# taz.de -- Dallas Mavericks gewinnen NBA-Titel: Erst mal "ein bisschen heulen"
       
       > Mit Erfahrung und Demut führt Dirk Nowitzki die Dallas Mavericks zur
       > ersten NBA-Meisterschaft. Danach wirkt der Deutsche eher erleichtert als
       > euphorisch.
       
 (IMG) Bild: Altherrenmannschaft am Ziel: Die Dallas Maveriks mit dem NBA-Pokal.
       
       Als es vollbracht war, fassten sie sich an den Kopf. Jason Kidd und Dirk
       Nowitzki sprangen nicht herum, sie schrien ihre Freude nicht hinaus, sie
       jubelten nicht. Stattdessen legten sie die Hände an die Schläfen, verbargen
       das Haupt und blickten mit leeren Blick in eine ungewisse Ferne.
       
       Die Dallas Mavericks hatten eben die NBA-Meisterschaft gewonnen, sie hatten
       erreicht, wovon die meisten Spieler dieser Mannschaft kaum mehr zu träumen
       gewagt hatten, aber die beiden sahen nicht aus wie Gewinner, sondern
       wirkten, als wüssten sie nicht mehr weiter. Und dann lief Dirk Nowitzki
       davon, vorbei an Ordnern und Zuschauern, und stürmte in die Kabine in den
       Katakomben der Arena von Miami.
       
       Dort, so erzählte der deutsche Basketballprofi später, habe er nach dem
       105:95-Erfolg bei den Miami Heat, dem entscheidenden vierten Sieg im
       sechsten Finalspiel, erst einmal "ein bisschen heulen" müssen. Als auch das
       überstanden war, nach gerissener Sehne im Finger und fiebriger
       Nebenhöhlenentzündung, nach vielen Enttäuschungen und Niederlagen, da wurde
       Nowitzki wohl endgültig klar, dass er geschafft hatte, was ihm 13 Jahre
       verwehrt geblieben war. Also kam er wieder zurück in die Halle, stemmte
       zuerst den NBA-Pokal und umarmte dann die Auszeichnung als MVP, als
       wertvollster Spieler der Finalserie.
       
       Doch die ganze Zeit, ob bei den konfettiumflorten Feierlichkeiten oder bei
       einer seltsam abgeklärten Pressekonferenz, wirkte der gebürtige Würzburger
       eher erleichtert als euphorisch. Vielleicht erinnerte sich Nowitzki auch
       daran, dass es noch nicht einmal zwei Monate her ist, dass niemand, aber
       auch wirklich niemand einen Penny auf die Mavericks gesetzt hätte.
       
       ## Nicht mal die Fans glaubten an den großen Wurf
       
       Selbst die Fans im heimischen Texas, die ihrem Team seit Jahren ein
       ausverkauftes Haus bescheren und ihren deutschen Vorzeigeprofi lieben,
       trauten Dallas nach all den Enttäuschungen der vergangenen Jahre den großen
       Wurf nicht mehr zu. Die Mannschaft ging in jede der vier Playoff-Serien als
       Außenseiter, sie galt als hoffnungslos überaltert, als Ansammlung
       Gescheiterter, und auch Nowitzki, der kommende Woche seinen 33.Geburtstag
       feiert, schien über seinen Zenit hinaus zu sein.
       
       Ihm fehle das Sieger-Gen, die mentalen Voraussetzungen, eine Mannschaft zum
       Titel zu führen. Nowitzki würde, so schien es vor dem Beginn dieser
       Playoffs, seinen Platz behalten auf der illustren Liste jener Spieler, die
       trotz aller individuellen Großartigkeit niemals einen Titel in der besten
       Basketball-Liga der Welt gewinnen konnten, Spieler wie Charles Barkley,
       Karl Malone, Patrick Ewing, Elgin Baylor oder George Gervin.
       
