# taz.de -- UNO gegen deutsche Asylpolitik: Rüge für Umgang mit Flüchtlingen
       
       > Überfüllte Unterkünfte, schlechte Sozialleistungen, medizinische
       > Notfallversorgung: Die UNO verschärft ihre Kritik an Deutschlands Umgang
       > mit Asylsuchenden.
       
 (IMG) Bild: Für eine menschenwürdige Behandlung: Asylbewerber bei einer Kundgebung 2010 in Regensburg.
       
       BERLIN taz | Die Vereinten Nationen haben Deutschland für seinen Umgang mit
       Asylsuchenden gerügt. Mit "großer Besorgnis" nehme der UN-Sozialausschuss
       die Situation der Asylsuchenden zur Kenntnis, heißt es in seinem am Freitag
       in Genf veröffentlichten Abschlussbericht. Asylsuchende in Deutschland
       würden keine angemessenen Sozialleistungen erhalten, lebten in überfüllten
       Unterkünften, hätten keinen Zugang zum Arbeitsmarkt und könnten lediglich
       auf medizinische Notfallversorgung zurückgreifen.
       
       Der Sozialausschuss reagiert damit auf den 2008 vorgelegten fünften Bericht
       der Bundesregierung zur Umsetzung der wirtschaftlichen, sozialen und
       kulturellen Rechte in Deutschland. Mit der Unterzeichnung des
       UN-Sozialpaktes hatte sich Deutschland 1973 verpflichtet, diese zentralen
       Menschenrechte zu gewährleisten.
       
       "Die deutlichen Worte des Ausschusses zeigen, wie dringend der
       Handlungsbedarf ist", sagt die Menschenrechtsexpertin Katharina Spieß, die
       für Amnesty International die Umsetzung der Sozialrechte in Deutschland
       beobachtet. "Es wäre schön, wenn sich die Bundesregierung nicht so
       verhalten würde wie ihre Vorgänger."
       
       ## Weniger Platz als im Hundezwinger
       
       Zuletzt hatte der UN-Sozialausschuss 2001 die Situation von Asylsuchenden
       in Deutschland kritisiert. "Geändert hat sich seitdem nichts", sagt Spieß.
       So sind die Sozialhilfeleistungen für Asylsuchende seit 1993 nicht an die
       Preissteigerungsrate angepasst geworden. Den Betroffenen, zu denen auch
       Geduldete und humanitäre Flüchtlinge zählen, werden nicht einmal zwei
       Drittel der Hartz-IV-Leistungen zugestanden.
       
       "Das deutsche Asylsystem ist einzigartig, wenn es um die Ausgrenzung der
       Betroffenen geht", urteilt Georg Classen, Sozialrechtsexperte des Berliner
       Flüchtlingsrats. "Möchte man einen Schäferhund im Zwinger halten, sind acht
       Quadratmeter Pflicht. Für die Unterkunft eines Asylsuchenden in Berlin und
       Brandenburg sind sechs Quadratmeter vorgesehen. In anderen Bundesländern
       fehlt jegliche Vorschrift." Überdies grenze die Kombination aus
       Arbeitsverbot einerseits und Entzug von Bargeld andererseits die
       Asylsuchenden vollends aus der Gesellschaft aus. Die Folgen seien physische
       und psychische Erkrankungen.
       
       Dass die im UN-Sozialpakt verbrieften wirtschaftlichen, sozialen und
       kulturellen Rechte jedermann zu gewähren sind, unterstrich zuletzt das
       Bundesverfassungsgericht Anfang 2010 in seinem Hartz-IV-Urteil. Darin
       erklärte das oberste deutsche Gericht die Berechnung der Hartz-IV-Sätze für
       verfassungswidrig. Das nordrhein-westfälische Landessozialgericht
       bezeichnete daraufhin auch die Leistungen für Asylsuchende als "evident
       unzureichend" und legte das Asylbewerberleistungsgesetz im vergangenen Jahr
       dem Bundesverfassungsgericht zur Prüfung vor. Die Verfassungsrichter werden
       ihr Urteil hierzu allerdings frühestens im Herbst fällen.
       
       Immerhin erkennt mittlerweile aber auch die schwarz-gelbe Bundesregierung
       Handlungsbedarf: "Wir warten nicht das Urteil des Verfassungsgerichts ab",
       versicherte ein Sprecher des Bundessozialministeriums der taz. Dass die
       Sozialleistungen von Asylbewerbern neu berechnet werden müssen, hatte die
       Regierung erstmals im vergangenen November eingestanden. Damals räumte sie
       ein, die Höhe der Leistungen erfolge "auf der Grundlage von
       Kosteneinschätzungen" und entspreche "daher nicht den Anforderungen des
       Urteils des Bundesverfassungsgerichts". Wie genau die Neuberechnung
       aussehen soll, ist jedoch ein halbes Jahr später weiter unklar. Die Prüfung
       hierzu sei "noch nicht abgeschlossen".
       
       Der Sozialrechtsexperte Classen zweifelt an der Ernsthaftigkeit: "Ich habe
       eher den Eindruck, die prüfen überhaupt nicht." Von der der UN-Kritik
       verspricht er sich nicht allzu viel. Die Forderungen seien zwar
       völkerrechtlich bindend, doch mangele es der UN an Sanktionsmöglichkeiten.
       
       22 May 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Lukas Ondreka
       
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