# taz.de -- Gewerkschaften verlieren Mitglieder: Der DGB wird jünger
       
       > Die Gewerkschaften verlieren weiterhin Mitglieder - vor allem durch
       > Verrentung oder Arbeitslosigkeit. Doch es gibt Hoffnung: Für Jüngere
       > werden sie attraktiver.
       
 (IMG) Bild: Für Jüngere wieder attraktiver: die Gewerkschaften.
       
       BERLIN taz | Die Gewerkschaften schrumpfen noch immer - aber nicht mehr so
       stark. Und die größte Einzelgewerkschaft, die IG Metall, hat die
       Wirtschaftskrise überraschend unfallfrei überstanden. So sieht in groben
       Zügen die Lage der deutschen Gewerkschaften vor dem 1. Mai 2011 aus.
       
       Der DGB hatte Ende letzten Jahres 6,2 Millionen Mitglieder, rund 1,8
       Millionen weniger als vor zehn Jahren. Die Gründe sind vielfältig. In einer
       zusehends individualistischen Gesellschaft scheint es unaufhaltsam, dass
       klassische Großorganisationen wie Volksparteien, Kirchen und Gewerkschaften
       unter zwei Symptomen leiden: Sie werden kleiner und älter.
       
       Dem DGB ist es zu wenig gelungen, Beschäftige in der boomenden
       Dienstleistungsbranche zu organisieren. Außerdem macht der explodierende
       Niedriglohnsektor die Rekrutierung von zahlenden Gewerkschaftsmitgliedern
       kompliziert.
       
       In Großbetrieben ist der gewerkschaftliche Organisationsgrad zwar konstant.
       Aber die Stammtruppen der Gewerkschaften - die industrielle
       Kernbelegschaften - nehmen insgesamt eher ab. Ein wesentlicher Faktor ist
       zudem die Demografie: Viele geben ihr Gewerkschaftsbuch zurück, weil sie in
       Rente gehen.
       
       ## Positiver Trend bei den Jüngeren
       
       Hoffnungsvoll ist für die Gewerkschaften eine relativ unspektakuläre Zahl,
       die die Altersstruktur der Organisation widerspiegelt. Bei den 30- bis
       40-Jährigen sind nur 14,2 Prozent Gewerkschaftsmitglieder, bei den Jüngeren
       aber 17,1 Prozent. Die Tendenz, dass die Gewerkschaften bei Jüngeren
       attraktiver werden, ist neu.
       
       Anfang des letzten Jahrzehnts waren bei den unter 30-Jährigen nur 14
       Prozent gewerkschaftlich aktiv, bei den 30- bis 40-Jährigen hingegen rund
       20 Prozent. Damals, von 2000 bis 2004, galt: Je jünger die Arbeitnehmer
       sind, desto ferner stehen sie den Gewerkschaften.
       
       Dieser für die Zukunft des DGB unheilvolle Trend scheint gebrochen. Das
       bedeutet: Die absolute Zahl der Gewerkschaftsmitglieder wird künftig
       weiterhin sinken, aber nicht mehr so rapide.
       
       Nicht übel sieht die Lage für die IG Metall aus. Sie hatte Ende 2010 2,2
       Millionen Mitglieder, geringfügig weniger als ein Jahr zuvor. Das ist ein
       positives Zeichen, weil im Krisenjahr 2009 200.000 normale Jobs und 150.000
       Leiharbeiterjobs gestrichen wurden.
       
       Und wer arbeitslos wird, gibt eben oft sein IG-Metall-Mitgliedsbuch zurück.
       Trotzdem, so die IG-Metall-Spitze, habe man die fast 100.000 Austritte
       durch fast ebenso viele Eintritte kompensiert.
       
       Die zweite Großgewerkschaft Ver.di verliert dagegen weiterhin massiv
       Mitglieder, vor allem durch Verrentung und Stellenabbau im öffentlichen
       Dienst. Bei den aktiv Beschäftigten hat Ver.di, so ein Sprecher, in den
       letzten drei Jahren indes Mitglieder gewonnen.
       
       DGB-Chef Michael Sommer feiert bereits, dass man "die Trendwende in Sachen
       Gewerkschaftsmitglieder geschafft" habe. Das ist eine, angesichts real
       weiter sinkender Mitgliedszahlen, kühne Einschätzung.
       
       29 Apr 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Stefan Reinecke
       
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