# taz.de -- taz-Serie Hamstertouren mit dem Rad (2): "Mit Käse einen Namen gemacht"
       
       > Berliner suchen Natur - Brandenburg lockt mit Landschaft und Leckereien.
       > Die taz führt zu den besten Plätzen. Teil 2: Frau Angermann in Kremmen im
       > Havelland.
       
 (IMG) Bild: Für ausgezeichneten Käse: Gela Angermann inmitten ihrer Ziegen.
       
       Auf einem frisch geteerten Zufahrtsweg rollen wir die letzten Meter zum
       Karolinenhof. Neben dem roten Wohnhaus und dem kleinen Restaurant stehen
       Bänke und Tische unter freiem Himmel. Der Ziegenstall liegt einige Meter
       hinter der Hofstelle. Gela Angermanns schwarze Haare sind vom Wind
       zerzaust. Sie trägt ein Sweatshirt, das sie als Fan der Toten Hosen
       ausweist. 
       
       "An schönen Wochenenden kommen an die 200 Leute. Die mögen, dass man hier
       im Garten so ungezwungen sitzen kann. Dann wird daneben noch eine Decke
       ausgebreitet, die Kinder spielen, das ist halt einfach so entspannt. Am
       Anfang hat uns jeder für bekloppt gehalten, hier draußen einen Hofverkauf
       zu machen. So weit ab vom Schuss. Ich meine, wir hatten die volle
       Holperpiste, ein Schlagloch neben dem anderen! Wir dachten auch, dass wir
       auf Wochenmärkte in Berlin gehen werden.
       
       Aber wir hatten noch nicht mal richtig Käse produziert, da standen schon
       die ersten Leute vor der Tür. Das war 1993. Da waren die Berliner ja sehr
       neugierig, es gab noch nicht viel im Umland. Vor allem Ältere so ab 50 sind
       rumgefahren und haben eingekauft. Da haben wir den Hofladen eingerichtet.
       Bei uns hat sich immer alles so ergeben. Dass sich die Leute hingesetzt
       haben und gefragt: ,Habt ihr nicht noch ein bisschen Brot?' Die wollten den
       Käse eben gleich essen. Da haben wir gesagt, dann machen wir ein Café eben
       noch mit. Jetzt kommen nicht nur Ältere, sondern auch Familien. Das ist ja
       der Vorteil, wenn man nicht einfach so, zack, etwas hinstellt, sondern dass
       es eben wächst.
       
       Wir melken zurzeit 80 Ziegen, der Rest ist Nachwuchs oder steht trocken.
       Jetzt, nach dem Lammen, geben sie am meisten Milch. Vielleicht wird es noch
       mal mehr, wenn sie demnächst auf die Weide kommen. Wenn man im Schnitt drei
       Liter Mich pro Tag und Ziege hat, ist man schon ganz gut. Bei uns sind es
       zurzeit nur zwei Liter, das ist zu wenig. Es sind zu viele alte Tiere
       dabei, die nicht mehr die Milchleistung bringen. In diesem Jahr habe ich 30
       Zicklein nachgezogen und hoffe, dass ich die Herde damit verjüngen kann.
       
       Für die Käserei sammeln wir das Gemelk. Abendgemelk, Morgengemelk oder auch
       drei, vier Gemelke, je nachdem was für Käse wir machen. Man schaut
       natürlich immer, dass man so produziert, dass es in etwa passt. Wenn Sonne
       angesagt ist und ich denke, dass ich am Wochenende gut verkaufe, dann mache
       ich mehr Frischkäse und Weichkäse. Und die Konserve ist ja der Schnittkäse.
       Das ist ja Haltbarkeitmachung von Milch. Der macht mir am meisten Spaß, da
       ist mit Rühren und Erwärmen am meisten Action am Kessel. Wenn ich alles
       dazurechne, haben wir an die 20 verschiedene Käsesorten. Also
       verschiedenste Frischkäse, Camembert, rotgeschmierten Weichkäse, gereiften
       Frischkkäse mit Asche, Ricotta …
       
       ## Auszeichnung vom Land
       
       Ich glaube, wir haben uns damit wirklich einen Namen gemacht. Wir sind ja
       auch schon ausgezeichnet worden, vom Land oder von der Zeitschrift
       Feinschmecker. Das freut mich schon, vor allem weil gerade der
       Feinschmecker bei den Kunden wahnsinnig Eindruck macht.
       
       Wenn es an den Wochenenden voll ist, dann denken bestimmt manche, die
       machen ja Geld ohne Ende. Aber es ist immer noch so, dass man schnell
       irgendwo Löcher hat. Entweder, weil die Milchleistung nicht optimal ist,
       wie wir das zurzeit haben. Oder ein Teil der Ernte fällt aus und ich muss
       Getreide zukaufen. Oder das Wetter ist schlecht, und der Verkauf läuft
       nicht. 2010 war das Frühjahr ganz furchtbar. Dann war im Sommer die WM: Da
       kam auch keiner. Und dann ist es für mich jetzt eine neue Situation: Mein
       Mann ist gestorben. Das heißt auch, dass eine Arbeitskraft, die 60, 70
       Stunden gearbeitet hat, ersetzt werden muss durch jemanden, der 40 Stunden
       arbeitet, aber immer Geld kriegt - egal wie es läuft. Ich hoffe, dass ich
       es hinkriege.
       
       Ich bin jetzt seit 20 Jahren im Luch. Der Flecken hat mir von Anfang an
       gefallen. Es war ein langsamer Prozess. Aber ich würde schon sagen, dass
       das hier meine Heimat ist."
       
       19 Apr 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Kerstin Schweizer
       
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