# taz.de -- Kieler Woche: Segler blicken nach Rio
       
       > In Kiel können sich Deutschlands Segler für die Olympischen Spiele in
       > London qualifizieren. Deren Geldgeber haben aber schon die Spiele in Rio
       > im Visier.
       
 (IMG) Bild: Hat bislang die Nase vorn: Der Lübecker Simon Grotelüschen im Laser.
       
       KIEL taz | Die Kieler Woche ist eine gute Gelegenheit für Politiker, im
       überregionalen Rampenlicht zu erscheinen. Das kann besonders dann nicht
       schaden, wenn man wie Kiels Oberbürgermeister Torsten Albig (SPD) im
       kommenden Jahr Ministerpräsident werden will, aber selbst im eigenen Land
       noch kaum bekannt ist.
       
       Bei der Eröffnung des größten Segelsportereignisses der Welt musste er zwar
       noch Amtsinhaber Peter Harry Carstensen (CDU) den Vortritt lassen. Umso
       lieber nahm er ein paar Tage vorher einen Termin war, bei dem er eine neue
       "Universität" einweihen durfte.
       
       Mit dieser etwas großspurigen Bezeichnung belegte die Kieler Presse die in
       Schilksee vorgestellte Sailing Team Germany Academy. "Durch die Gründung
       der Akademie können wir die individuelle Ausbildung der Segler vom
       Nachwuchs- bis zu den Spitzenteams optimieren", sagt Oliver Schwall,
       Geschäftsführer des Sailing Team Germany (STG).
       
       Der ehemalige Tornado-Weltmeister Schwall gehörte vor zwei Jahren zu einer
       Gruppe von Leuten aus Sport und Wirtschaft, die sich nicht mit der Flaute
       in der deutschen Segelei abfinden wollten. Deren beste Zeiten liegen über
       30 Jahre zurück.
       
       Als ehemaliger Geschäftsführer der Werbeagentur Springer&Jacoby erkannte
       Schwall ökonomisches Potenzial unter den acht Millionen
       Segel-Interessierten in Deutschland und entwickelte ein hierzulande bislang
       wenig bekanntes Geschäftsmodell: Eine Vermarktungsgesellschaft stellt sich
       ins Zentrum einer nationalen Sportorganisation. "Wir liefern im Grunde
       nicht nur eine Sportart, sondern einen ganzen Markt auf dem Silbertablett",
       so Schwall.
       
       Als erstes griff der Automobilbauer Audi zum Silbertablett und lässt es
       sich seit letztem Sommer jährlich eine siebenstellige Summe kosten, als
       Namensgeber der Nationalmannschaft zu firmieren.
       
       Inzwischen ist noch die Software-Schmiede SAP hinzugekommen, die gerade ein
       Programm entwickelt, mit dessen Hilfe sich Deutschlands Segler unter
       anderem schon jetzt auf die Strömungsverhältnisse im olympischen
       Segelrevier 2016 in Rio vorbereiten können.
       
       Über den Etat des in Hamburg ansässigen STG, der laut Schwall zu 80 Prozent
       von den beiden Hauptsponsoren getragen wird, war es bei der Gründung der
       Segelnationalmannschaft vor einem Jahr zum Streit gekommen. Der damalige
       Aufsichtsrats-Chef Gunter Persiehl, Präsident des mächtigen Norddeutschen
       Regatta-Vereins, trat zurück.
       
       Er konnte nicht durchsetzen, dass die Mittel auf ein kleines
       schlagkräftiges Team konzentriert werden, das schon bei den nächsten
       Olympischen Spielen in London für Furore sorgen könnte.
       
       Schwall favorisiert die große Lösung. "Wir haben von Beginn an eine
       langfristige Perspektive verfolgt", sagte Schwall. "Unser Ziel sind die
       Olympischen Spiele 2016 in Rio. Und dafür brauchen wir auch eine Jugend-
       und Jüngsten-Förderung." Inzwischen hat die STG Verträge mit rund 140
       Seglern gemacht, die in vier Jahren am Zuckerhut dafür sorgen sollen, dass
       die vier Audi-Ringe oft aufs Treppchen kommen.
       
       50 von ihnen kämpfen seit Samstag allerdings erst einmal um ihr Ticket für
       die Spiele in London. Die Kieler Woche ist der Mittelteil der deutschen
       Olympiaausscheidung, die Pfingsten im Olympiarevier im britischen Weymouth
       begann und im Dezember mit den Weltmeisterschaften im australischen Perth
       endet.
       
       Um mehr Bootsklassen als 2008 in Qingdao besetzen zu können, wurden die
       Qualifikationskriterien des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) stark
       erleichtert.
       
       Jeder deutsche Teilnehmer muss nach Abschluss der Qualifikation unter den
       besten zehn Nationen platziert sein und mindestens einmal Rang 15 ersegelt
       haben. Die besten Chancen dafür gibt es zurzeit in Kiel-Schilksee, da die
       Kieler Woche dem Großteil der Weltelite in diesem Jahr nicht in den
       Terminkalender passt.
       
       Besondere Spannung herrscht neben den traditionell umkämpften Starbooten in
       der Laserklasse, wo mit Simon Grotelüschen aus Lübeck und Philipp Buhl aus
       Sonthofen zwei Trainingspartner nach dem 1. Qualifikationsrennen in
       Weymouth Kopf an Kopf im Rennen liegen. Nach den ersten beiden Wettfahrten
       am Samstag hatte der Lübecker die Nase vorn.
       
       19 Jun 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Ralf Lorenzen
       
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