# taz.de -- Ostermarsch profitiert von Energiedebatte: Japan rettet Friedensdemo
       
       > Wegen der Atompolitik und des Libyenkriegs nehmen mehr Menschen als sonst
       > an der Traditionsveranstaltung teil. Viele sind zum ersten Mal dabei -
       > mit ganz unterschiedlichen Anliegen.
       
 (IMG) Bild: Laut, und vor allem gelb: Ostermarschierer in Berlin.
       
       Raus aus der Atomenergie, raus aus Afghanistan und keine Bomben mehr auf
       Libyen: das sind die Kernforderungen des Berliner Ostermarsches am Samstag.
       Der Zug von, nach Veranstalterangaben, rund 4.000 Friedensaktivisten und
       Umweltschützern startet vor der Vattenfall-Zentrale in der Chausseestraße
       in Mitte. "AKWs abschalten", fordern die Demonstranten lautstark und
       schwingen Plakate mit Sätzen wie "Die Sonne soll strahlen, nicht wir" und
       "Es gibt keine humanitären Bomben".
       
       Veranstaltet wurde der Ostermarsch von den Naturfreunden Deutschlands.
       Erstmals in der 50-jährigen Geschichte des Ostermarsches arbeiteten dabei
       Anti-Atom- und Friedensbewegung zusammen. Der Zug führte an den
       Konzernniederlassungen der großen deutschen Energieunternehmen EnBW, RWE
       und Eon sowie an den Botschaften von Russland, Frankreich, Großbritannien
       und den USA vorbei. An jeder Station wurden kurze Zwischenkundgebungen
       abgehalten, die große Abschlusskundgebung fand auf auf dem Potsdamer Platz
       statt.
       
       Viele motiviert die Reaktorkatastrophe in Japan zur Teilnahme, etwa das
       Ehepaar Hannelore und Helmut Schwedusch. "Wie die Ereignisse in Fukushima
       zeigen, ist Atomkraft die unsicherste Energie", sagen sie. Für sauberen und
       sicheren Strom seien sie durchaus bereit, tiefer in die Tasche zu greifen.
       Meike Guskow von der Gruppe Anti Atom Berlin geißelt vor allem die
       "Profitgier der Energiekonzerne" und deren Einfluss auf Bundes- und
       Landesregierungen. "Vattenfall, EnBW, RWE und Eon stellen Profit vor
       Sicherheit", sagt die Aktivistin. Ludwig Brügmann, Mitglied der
       Organisation Internationale Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges
       (IPPNW), mahnt mehr "soziale Verantwortung" seitens der Weltgemeinschaft
       an. "Wir Ärzte können bei Atomunfällen nur wenig helfen." Ein Demonstrant
       trägt die Atomenergie zu Grabe - zumindest bildlich. Peter Dauer hält ein
       großes Kreuz in der Hand, auf das er eine Atemschutzmaske genagelt hat. "Es
       ist erschreckend, dass es bei einem nuklearen Unfall in Deutschland kein
       Katastrophenschutzsystem gibt", ruft er.
       
       Unter den Demoteilnehmern sind nicht nur alteingesessene Aktivisten. Anders
       als in den letzten Jahren, wo nur noch ein paar Hundert kamen und sich kaum
       jemand unter 50 beim Ostermarsch blicken ließ, sind diesmal alle
       Generationen vertreten: Jugendliche sind gekommen, Senioren, Familien mit
       Kindern. Viele von ihnen gehen erstmals in ihrem Leben auf die Straße, etwa
       die aus Erfurt angereiste Studentin Nina Bader. "Es ist ein gutes Gefühl,
       etwas bewegen zu wollen und seine Meinung kundzutun", sagt sie.
       
       Auch Schüler marschieren mit - wie Mareike Minowitz. "Es geht schließlich
       auch um meine Generation", findet die 14-Jährige. Sie hat die Nachrichten
       über die Ereignisse in Japan aufmerksam verfolgt und will nun ihre Stimme
       gegen Atomkraft erheben. Vor den Konzernzentralen der Energieriesen greifen
       die Demonstranten zu Tröten, Pfeifen und Hupen. Hunderte tragen "Atomkraft?
       - Nein danke"-Aufkleber und -Buttons. Einige haben weiße
       Strahlenschutzanzüge und Mundschutz angelegt.
       
       Neben der Atomenergie stehen auch die Natopolitik in Libyen und der
       Afghanistaneinsatz der Bundeswehr in der Kritik. Die Demonstrantin Brigitte
       Semmelmann etwa findet den Libyeneinsatz unverantwortlich. "Die UNO
       verstößt gegen ihre eigene Charta", sagt sie. Auf ihrem Plakat steht:
       "Zivilisten vor Nato schützen." Claudia Bischlager vom Forum ziviler
       Friedensdienst wirbt dafür, mehr Friedensfachkräfte in Krisengebiete zu
       schicken. "Solche Mediatoren lösen Konflikte besser als Panzer und
       Kampflugzeuge", findet sie. Die Friedenskräfte sollten als eine Art
       Brückenbauer zwischen den Parteien vermitteln.
       
       Regina Schüler sorgt sich vor allem um die Zukunft von Kindern und
       Jugendlichen. "Ich kämpfe hier für meine Enkelkinder", sagt sie und fordert
       eine sinnvollere Verwendung finanzieller Mittel: Statt für
       Bundeswehreinsätze sollte das Geld der Steuerzahler lieber für Bildung und
       Kultur ausgegeben werden.
       
       Dem Zug angeschlossen hat sich auch der Grünen-Bundestagsabgeordnete
       Hans-Christian Ströbele. Durch Demonstrationen müsse die
       Atomkraftproblematik aktuell gehalten werden, um die Bundesregierung an
       ihre Ausstiegsversprechen zu erinnern: "Der Druck auf der Straße darf nicht
       nachlassen."
       
       Uwe Hitsch von den veranstaltenden Naturfreunde Deutschlands zeigte sich
       nach der Demonstration zufrieden: "Die Zusammenarbeit von
       Anti-Atom-Bewegung und Friedensbewegung war sehr gut." Man habe gegenseitig
       voneinander profitiert. Von der großen Teilnehmerzahl sei er selbst
       überrascht. "Offenbar beschäftigt das Thema Fukushima die Menschen
       weiterhin", so sein Fazit.
       
       25 Apr 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Manuel Opitz
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Schwerpunkt Atomkraft
 (DIR) Schwerpunkt Atomkraft
       
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