# taz.de -- Tag gegen Homophobie: NBA-Funktionär Welts outet sich
       
       > Erstmals outet sich in den USA ein namhafter Sportfunktionär als
       > homosexuell – und in den dunklen Ecken der Blogosphäre fürchtet man den
       > Untergang des Abendlands.
       
 (IMG) Bild: Rick Welts: Auch in den USA ist das Thema Schwul-sein im Mannschaftssport tabuisiert.
       
       BERLIN taz | Man macht sich große Sorgen im Netz. Ein gewisser "Persevero"
       prophezeit "die Akzeptanz und Förderung aller Arten der Perversion wie
       Polygamie, Polyamorie, Päderastie, Unzucht und Ehebruch". Ein "mylife"
       stellt fest: "Die Gesellschaft ist buchstäblich in dieselbe Hölle geraten
       wie Sodom und Gomorrha." Und "Jim 0216" fürchtet gar das Allerschlimmste:
       "Ein Verbot der Bibel".
       
       Was war passiert? Ein Mann hatte der Öffentlichkeit mitgeteilt, dass er
       homosexuell ist. Mehr war nicht. Dass besorgte Internetkommentatoren nun
       den Untergang des christlichen Abendlands fürchten, liegt daran, dass
       dieser Mann ein Sportfunktionär ist. Rick Welts ist Präsident der Phoenix
       Suns, seit 40 Jahren in wechselnden Funktionen in der NBA aktiv und der
       erste aktive Funktionär oder Sportler, der sich geoutet hat.
       
       Bis dahin hatte der 1953 geborene Welts eine nachgerade klassische
       amerikanische Bilderbuchkarriere im Basketball-Geschäft hingelegt. Er
       begann zwar nicht als Tellerwäscher, aber immerhin als 16-jähriger
       Balljunge bei den Seattle Supersonics und brachte es dort bis zum
       Mediendirektor. Dann wechselte er in eine Leitungsfunktion in der
       Verwaltung der NBA, die bei seinem Dienstantritt als unbeliebteste
       Profiliga in Nordamerika vor der Pleite stand. Welts trug mit erfolgreichen
       Werbekampagnen bei zum Aufstieg der grauen Maus zum weltweit erfolgreichen
       Glamour-Unternehmen. Er gilt als Erfinder des Rummels am
       All-Star-Wochenende und konzipierte später das Marketing für das olympische
       "Dream Team" 1992, das die NBA endgültig zur globalen Marke beförderte.
       Auch bei der Einführung der Frauenliga WNBA war er federführend, bevor er
       2002 bei den Phoenix Suns die Geschäfte übernahm.
       
       ## Dutzende von SMS und E-Mails mit Zuspruch
       
       Seit sich Welts zu Wochenbeginn in einem Artikel in der New York Times zu
       seiner Homosexualität bekannt hat, gibt sich die NBA Mühe, offen und
       tolerant mit dem Thema umzugehen. Steve Nash, das Aushängeschild der Suns,
       teilte mit, er habe sich gewundert, als Welts sich im anvertraute. Er sei
       davon ausgegangen, dass eh allgemein bekannt ist, dass sein Präsident
       schwul sei. Suns-Eigentümer Robert Sarver ließ gar wissen, das Outing
       seines Angestellten sei für seinen Klub "weitgehend ein Nichtereignis". Der
       Rest der NBA sah das anders: Welts erhielt Dutzende von SMS und E-Mails mit
       Zuspruch aus der Liga.
       
       Trotzdem geht Welts nicht davon aus, dass ein aktiver Spieler seinem
       Beispiel folgen und den Mut fassen könnte, aus der Anonymität
       herauszutreten. "Für Spieler mit ihren kurzen Verträgen steht zu viel auf
       dem Spiel", sagte er. Im Basketball ist – wie in den meisten anderen
       Sportarten – Homosexualität weiterhin verpönt. "Der männliche
       Mannschaftssport ist lange noch nicht so weit wie der Rest der
       Gesellschaft", stellte Welts fest, "das wird noch Zeit brauchen."
       
       ## Kobe Bryant beschimpfte einen Schiedrichter als "Schwuchtel"
       
       Wie verbreitet Homophobie noch ist, demonstrierte die NBA erst Mitte April.
       Während eines Spiels beschimpfte Kobe Bryant einen Schiedsrichter, der ihm
       ein technisches Foul aufgebrummt hatte, als "Schwuchtel". TV-Zuschauer
       konnten die Schmähung deutlich an Bryants Lippen ablesen. Die NBA
       verdonnerte einen ihrer größten Stars zu 100.000 Dollar Strafe, und Bryant
       entschuldigte sich, legte allerdings Widerspruch gegen die Höhe des
       Bußgelds ein.
       
       Sein Outing solle zumindest dazu führen, so hofft Welts, dass in der NBA
       überhaupt über das Thema geredet werde: "Ich bin in den 40 Jahren, die ich
       im Basketball arbeite, kein einziges Mal gefragt worden, ob ich schwul
       sei." Dabei war seine sexuelle Orientierung ein offenes Geheimnis, das in
       Gesprächen sorgsam ausgespart wurde. Aber weder NBA-Boss David Stern noch
       Basketballlegende Bill Russell, ein langjähriger Freund von Welts seit
       gemeinsamen Tagen bei den Supersonics in Seattle, waren erstaunt, als sich
       Welts ihnen kürzlich offenbarte.
       
       Stern hat nun die Hoffnung, nicht nur seine Liga wäre so weit, ein Outing
       einer ihrer prägenden Figuren mit großer Selbstverständlichkeit zu
       akzeptieren: "Ich denke, es gibt eine gute Chance, dass die Welt das gar
       nicht für weiter bemerkenswert erachtet." Zumindest in der Anonymität des
       Internets ist man allerdings anderer Meinung als der Chef der NBA.
       
       17 May 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Thomas Winkler
       
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