# taz.de -- Kommentar zur Ethikkommission: Falsche Fragen
> Die Ethikkommission stellt sich die falschen Fragen. Zu diskutieren, ob
> bei der Atomenergie zu viel Macht in die Hände einzelner Konzerne gelegt
> wurde, ist absurd.
Nun hat sie also getagt, die "Ethikkommission für eine sichere
Energieversorgung". Vielleicht wäre ein ehrlicherer Titel: "Ethikkommission
für eine verunsicherte Kanzlerin". Richtig an der inhaltlichen Idee der
Kommission ist, dass der Umbau des Energiesystems sehr viel ändern wird und
zunächst vor allem kostet.
Der Ausblick ist allerdings grandios: Konsequent wie kein Staat macht sich
Deutschland von der unabsehbaren Preisentwicklung fossiler Rohstoffe und
den Risiken der Kernenergie unabhängig. Das Land investiert in seine
Zukunft, die Rendite fahren die ein, die später die älter werdende
Gesellschaft alimentieren müssen. Die Energiewende ist die beste Rente. Das
allerdings muss die Kanzlerin als Vision vermitteln - und nicht die
Verantwortung an eine Kommission auslagern.
Der zweite Fehler liegt in den Fragen: Ist es ethisch, Atomenergie zu
importieren? Läuft man Gefahr, andere Risiken durch einen schnelleren
Umstieg zu erhöhen - zum Beispiel mehr CO2, weil kurzfristig mehr
Kohlestrom nötig sein könnte? Die Frage impliziert bereits falsche
Grundannahmen, weil sie suggeriert, ebendies sei langfristig nötig, was
Blödsinn ist. Die Frage sollte lauten: Ist der massive Einfluss, den die
fossile und atomare Energiewirtschaft seit Jahren auf die Politik hat,
ethisch zu vertreten? Und wie kann man ihn zurückschrauben?
Der Vorsitzende der Kommission, Klaus Töpfer, sprach jetzt von einer "Art
industrielle Revolution". Stimmt, sie hat die Chance, die Fehler der ersten
industriellen Revolution rückgängig zu machen: Die fossile Energieerzeugung
hat zu unzähligen Kriegen geführt, die atomare hat die Verbreitung von
Kernwaffen befördert und zu viel Macht in die Hände einzelner Konzerne ohne
soziale Verantwortung gelegt. Darüber zu diskutieren, ob es ethisch ist,
diesen Zustand zu ändern, ist eigentlich ziemlich absurd.
20 Apr 2011
## AUTOREN
(DIR) Ingo Arzt
## TAGS
(DIR) Schwerpunkt Atomkraft
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