# taz.de -- Libyen-Kontaktgruppe: Gaddafis Rücktritt gefordert
       
       > Die Libyen-Kontaktgruppe berät in Doha über eine politische Lösung.
       > Italien und Katar wollen die Rebellen bewaffnen. Fünf libysche Diplomaten
       > müssen Deutschland verlassen.
       
 (IMG) Bild: Das erste Treffen der so genannten Libyen-Kontaktgruppe in Doha.
       
       DOHA/BERLIN dpa/afp/taz | Die Libyen-Kontaktgruppe besteht auf einem
       Rücktritt von Machthaber Muammar al-Gaddafi in dem nordafrikanischen Land.
       Dies geht aus der am Mittwoch veröffentlichten Abschlusserklärung des
       Treffens der Außenminister der Gruppe im katarischen Doha hervor.
       
       Zuvor hatte UNO-Generalsekretär Ban Ki Moon die "internationale
       Staatengemeinschaft" zu einer "einheitlichen Position" aufgerufen. "Es ist
       unerlässlich, dass wir mit einer Stimme sprechen", erklärte Ban zum Auftakt
       des ersten Treffens der Libyen-Kontaktgruppe in Katars Hauptstadt Doha.
       
       Dabei ließ allein die Größe und Zusammensetzung der Kontaktgruppe zunächst
       keine einheitliche Position erwarten. Bei ihrer Gründung auf der
       internationalen Libyen-Konferenz vor zwei Wochen in London war noch an ein
       Koordinationsgremium mit maximal sechs bis acht Teilnehmern gedacht.
       Stattdessen kamen gestern in Doha wieder alle Akteure zusammen, die auch
       schon in London dabei waren - und noch einige mehr: die UNO und die
       Regionalorganisationen Europäische Union, Arabische Liga und Afrikanische
       Union sowie das Militärbündnis Nato und darüber hinaus im Libyenkonflikt
       besonders engagierte Mitgliedsstaaten dieser Organisationen. Deutschland
       wurde von Außenminister Guido Westerwelle vertreten. In Doha saßen über 40
       Staaten und Organisationen zusammen, dazu der Nationalrat der libyschen
       Aufständischen sowie kürzlich vom Gaddafi-Regime desertierte Personen.
       
       Nicht vertreten war das Gaddafi-Regime. Damit blieben die zahlreich
       geäußerten Appelle für einen Waffenstillstand, Verhandlungen und eine
       "politische Lösung" zunächst ohne Resonanz. Die Aufständischen fordern den
       Abgang Gaddafis und seiner Söhne als Vorbedingung für einen
       Waffenstillstand und Verhandlungen, während das Regime verlangt, dass
       zunächst die Rebellen ihre Waffen niederlegen. Die AU weiß keine Antwort
       auf diese Frage, will ihre jüngst daran gescheiterten
       Vermittlungsbemühungen aber "demnächst wieder aufnehmen".
       
       Innerhalb der Nato eskaliert derweil der Streit über die militärische
       Strategie. Ungewöhnlich offen kritisierten Frankreich und Großbritannien
       das "bislang unzureichende" Vorgehen der Militärallianz und forderten ein
       "härteres Vorgehen" gegen die libyschen Regierungsstreitkräfte. Widerspruch
       kam von den USA, den Niederlanden sowie von Nato-Generalsekretär Fogh
       Rassmussen. Mit bislang "über 900 Luftangriffen" habe die Nato "bereits ein
       Drittel der militärischen Kapazitäten Gaddafis zerstört", unterstrich
       Rasmussen den "großen Erfolg der bisherigen Mission".
       
       Italien und das Emirat Katar sprachen sich dafür aus, den Rebellen eine
       Bewaffnung zu ermöglichen. Die EU wartet unterdessen weiterhin auf den
       Marschbefehl für den angebotenen "humanitären Einsatz" ihrer Streitkräfte.
       Doch das UNO-Koordinationsbüro für humanitäre Maßnahmen (OCCHA) in Genf
       hält eine militärische Schutzbegleitung oder gar gewaltsame Durchsetzung
       von Hilfslieferungen bislang nicht für erforderlich.
       
       ## Sanktionen ausgeweitet
       
       Vor dem Treffen hatte die Europäische Union ihre Sanktionen gegen Libyen
       nochmals ausgeweitet. Geprüft wird nun auch, ob eingefrorenes Geld der
       Gaddafi-Regierung für einen Fonds verwendet werden kann, der den Rebellen
       zugute kommt. Westerwelle äußerte Verständnis für entsprechende Forderungen
       des Übergangsrates. "Das Geld, was international durch die Sanktionspolitik
       eingefroren ist, gehört, wenn es sich um Staatseigentum handelt, dem
       libyschen Volk."
       
       In Doha sollte auch über neue Versuche gesprochen werden, in Libyen einen
       politischen Dialog in Gang zu bringen. Unterschiedliche Meinungen gibt es
       darüber, ob Gaddafi zuvor abtreten muss. Die Afrikanische Union kündigte
       an, ihre zunächst gescheiterten Friedensbemühungen wieder aufzunehmen.
       AU-Sprecher Nureddin Maseni sagte der Nachrichtenagentur dpa, Vorrang habe
       ein Waffenstillstand. Danach könnten politische Gespräche beginnen.
       
       Der britische Außenminister William Hague machte eine "ernsthafte
       Waffenruhe" zur Bedingung für ein Ende der Nato-Luftangriffe. Hague rief
       die Nato-Verbündeten im Sender BBC erneut dazu auf, Tempo und Intensität
       der Angriffe zu erhöhen. In Katar solle auch versucht werden, einen Weg zur
       Finanzierung der Opposition zu finden.
       
       ## Libysche Diplomaten ausgewiesen
       
       In einem außergewöhnlichen Schritt weist Deutschland fünf libysche
       Diplomaten aus. Die Betroffenen hätten Druck auf libysche Staatsangehörige
       in Deutschland ausgeübt, sagte der Sprecher des Auswärtigen Amtes, Andreas
       Peschke, am Mittwoch in Berlin zur Begründung. Die Ausweisung beziehe sich
       auch auf die Familienangehörigen der Diplomaten.
       
       Der libysche Botschafter Jamal Ali Omar El-Baraq war zuvor ins Auswärtige
       Amt einbestellt worden. Dabei sei ihm mitgeteilt worden, dass die
       Betroffenen innerhalb von sieben Tagen das Land verlassen müssten, teilte
       das AA mit. Ihm sei "in der jüngeren Vergangenheit kein vergleichbarer Fall
       bekannt", in dem eine so große Gruppe von Diplomaten ausgewiesen worden
       sei, sagte Peschke. Er hob hervor, dass sich die Ausweisung "rein an
       fachlichen und diplomatischen Kriterien" orientiere. Es gebe "hinreichende
       Anhaltspunkte" dafür, dass sich die Betroffenen "regelwidrig" verhalten
       hätten.
       
       Nach Informationen des Magazins Focus vom vergangenen Wochenende sollen die
       Diplomaten libysche Dissidenten ausgespäht und unter Druck gesetzt haben.
       Das Bundeskriminalamt, das Bundesamt für Verfassungsschutz und der
       Bundesnachrichtendienst hätten dazu ein dreiseitiges Dossier erstellt, das
       im Kanzleramt erörtert worden sei. AZU
       
       13 Apr 2011
       
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