# taz.de -- 10 Jahre Liegenschaftsfonds: Alles musste raus
       
       > Der Liegenschaftsfonds feiert Zehnjähriges. 2 Milliarden Euro hat er seit
       > 2001 in die Landeskasse gespült. Der Ruf des exzessiven Vermarkters
       > haftet ihm weiter an.
       
 (IMG) Bild: Jede Menge Fläche: Der Liegenschaftsfonds verkauft auch Tempelhof
       
       Nicht in die eigenen Räume an der Warschauer Straße, sondern ins
       Bikini-Hochhaus am Charlottenburger Breitscheidplatz hatte der Berliner
       Liegenschaftsfonds am Mittwoch geladen. Die Auswahl des Ortes war von der
       landeseigenen Vermarktungsgesellschaft für Grundstücke und Immobilien
       durchaus symbolisch gemeint. Zur Bilanz und Feier des zehnjährigen
       Bestehens traf man sich hier, weil im Bikinihaus "der erste große Deal des
       Liegenschaftsfonds" über die Bühne ging, wie Jürgen Büllesbach,
       Geschäftsführer der Bayerischen Hausbau, sagte. Die hatte das Ensemble samt
       Zoopalast 2002 erworben.
       
       Solche "Big Deals" und die Geschichte des politisch umstrittenen
       Immobilienfonds waren dann auch die Themen, die Geschäftsführer Holger
       Lippmann am Mittwoch Revue passieren ließ. Er tat das mit breiter Brust:
       Die Gründung des Fonds durch den Senat im Jahr 2001, um das Portfolio der
       landeseigenen Immobilien neu zu ordnen und diesen Käufern "professionell
       anbieten zu können", habe sich als "Erfolgsmodell" erwiesen.
       
       Lippmann zufolge hat seine Gesellschaft seit 2001 eine "Rekordsumme" von 2
       Milliarden Euro durch Verkäufe eingenommen und an die Berliner Landeskasse
       überwiesen. Allein 2010 - nach der Immobilienflaute 2009 - seien wieder 533
       Verträge mit fast 200 Millionen Euro Einnahmen getätigt worden.
       
       Zu der Leistungsschau zählte auch, dass 5.500 Kaufverträge in den zehn
       Jahren abgeschlossen und 14 Millionen Quadratmeter hauptstädtischer Grund
       und Boden verkauft werden konnten - darunter so hochpreisige Verkäufe wie
       das Bikini-Areal, die Radrennbahn am Sachsendamm, das Stadion der
       Weltjugend, das Mediaspree-Areal, der Admiralspalast oder der
       Diplomatenpark im Tiergarten.
       
       Aber nicht nur als Verkäufer von Liegenschaften hat der Fonds sich
       hervorgetan. Er stelle mittlerweile einen "ernst zu nehmenden
       Wirtschaftsfaktor dar", wie Lippmann und Finanzstaatssekretär Christian
       Sundermann weiter erklärten. Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung
       (DIW) habe ermittelt, dass die Verkäufe sowie die anschließenden
       Investitionen eine "Bruttowertschöpfung von 10 Milliarden Euro" erbracht
       und 13.000 Arbeitsplätze geschaffen hätten. "Wir können Immobilien",
       frotzelte Lippmann in Richtung seiner Kritiker bei den Grünen und in den
       Bezirken. Diese mussten 2001 ihre Grundstückskompetenzen an den Fonds
       abtreten.
       
       Genau diese Fixierung auf die Immobilienvermarktung finden Jochen Esser und
       Andreas Otto, bau- und haushaltspolitische Sprecher der Grünen, fatal. Weil
       der Senat den Liegenschaftsfonds eingerichtet habe, um maximalen Gewinn bei
       Verkäufen herauszuholen, fielen sozial-, wohnungs- und
       stadtentwicklungspolitisch wichtige Perspektiven für Berlin aus dem Rahmen.
       Alternative Hausprojekte, Künstler, Baugruppen oder Initiativen für soziale
       Einrichtungen hätten "kaum eine Chance gegen diese ,Alles muss
       raus'-Mentalität" des Liegenschaftsfonds. Die alleinige Orientierung am
       Höchstgebot und "an Rekordergebnissen muss ein Ende haben", moniert Esser.
       
       Bei einigen Projekten - etwa dem Weddinger Rotaprint-Gelände für
       Kunstateliers, der Baugruppe Hoffmannstraße in Treptow oder dem Verkauf
       einer ehemaligen Schule an der Reichenberger Straße in Kreuzberg an eine
       gemeinnützige Gesellschaft für Suchthilfe - hat der Liegenschaftsfonds im
       Auftrag des Senats dem politischen und gesellschaftlichen Druck nachgegeben
       und die Grundstücke an die Interessengruppen veräußert.
       
       Einen Paradigmenwechsel vom exzessiven Vermarkter zum sozialen Akteur werde
       der Liegenschaftsfonds aber nicht vollziehen, so der Geschäftsführer. Es
       müsse ein "Umsatzplus erwirtschaftet werden". Es sei aber beabsichtigt, in
       Zukunft vermehrt "nach den Aspekten der Stadtentwicklung statt nach rein
       fiskalischen" zu verkaufen. Bei diesen "Konzeptverfahren" würden neben dem
       Kaufpreis "insbesondere der Inhalt eines Angebots und der Anbieter
       bewertet".
       
       Die Kritiker bemängeln, dass dieser Schwenk viel zu spät kommt. Nachdem die
       interessantesten Grundstücke vermarktet seien, biete der Liegenschaftsfonds
       nun eher minderwertige Ware an. Das führe zu "Ladenhütern" und nicht zu
       vielen Angeboten, glaubt Otto.
       
       18 May 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Rolf Lautenschläger
       
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