# taz.de -- Lesbenmord in Südafrika: Gute Verfassung, grausame Wirklichkeit
       
       > Eine 24-jährige Lesbenaktivistin wird in einem Township vergewaltigt und
       > brutal ermordet – kein Einzelfall, sondern ein neues Beispiel von
       > "corrective rape".
       
 (IMG) Bild: Gewalt gegen Frauen ist in südafrikanischen Townships keine Seltenheit.
       
       JOHANNESBURG taz | Gesteinigt, vergewaltigt und mit Glasscherben zerstochen
       ließen die Mörder ihr junges Opfer in einem dunklen Weg im Township
       Kwa-Themba bei Johannesburg zurück. Die 24-jährige Noxolo Nogwaza erlitt
       einen grausamen Tod, Gesicht und Kopf waren entstellt. Ein Felsbrocken,
       eine Bierflasche und benutzte Kondome lagen in der Nähe ihres leblosen
       Körpers. Die Täter kamen bisher davon.
       
       Menschenrechtsorganisationen sind überzeugt, es handelt sich um "corrective
       rape" – erzwungenen Sex mit Männern, um die Sexualität des Opfers zu
       "heilen": Noxolo Nogwaza war lesbisch.
       
       Die Polizei sieht das anders: "Wir haben derzeit keine Beweise, dass die
       Tat wegen ihrer sexuellen Orientierung begangen wurde", sagte
       Polizeisprecher Tshiskhawe Ndou. "Die Ermittlungen zielen nur auf Mord und
       Vergewaltigung ab."
       
       Viele Aktivisten haben wenig Vertrauen in die Polizei. Oft verschwinden
       Polizeiakten, oder die Opfer solcher Verbrechen werden beschuldigt, mit
       ihrem Verhalten diese Taten provoziert zu haben. Es fehle an
       Aufklärungskampagnen und Polizeipräsenz, sagt Dipika Nath, Mitarbeiterin
       bei der internationalen Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch in
       Johannesburg. Doch bei der ohnehin hohen Zahl von nie geahndeten sexuellen
       Gewalttaten sei die Tötung von Lesben und Schwulen eher eine
       Randerscheinung.
       
       ## 500.000 Vergewaltigungen im Jahr
       
       In Südafrika werden geschätzte 500.000 Frauen im Jahr vergewaltigt. 31
       Lesben seien wegen ihrer Sexualität in den vergangenen zehn Jahren ermordet
       worden. "In traditionellen Gesellschaften besitzen Männer kulturell das
       Recht, Sex zu haben", sagt Nath. "Es geht um Macht." Einer Frau, die in den
       Augen solcher Männer versucht, ein Mann zu sein, der wird brutal gezeigt,
       dass sie eine Frau ist. "Es ist ein Trend unter jungen Männern, und sie
       finden es cool," klagt Dipika Nath.
       
       Das steht im krassen Gegensatz zu Südafrikas progressiver Verfassung, in
       der Homosexuellenrechte verankert sind und gleichgeschlechtliche Paare
       sogar heiraten dürfen. Dennoch: Die Vorurteile überwiegen, und so leben
       Lesben und Schwule verängstigt, fürchten Angriffe und Bedrohungen.
       
       Die Ermordung Noxolo Nogwazas ist der jüngste Fall sadistischer
       Kriminalität gegen Lesben, schwule Männer und Transsexuelle, erläutert
       Dipika Nath. Ihr Mord gleicht auf schaurige Weise dem Tod von Eudy
       Simelane. Die ehemalige Stürmerin des nationalen Frauenfußballteams war
       2008 mehrfach vergewaltigt, gequält und schließlich ermordet worden,
       nachdem sie sich aktiv für Homorechte eingesetzt hatte. Die Täter waren
       gefasst und 2009 verurteilt worden.
       
       ## Noxola war bekannt in ihrer Gemeinde
       
       Auch Noxola war ein bekanntes Mitglied ihrer Gemeinde: Sie gehörte dem
       Organisationskomitee für eine Schwulen- und Lesbenparade in den umliegenden
       Townships an. Mehr als 2.000 Menschen nahmen an ihrer Beerdigung am
       vergangenen Wochenende teil, sie hinterlässt zwei kleine Kinder. Plakate
       wie "Vergewaltigung wird mich nicht ändern" und "Ob du mich liebst oder
       hasst, ich bleibe eine Lesbe" waren zu sehen.
       
       Südafrikas Regierung hat im März zugestimmt, eine landesweite Arbeitsgruppe
       zu bilden, die "corrective rape" angehen soll. Damit will die Regierung den
       Forderungen einer Onlinepetition mit 170.000 Unterschriften aus 163 Ländern
       nachkommen – eine Rekordzahl für eine derartige Kampagne. Der Vorwurf: Die
       Regierung lasse die Opfer im Stich. Die Täter kämen mit lächerlich geringen
       Kautionen auf freien Fuß, und die Justiz brauche Jahre, um Gerichtsfälle
       abzuschließen. In der Zwischenzeit müssen die Opfer damit leben, ihren
       Vergewaltigern zu begegnen und ihren Drohungen ausgesetzt. zu sein.
       
       6 May 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Martina Schwikowski
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Südafrika
       
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