       Eine Liste, die nun auch ein Jason Kidd, 38, verlassen hat. Einer der
       besten Aufbauspieler aller Zeiten, aber bis Montag ein ebenso glückloser
       Profi wie Nowitzki. Die beiden führten ein Team an, das zwar den ältesten
       Altersdurchschnitt der NBA aufweisen konnte, aber keinen einzigen Spieler,
       der schon einmal Meister war. Die Folge war eine produktive Mischung aus
       Erfahrung und Demut, die zu einer "vollständigen Mannschaftsleistung"
       (Nowitzki) und schlussendlich zum Titel führte. "Wir wissen, wie man das
       Spiel spielt", sprach sein Teamkollege Kidd, ein entrücktes Lächeln im
       Gesicht, "uns allen ist egal, wer am Schluss den Ball in den Korb
       befördert."
       
       Diese Qualität, das wurde mit jedem Spiel, das die Finalserie andauerte,
       offensichtlicher, fehlte dagegen den sehr viel jüngeren Heat um Dwayne
       Wade. Vor der Saison verstärkt mit LeBron James, dem momentan wohl besten
       Basketballspieler der Welt, und dem kaum minder talentierten Chris Bosh
       schienen sie unaufhaltsam auf dem Weg zu "vielen Titeln", wie James vor der
       Saison versprochen hatte. Doch diesmal standen die alten Herren aus Dallas
       im Weg. "Das ist unsere Zeit, wir mussten jetzt gewinnen", stellte
       Mavs-Coach Rick Carlisle klar, "aber Miamis Zeit wird kommen, kein
       Zweifel."
       
       Bosh hofft, seine Heat haben nun ausreichend Enttäuschungen angehäuft, um
       in der nächsten Saison auch noch den letzten entscheidenden Schritt gehen
       zu können. "Dirk hat sehr lange sehr hart für diesen Erfolg gearbeitet, er
       hat es verdient", sagte der Flügelspieler mit grimmigem Blick, "daran
       nehmen wir uns hoffentlich ein Beispiel." Weder er noch James wollen sich
       auf der Liste verewigen, die Nowitzki und Kidd eben verlassen haben.
       
       13 Jun 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Thomas Winkler
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Streik in der NBA: Sie sind dann mal weg
       
       In der NBA wird weiter gestreikt, Spieler und Vereine haben sich bei den
       Gehältern nicht geeinigt. Und jetzt verabschieden sich auch noch Shaq und
       Yao Ming.
       
 (DIR) Talentsuche in der Basketball-Profiliga: Ein 2,11 Meter großes Fragezeichen
       
       Der türkische Center Enes Kanter wird vor dem "Draft" hoch eingeschätzt.
       Dabei hat er für die University of Kentucky ein Jahr lang nicht gespielt.
       
 (DIR) NBA-Titelträger Dirk Nowitzki: Der Exorzist
       
       Spieler aus Europa gelten in der NBA immer noch als Weicheier. Dirk
       Nowitzki hat mit diesem Vorurteil 13 Jahre nach seinem Eintritt in die Liga
       aufgeräumt.
       
 (DIR) Die Dallas Mavericks gewinnen die NBA: Dirk ist am Ziel
       
       Zum ersten Mal gewinnen die Dallas Mavericks den Titel in der
       US-Basketballliga NBA. Dirk Nowitzki musste beim 105:95-Sieg im sechsten
       Spiel gegen Miami nicht glänzen.
       
 (DIR) Dirk Nowitzki führt die Mavericks zum Sieg: 103 Grad Fieber
       
       Mit besorgniserregend hoher Temperatur führt Dirk Nowitzki die Dallas
       Mavericks zum Sieg über die Miami Heat. Die Finalserie ist damit wieder
       ausgeglichen.
       
 (DIR) Der Kampf ums NBA-Finale: Keine Angst vor dem Bart
       
       Die Dallas Mavericks und der als Weichei verschriene Dirk Nowitzki wandeln
       sich zusehends zu selbstsicheren Titelanwärtern. Nur noch ein Sieg fehlt
       für das Finale.