# taz.de -- Deutsch-griechische Misstöne: "Weltmeister der Korruption"
       
       > In Griechenland wachsen die Vorbehalte gegen deutsche Firmen und
       > Politiker. Sind das alles nur deutsch-griechische Missverständnisse?
       
 (IMG) Bild: Und immer wieder Proteste: Arbeiter demonstrieren auf Mopeds in Athen.
       
       ATHEN taz | Griechenlands Justizminister Haris Kastanides war schon immer
       ein politischer Scharfmacher. Bei der jüngsten Debatte um den
       Siemens-Schmiergeldskandal im Athener Parlament machte er seinem Ruf wieder
       einmal alle Ehre: "Die Deutschen, die oft als Ankläger auftreten, müssen
       sich rechtfertigen, denn ihre Unternehmen sind Weltmeister der Korruption",
       donnerte der sozialistische Politiker.
       
       Jedenfalls wird Siemens in Griechenland verdächtigt, Schmiergelder in Höhe
       von 100 Millionen Euro gezahlt zu haben, um sich Aufträge zu sichern, etwa
       im Zusammenhang mit den Olympischen Sommerspielen 2004. Schon vor drei
       Jahren erhob die Athener Staatsanwaltschaft Klage "gegen jeden
       Verantwortlichen", doch seitdem kommen die Ermittler nur schleppend voran.
       
       Nun also Kastanides. Er werde die Siemens-Manager zu sich bestellen und
       spätestens im Mai seien hohe Bußgelder in der Schmiergeldaffäre fällig,
       erklärte der Justizminister am vergangenen Mittwoch. Fast beiläufig
       erinnerte er zudem an griechische Reparationsansprüche aus der Zeit des
       Zweiten Weltkriegs.
       
       Nur 24 Stunden später teilten griechische Medien weitere Seitenhiebe in
       Richtung Deutschland aus. Diesmal ging es um ein Interview des
       Bundesfinanzministers, der angeblich das krisengeplagte Griechenland zu
       einer Umschuldung dränge. Tatsächlich hatte Wolfgang Schäuble lediglich
       "weitere Maßnahmen" angemahnt und darauf hingewiesen, dass eine Umschuldung
       vor 2013 "nur auf freiwilliger Basis" erfolgen kann.
       
       ## "Unsolide wirtschaftende Staaten"
       
       Anscheinend bietet die aktuelle Wirtschaftskrise viel Raum für
       Missverständnisse zwischen Athen und Berlin - vor allem dann, wenn
       griechische Journalisten Kommentare deutscher Wirtschaftsexperten oder FDP-
       Politiker unter die Lupe nehmen. So etwa im Februar, als die
       Bundestagsfraktionen von Union und FDP Schuldenaufkaufprogramme im Rahmen
       des Euro-Rettungsschirms zum politischen Tabu erklärten. Oder auch am
       vergangenen Freitag, als zwölf FDP-Bundestagsabgeordnete dafür plädierten,
       "unsolide wirtschaftende Staaten" aus der Währungsunion auszuschließen.
       
       Unterdessen zählt auch der griechische Ministerpräsident Georgios
       Papandreou seine politischen Freunde: Anfang März kamen sozialistische
       Spitzenpolitiker aus allen Euro-Ländern nach Athen und riefen zu
       Solidarität mit Griechenland auf. Nur wenige Wochen später tagte in der
       griechischen Hauptstadt die Fraktion der Sozialisten und Demokraten - heute
       die zweitgrößte Gruppierung im Europäischen Parlament - unter Leitung des
       SPD-Politikers Martin Schultz. Die Botschaft des gewieften Außenpolitikers
       Papandreou war eindeutig: Schaut her, es gibt doch auch Politiker aus
       Deutschland und vielen anderen EU-Ländern, die zu uns halten.
       
       Schade nur, dass alle diesen gutwilligen Menschen in der Opposition sind.
       Denn aufmerksamen Beobachtern dürfte ein wichtiges Detail nicht entgangen
       sein: Ausgerechnet die einzigen Sozialisten, die Regierungsverantwortung
       übernommen haben, nämlich der spanische Ministerpräsident José Luis
       Rodríguez Zapatero und sein portugiesischer Kollege José Sócrates, ließen
       sich in Athen nicht blicken.
       
       17 Apr 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Jannis Papadimitriou
       
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