# taz.de -- Robert-Bosch-Stiftung räumt auf: Schulpreisjury muss gehen
       
       > Kurz nach der Verleihung des Deutschen Schulpreises hat die
       > Robert-Bosch-Stiftung die Jury entlassen. Man will die Ex-Freunde des
       > Pädokriminellen Becker loswerden.
       
 (IMG) Bild: Ehrung: Erst am Freitag überreichte Bundespräsident Christian Wulff den Deutschen Schulpreis.
       
       Sie besteht aus angesehenen, auch internationalen Vertretern der Pädagogik:
       Die Jury des gerade vergebenen Deutschen Schulpreises. Dennoch setzt die
       Robert-Bosch-Stiftung nun sämtliche Jury-Mitglieder vor die Tür. Ziel des
       Verfahrens: Alle "Frogs" sollen gehen, alle "Friends of Gerold Becker", dem
       Päderasten und Haupttäter an der Odenwaldschule.
       
       Die Liste derer, die bei der Bosch-Stiftung geflogen sind, ist schon jetzt
       lang. Wolfgang Harder musste seinen Hut nehmen, der Nachfolger von Gerold
       Becker an der Odenwaldschule. Gegen ihn ermittelte kurzzeitig die
       Staatsanwaltschaft wegen des Verdachts der Vertuschung des Becker'schen
       Systems sexuellen Missbrauchs.
       
       Dann luden die Boschs Beckers Lebensgefährten Hartmut von Hentig aus.
       Danach war Enja Riegel an der Reihe, die Ex-Schulleiterin der Wiesbadener
       Helene-Lange-Schule. An ihrer Schule hatte es einen Päderasten gegeben, der
       auch nach seinem Auffliegen weitermachen durfte – als Schulfotograf.
       
       ## Stiftung will mit ihrer Vergangenheit brechen
       
       Harder, Hentig, Riegel - alles klingende Namen der deutschen Pädagogik und
       auf's engste mit dem Schulpreis verknüpft. Dies wollte die Bosch-Stiftung
       kappen. Nun stellt sich heraus: Die Stiftung selbst hat sich schwer getan,
       ein klares Nein zu Gerold Becker zu formulieren. Vor ein paar Jahren sollte
       der Päderast am Schulpreis beteiligt werden – das sagte Bosch erst ab, als
       eines der Odenwälder Opfer Beckers Alarm schlug.
       
       Zu diesem Zeitpunkt war bereits öffentlich bekannt, dass Becker
       systematisch Jungen sexuell missbrauchte. Mit dieser Vergangenheit will die
       Stiftung nun ein für allemal brechen. Allerdings: Erneut traut man sich
       nicht sagen, worum es eigentlich geht: Der definitive Bruch mit der
       Päderastie und der Täterlobby Beckers. Offiziell ist sowieso alles Routine.
       "Es war von vorneherein klar, dass die Jury des Deutschen Schulpreises nach
       fünf Jahren neu bestellt wird", sagt Günter Gerstberger von der
       Bosch-Stiftung. Allein: Keines der Jury-Mitglieder kann sich erinnern, dass
       es je eine Befristung für ihren Job gab.
       
       ## Kritik: Stiftung ist nicht offen mit Fall Becker umgegangen
       
       "Die Bosch-Stiftung ist offenbar der Ansicht, dass der Schulpreis ihr
       geistiges Eigentum ist. Das ist falsch", sagt die wortmächtige Enja Riegel.
       "Die Bedeutung dieses Preises kommt von den Experten der Jury und vor allem
       den Schulen, die ihn bekommen haben." Riegels bemängelt, dass die
       Bosch-Stiftung nie offen mit dem Fall Becker umgegangen ist. "Man darüber
       einen offenen Diskurs beginnen müssen - und nicht einzelne Leute aus der
       Jury herausschießen."
       
       Dass die Jury neu besetzt werden muss scheint klar. Mit Otto Seydel sitzt
       dort nach wie vor einer der Anhänger Beckers. Seydel macht für den
       Missbrauch in einem aktuellen Aufsatz aus: den "Quotenbringer Sex" für die
       Medien und die "kriminellen Irrwege einzelner Erachsener". An der
       Reformpädagogik aber könne die sexuelle Gewalt keinesfalls hängen, denn
       ihre Antriebskraft sei "der bedingungslose Widerspruch gegen Gewalt
       gegenüber Kindern."
       
       Auch für Erika Risse könnte es eng werden. Sie leitet die Dachorganisation
       der Landerziehungsheime, zu denen auch die Odenwaldschule gehört, und hat
       sich zuletzt als wirksames Schutzschild gegen jede Kritik entpuppt. Bei
       einer Tagung über Reformpädagogik, zu der sie einlud, verbat sie sich von
       Teilnehmern schriftlich, über sexuellen Missbrauch zu sprechen.
       
       Nun organisiert sie eine Tagung über sexuellen Missbrauch – aber auch
       diesmal muss wieder ein Thema vermieden werden: Die Reformpädagogik. Denn
       sexueller Missbrauch und Reformpädagogik – das darf beides einfach nichts
       miteinander zu haben.
       
       10 Jun 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Christian Füller
       
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