# taz.de -- Krieg in Libyen: Nato greift erneut Tripolis an
       
       > Gaddafis Truppen schießen auf die Stadt Sintan im Westen. Auch in
       > Vororten von Misurata sind wieder Kämpfe ausgebrochen. Gaddafi selbst sei
       > wohlauf, sagt die Regierung.
       
 (IMG) Bild: Von wochenlangen Kämpfen zerstört: Misurata.
       
       TRIPOLIS rtr/afp/dpa | Die libysche Armee hat nach Angaben von
       Aufständischen die Stadt Sintan im Westen des Landes beschossen. Mindestens
       40 Raketen seien am Dienstagabend dort eingeschlagen, sagten Sprecher der
       Rebellen am Mittwoch. Auch in den östlichen Vororten der Hochburg Misurata
       sei es zu neuen Kämpfen gekommen. Allerdings hätten hier schwere
       Luftangriffe der Nato offenbar einen Vormarsch der Truppen von Machthaber
       Muammar Gaddafi auf den Hafen der Stadt unterbunden.
       
       Angesichts der Kämpfe versuchen Tausende, über die Grenze nach Tunsien zu
       gelangen. Vor allem Frauen und Kinder aus dort ansässigen Berberstämmen
       hätten sich auf den Weg gemacht, sagte ein UNHCR-Sprecher in Genf. Allein
       am vergangenen Wochenende hätten mehr als 8.000 Menschen die südtunesische
       Grenzstadt Dehiba erreicht.
       
       In Dehiba suchten die Menschen Rettung in Flüchtlingslagern, um dann einige
       Tage später bei tunesischen Familien unterzukommen, sagte der Sprecher. Ein
       gewaltiger Sandsturm habe die Lage zusätzlich verschärft. Hunderte von
       Zelten sowie zwei mobile Versorgungslager seien dadurch zerstört worden.
       Viele der Flüchtlinge zieht es weiter nach Europa. Nach einer zehntägigen
       Pause wegen schlechten Wetters kamen nach UNHCR-Angaben in den vergangenen
       fünf Tagen rund 3.200 Menschen auf der Insel Lampedusa an.
       
       Die libysche Hauptstadt Tripolis wurde am Mittwoch offenbar erneut Ziel von
       Angriffen. Im Abstand weniger Minuten waren Einschläge zu hören,
       anscheinend von Angriffen der Nato.
       
       ## CIA sagt, Gaddafi sei am Leben
       
       Von Gaddafi gab es auch am Mittwoch zunächst kein direktes Lebenszeichen,
       nachdem sein Sohn und drei Enkelkinder bei einem Angriff auf seinen
       Regierungssitz nach amtlichen libyschen Angaben am Samstag getötet wurden.
       Die Regierung teilte mit, Gaddafi sei bei guter Gesundheit und unverletzt.
       Der Chef des US-Geheimdienstes CIA, Leon Panetta, sagte dem Sender NBC,
       nach vorliegenden Informationen sei Gaddafi am Leben.
       
       Vor dem Hauptquartier der libyschen Rebellen in der Stadt Bengasi
       explodierte unterdessen am Dienstagabend eine Autobombe. Es sei niemand
       verletzt worden, teilte General Abdel Fattah Junis mit, der Kommandeur der
       Rebellenstreitkräfte. In einem nahe gelegenen Hochhaus gingen einige
       Scheiben zu Bruch. Ein Kameramann der Fernsehnachrichtenagentur APTN sah
       mindestens einen Verletzten, der offenbar durch Glassplitter verletzt
       wurde. Es sei der erste Anschlag mit einer Autobombe in Bengasi gewesen,
       sagte Junis.
       
       ## Rücktrittsforderung zurückgewiesen
       
       Die libysche Regierung wies eine türkische Rücktrittsforderung an
       Staatschef Muammar al Gaddafi zurück. Der stellvertretende Außenminister
       Kaim erklärte, eine solche Entscheidung treffe nicht die Türkei, sondern
       das libysche Volk. Wer als Vermittler tätig sein wolle, dürfe nicht eine
       Seite gegen die andere unterstützen. Der türkische Ministerpräsident Recep
       Tayyip Erdogan hatte Gaddafi am Dienstag zum sofortigen Rücktritt
       aufgefordert.
       
       Gaddafi habe die Rufe nach Veränderung in Libyen ignoriert und stattdessen
       "Blut, Tränen und Druck auf sein eigenes Volk" gewählt, sagte Erdogan. Er
       müsse "einen historischen Schritt tun und sich zurückziehen, für die
       Zukunft, den Frieden und den Wohlstand Libyens".
       
       ## Militärisches Patt
       
       Nach zwei Monaten Bürgerkrieg hat sich militärisch eine Pattsituation
       entwickelt. Die Aufständischen halten den Osten des Landes, Gaddafis
       Einheiten bis auf wenige Städte wie Sintan und Misurata den Westen.
       Tausende Menschen sind auf der Flucht vor den Kämpfen. Die Führung der
       Rebellen hat die westlichen Staaten um Finanzhilfe in Höhe von zwei bis
       drei Milliarden Dollar geben.
       
       Der britische Außenminister William Hague kündigte an, bei dem
       bevorstehenden Treffen der Libyen-Kontaktgruppe in Rom werde ein Verfahren
       für Finanzhilfe erarbeitet. Sein französischer Kollege Alain Juppe sagte
       dem Sender France 24, das zweite große Thema des Gipfels würden
       Möglichkeiten sein, Mitgliedern der Gaddafi-Regierung das Überlaufen zu
       erleichtern. Zudem sollten die Pläne von Frankreichs Präsident Nicolas
       Sarkozy besprochen werden, eine Konferenz der "Freunde Libyens" zu
       organisieren. Dort soll eine politische Lösung der Krise ausgearbeitet
       werden.
       
       4 May 2011
       
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