# taz.de -- Industrie-Allianz "Aireg": Vom Billigflieger zum Bioflugzeug
       
       > Die Industrie schmiedet eine Allianz, die Pflanzensprit für Flugzeuge
       > fördern soll. Die Politik lässt die Branche an der langen Leine, die
       > Forschung steht noch am Anfang.
       
 (IMG) Bild: In 40 Jahren könnte Fliegen öko werden. Doch dafür braucht es Anstrengungen.
       
       BERLIN taz | Fliegen soll ökologischer werden. Das zumindest haben sich 20
       deutsche Unternehmen und Forschungseinrichtungen der Branche zum Ziel
       gesetzt, die am Mittwoch den Verein "Aireg" gegründet haben.
       
       Jedes Jahr stoßen Flugzeuge weltweit 3 Prozent mehr CO2 aus als im Vorjahr
       - momentan 2 Prozent des von Menschen gemachten Kohlendioxids.
       Klimaschutzorganisationen wie Atmosfair gehen davon aus, dass der
       Luftfahrtanteil an der Klimaerwärmung wegen weiterer Schadstoffe mit 5 bis
       8 Prozent sogar deutlich höher liegt
       
       Als Gegenmittel will Aireg Agrotreibstoffe etwa aus Jatropha-Nüssen oder
       Algen in den Turbinen verfeuern. An der Allianz sind beispielsweise die
       Lufthansa und Airberlin, das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt
       (DLR), Triebwerkshersteller wie MTU oder Biotreibstoffproduzenten
       beteiligt.
       
       ## Kein kommerzieller Hersteller für Agrokerosin
       
       Bis zum Ökoflieger ist es allerdings ein weiter Weg. Bisher etwa gibt es
       keine kommerziellen Hersteller für Agrokerosin. Lufthansa wollte ab April
       dieses Jahres als erste Airline weltweit mit Treibstoff, der zu 50 Prozent
       aus Pflanzen ist, für ein halbes Jahr mit einem Airbus A 321 zwischen
       Hamburg und Frankfurt verkehren. Das Projekt wurde verschoben, soll aber
       noch 2011 starten.
       
       Doch das sind erste Ansätze, mehr nicht. Dabei will die zivile Luftfahrt
       ihren CO2-Ausstoß eigentlich bereits 2020 nicht weiter steigern. Bis 2050
       soll es sogar einen Rückgang um 50 Prozent geben. Verpflichtende Ziele von
       Seiten der Politik gibt es allerdings keine - während Automobilhersteller
       die CO2-Emissionen ihrer Fahrzeuge verbindlich reduzieren müssen.
       Allerdings wird die Luftfahrt ab 2012 in den Emissionshandel einbezogen:
       Alle Fluggesellschaften, die in Europa starten oder landen, bekommen
       kostenlose Verschmutzungsrechte zugewiesen. Sollten sie mehr benötigen,
       müssen sie diese zukaufen. Das soll einen Anreiz setzen, schneller auf
       sparsamere Flieger umzusteigen.
       
       ## Flugzeuge müssen weniger CO ausstoßen
       
       Um die davon unabhängige Selbstverpflichtung einzuhalten, müssen neue
       Flugzeuge deutlich weniger CO2 ausstoßen als heute – schließlich werden die
       alten Maschinen im Schnitt circa 40 Jahre genutzt. "Um sich aus diesem
       strategischen Dilemma zu befreien, führt für die internationale
       Luftfahrtindustrie kein Weg vorbei an Biokraftstoffen", sagt Jürgen
       Ringbeck, Luftverkehrsexperte bei der Beratungsfirma Booz & Company.
       
       Dabei stellt sich die Frage, wo der Agrosprit herkommen soll.
       Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) sagte dazu gestern, man wolle
       "nicht wieder eine Tank- oder Teller-Diskussion, die halte ich sowieso für
       völlig unsinnig." Schließlich habe man vor 100 Jahren auch 30 Prozent der
       Äcker dafür verwendet, Futter für Lasttiere anzubauen.
       
       Momentan ist noch nicht mal geklärt, ob Agrotreibstoffe für Flugzeuge
       überhaupt eine bessere CO2-Bilanz als fossile haben. "Die Frage, ob sich
       diese Treibstoffe in der Gesamtbilanz positiv auswerten, ist noch zu
       klären", sagte Lufthansa-Chef Christoph Franz. Das DLR schreibt vorsichtig,
       dass die Umweltverträglichkeit und Zuverlässigkeit alternativer Treibstoffe
       besser sein kann als die fossiler. Umweltschützer von Actionaid
       kritisieren: Das von der Lufthansa verwendete Agrokerosin aus Jatropha
       produziere in Anbau und Verarbeitung 2,5-mal mehr CO2 als herkömmliches
       Kerosin.
       
       9 Jun 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Ingo Arzt
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Schwerpunkt Atomkraft
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Zusatzgewinn für Fluglinien: Zertifikat-Kosten werden weitergereicht
       
       Die Airlines stellen sich auf den Emissionshandel ein. Die Flugtickets
       werden teurer, obwohl es einen Großteil der Verschmutzungsrechte umsonst
       gibt.
       
 (DIR) Neue Antriebsformen: Der Traum vom Öko-Fliegen
       
       Beim Luftfahrtsalon in Le Bourget bei Paris präsentiert die Branche
       Maschinen mit völlig neuen Antriebskonzepten. Der A380 fährt beim Einparken
       gegen ein Gebäude.
       
 (DIR) Autos, Schiffe, Flugzeuge: Alle sollen weniger schlucken
       
       Die Bundesregierung legt sich erstmals auf Reduktionsziele für den
       Verkehrssektor fest. 10 Prozent sollen bis 2020 durch effizientere Motoren
       gespart werden.
       
 (DIR) Der Weg zur Energiewende: Technik? Was sonst!
       
       25 Jahre nach Tschernobyl behindert die Atomkraft noch immer den
       Fortschritt. Wie die Energiewende bis 2050 geschafft werden kann. Eine
       Analyse.
       
 (DIR) Umweltindex für Fluglinien: Ökos brauchen kurze Beine
       
       Klimabilanzen für Fluglinien sind komplizierte Rechenarbeit. Bis vor kurzem
       schien ein solcher Index unmöglich. Jetzt zeigt er: Auch der Testsieger ist
       nur drittklassig.
       
 (DIR) Streit der Woche: "Dekadenz ist Teil meines Lebens"
       
       Zu Weihnachten schnell mit dem Flieger von Berlin nach Köln zur
       Verwandtschaft? Manchen gilt das als ultimative Ökosünde, andere finden es
       vor allem praktisch.