gazzaley schaute seinen Probanden nicht nur bei der Arbeit zu, sondern
       verwendete bildgebende Verfahren, um einen Blick in das Gehirn zu werfen.
       Dabei zeigte sich, dass es jüngeren Menschen möglich war, die
       Gehirnbereiche, die von einer Aufgabe eingenommen wurden, schneller
       "auszuknipsen", um sich dann wieder einer anderen Tätigkeit zuzuwenden. Bei
       älteren Probanden blieben die Segmente dagegen länger aktiv.
       
       Doch Multitasking belastet auch jüngere Menschen. Wie Forscher der Stanford
       University [2][bereits 2009 ermittelten,] fällt es Dauer-Multitaskern, die
       sich von unterschiedlichen Medien berieseln lassen, insgesamt schwerer,
       sich zu konzentrieren. Bei einer Farbauswahlaufgabe gelang es einer Gruppe
       von Nicht-Multitaskern problemlos, irrelevante Bereiche auszublenden,
       während die Multitasker ständig abgelenkt wurden.
       
       Unterbrechungen werden beim Multitasking offensichtlich als eine Art Anreiz
       des Gehirns wahrgenommen. Mit der Zeit wird man "süchtig" nach frischen
       Impulsen, muss ständig Mails oder Facebook-Kommentare abfragen oder prüfen,
       ob die Lieblingswebsite neue Nachrichten gepostet hat.
       
       Noch ist unklar, wie sich das Gehirn von Kindern verändert, die von klein
       auf Multitasking lernten. Eine Studie der psychologischen Fakultät der
       University of Minnesota kam zu dem Schluss, dass der Denkapparat noch bis
       zum sechszehnten oder siebzehnten Lebensjahr seine Fähigkeit schult,
       unterschiedliche Informationssignale nach Wichtigkeit zu sortieren.
       Entsprechend könnten "gelernte" Multitasker später besser mit solchen
       Anforderungen umgehen. Das heißt aber noch lange nicht, dass sich die
       Konzentrationsfähigkeit verbessert.
       
       Für ältere Menschen dürfte das kein Trost sein. Sie müssen laut Gazzaley
       damit rechnen, den Anschluss zu verlieren: Das Problem, sich von einer
       Sekunde auf die andere nicht mehr daran erinnern zu können, was man als
       nächstes tun wollte, sieht der Neurologe auch als Auswirkung auf die
       abnehmenden Multitasking-Fähigkeiten des Gehirns. Ob ein regelmäßiges
       Gehirntraining helfen kann, muss noch erforscht werden.
       
       13 Apr 2011
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] http://www.pnas.org/content/early/2011/04/04/1015297108.abstract?sid=3cd43e81-1a26-495d-86d8-850485d049b9
 (DIR) [2] http://news.stanford.edu/news/2009/august24/multitask-research-study-082409.html
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Ben Schwan
       
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