# taz.de -- Neues Internetprotokoll IPv6 gestartet: Mehr Platz im Netz
       
       > Weil es kaum noch freie IP-Adressen für das Internet gibt, testet die
       > Branche den neuen Standard IPv6. Die Zahl der Adressen wird damit schier
       > unendlich.
       
 (IMG) Bild: Datenstrom: Mit dem neuen Internetprotokoll IPv6 erweitert sich der Raum im Netz.
       
       BERLIN dpa | Kaum ein Nutzer wird es gemerkt haben, aber am Mittwoch trat
       die Zukunft des Internets in Aktion. Bei einem weltweiten Aktionstag haben
       große Online-Konzerne wie Google und Yahoo zusammen mit
       Infrastruktur-Spezialisten den Einsatz des neuen Internet-Standards IPv6 im
       großen Maßstab getestet.
       
       Bei dem Testlauf sollten mögliche grundsätzliche Probleme aufgedeckt
       werden. Als Folge könnten manche Websites langsamer aufgerufen werden oder
       zeitweise nicht erreichbar sein. Allerdings schätzen die Veranstalter, dass
       vielleicht gerade einmal 0,05 Prozent der Nutzer irgendwelche Schwierigkeit
       bekommen werden.
       
       Die weitaus meisten Internet-Anwender sind noch mit dem bisherigen Standard
       IPv4 im Netz unterwegs. Das liegt alleine schon daran, dass die
       Internet-Router, die unsere Computer mit dem Netz verbinden, noch
       entsprechend eingestellt sind, erläutert Wilhelm Boeddingshaus, der beim
       Webhoster Strato für die Netzwerk-Technik zuständig ist. Und: Die beiden
       Formate sind nicht miteinander kompatibel, das heißt, die Infrastrukturen
       müssen parallel nebeneinander betrieben werden.
       
       Der weltweite Test solle nun helfen, Fehler in der Infrastruktur zu finden,
       die angesichts der noch geringen IPv6-Nutzung langsamer auffallen, erklärt
       Prof. Christoph Meinel, der Vorsitzender des Deutschen IPv6-Rats und Leiter
       des Potsdamer Hasso-Plattner-Instituts ist. Zugleich solle damit bei
       Unternehmen für den Umstieg auf den neuen Standard geworben werden.
       
       ## Altes Formal ermöglicht nur maximal vier Milliarden IP-Adressen
       
       Der Eckrahmen für IPv6 steht schon seit rund 15 Jahren fest - doch erst
       jetzt kommt wirklich Bewegung in den Übergang. Der Grund: Im alten Internet
       wird es eng. Jeder Computer, der im Internet unterwegs ist, braucht eine
       IP-Adresse - eine Zahlen-Kombination, über die er gefunden werden kann.
       
       Das Problem von IPv4 war von Anfang an, dass in den 70er Jahren ein Format
       gewählt wurde, dass maximal vier Milliarden IP-Adressen zuließ. "Das haben
       wir damals als ausreichend erachtet, schließlich betrachteten wir das ganze
       nur als ein Experiment", erinnert sich Internet-Miterfinder Vint Cerf.
       
       Während vor 40 Jahren vier Milliarden mögliche Adressen als ausreichend
       erschienen, wurde der Rahmen mit dem Siegeszug des Internet und auch der
       direkten Kommunikation mit einzelnen Geräten hoffnungslos zu klein. Und der
       Bedarf wird in den kommenden Jahren noch drastisch steigen.
       
       "Wenn Sie zum Beispiel ihr Haus automatisieren, bekommt auch Ihre Jalousie
       eine IPv6-Adresse", erläutert Prof. Meinel. Oder auch mit dem Internet
       verbundene Sensoren etwa in Autos brauchen eigene IP-Adressen.
       
       ## Der komplette Übergang wird noch einige Zeit dauern
       
       Inzwischen sind die letzten Adressblöcke im IPv4-Standard verteilt. Es wird
       also richtig eng. Bei IPv6 hat man deswegen gleich Platz zum reinwachsen
       gelassen. "Das neue Format stellt 340 Sextillionen Adressen bereit - das
       sind 600 Billiarden Adressen auf jeden Quadratmillimeter der
       Erdoberfläche", rechnet der Verband der deutschen Internetwirtschaft eco
       vor.
       
       Der Aktionstag am Mittwoch ist ein erster Schritt, durch den parallelen
       Betrieb der beiden Standards halten sich die möglichen Probleme in Grenzen.
       "Kunden mit IPv4 merken nichts", sagt Boeddinghaus. Betroffen könnten nur
       die Nutzer sein, "die schon IPv6 haben und es noch nicht wissen".
       
       Ein typisches Problem wäre dann etwa, wenn der PC des Nutzers glaubt, er
       habe eine vollständige IPv6-Verbindung und versucht, auf diesem Wege eine
       Website zu erreichen. Auf dem Weg dorthin kann er jedoch auf einen Router
       treffen, der noch mit IPv4 läuft. Was dann passiert, hänge vom
       Betriebssystem des Kunden ab. Entweder die Seite baue sich nicht auf, oder
       die Verbindung werde auf IPv4 umgestellt, was einige Sekunden oder Minuten
       dauern könne.
       
       Die Internet-Branche würde aus vielen Gründen das Zusammenleben der beiden
       Standards möglichst rasch beenden. "Der Doppelbetrieb ist auch doppelter
       Aufwand", betont Boeddinghaus. Jede Firewall-Regel müsse doppelt gepflegt
       werden, und auch die Fehlersuche sei schwieriger.
       
       Bis zu einem kompletten Übergang auf den neuen Standard werde aber noch
       einige Zeit vergehen: "Ich denke, dass sich IPv4 in zehn Jahren auf kleine
       Inseln zurückgezogen haben wird", sagt der Strato-Experte. Das große
       Problem in den Netzen der Anwender seien die Router. "Die müssen meistens
       eine neue Software bekommen. Und das muss jemand aktiv machen."
       
       8 Jun 2011
       
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