# taz.de -- Rassismus beim Berliner FC Dynamo: Fußballclub im Zwielicht
       
       > Beim Berliner FC Dynamo steht ein Verantwortlicher im Verdacht,
       > Ausländerfeindliches gegrölt zu haben. Der Klub schweigt, und das
       > Beweismaterial verschwindet.
       
 (IMG) Bild: BFC Dynamo-Trainer Heiko Bonan (r.) und sein Assistent Rene Gritschke (l.).
       
       BERLIN taz | Von der Vereinsführung kommt keine Erklärung. Weder ein
       Dementi noch eine Verurteilung oder sonst irgendein Kommentar. "Wir werden
       keine Stellung dazu nehmen", sagt Martin Richter, der Pressesprecher des
       Berliner FC Dynamo, knapp. Es ist beileibe nicht das erste Mal, dass der
       Traditionsverein aus Hohenschönhausen mit dem Thema Ausländerfeindlichkeit
       konfrontiert wird. Wobei die Verantwortlichen beim Oberligisten zuletzt
       immer versicherten, die hässlichen Bilder, die noch von den BFC-Fans
       gezeichnet würden, entsprängen überholten Klischees, die mit der Realität
       nichts gemein hätten.
       
       Aber in diesem Falle geht es gar nicht um die BFC-Fanszene, sondern um
       einen Verantwortungsträger des Klubs. Bis vor Kurzem war auf dem
       Internetportal YouTube ein Jubel-Videoclip abrufbar, das wohl ein
       BFC-Anhänger beim Achtelfinale des Berliner Pokals Ende März aufgenommen
       hatte. Zu sehen war, wie nach dem Sieg des BFC Dynamo gegen den BAK Berlin,
       einem türkischen Migrantenverein aus dem Wedding, ein Mann im
       Trainingsanzug gemeinsam mit einem Spieler den Zaun vor der Fankurve
       erklimmt.
       
       Und sowohl der Autor als auch mehrere Testpersonen, denen der Clip
       vorgespielt wurde, glauben unabhängig voneinander trotz der lärmenden
       Anhänger zu hören, wie der offensichtlich zum BFC-Funktionsteam gehörige
       Mann rief: "Jetzt ham wa sie, die Kanaken." In der vorherigen Saison musste
       der BFC Dynamo gegen denselben Gegner im Pokalfinale eine bittere
       Niederlage hinnehmen, die gut hundert BFC-Anhänger so rasend machte, dass
       sie nach dem Abpfiff den Rasen stürmten.
       
       ## Vereinsführung widerspricht nicht
       
       Und nach einem von mehreren Personen vorgenommenen Fotoabgleich, kann man
       davon ausgehen, dass die gehörten Worte von Rene Gritschke, dem
       Assistenztrainer des BFC Dynamo, stammen. Zumal die Vereinsführung, die den
       Link mit dem Video angesehen hat, wie Pressesprecher Richter bestätigte,
       dieser Annahme nicht widersprochen hat.
       
       Gritschke selbst hat auf eine Anfrage, ob dieser Satz so gefallen ist,
       nicht reagiert. Der 41-Jährige ist erst seit dieser Saison Assistent von
       Trainer Heiko Bonan. Davor war er jahrelang für die
       U23-Ausbildungsmannschaft des BFC Dynamo verantwortlich.
       
       Inwieweit ein Mann aus dem Trainerteam, der im Verdacht steht, im Kreise
       der Klub-Fangemeinde ausländerfeindliche Töne von sich zu geben, zur
       Rechenschaft gezogen werden muss, das ist eine Frage, der sich die BFC
       Dynamo scheinbar partout nicht stellen will.
       
       Wenige Stunden nachdem die Vereinsführung vom Autor am 19. Mai um
       Stellungnahme zu dem Videoclip gebeten wird, entfernt der Produzent des
       Films, der sich auf dem Videoportal unter dem Pseudonym "Prenzl1981"
       eingetragen hat, sein Werk aus dem Internet.
       
       ## Verdacht auf Vertuschung
       
       In der Zwischenzeit war auf der BFC-Fanseite, eine Person mit dem Pseudonym
       "Prenzel" und dem angegebenen Geburtsjahr 1981 vom Fanbeauftragten Rainer
       Lüdtke angeschrieben worden: "Wichtig. Prenzel du hast eine persönliche
       Nachricht!" Die Vermutung liegt nahe, dass hier ein zwischen Vereinsführung
       und einzelnen Fans gut koordinierter Vertuschungsversuch stattfand. Doch
       das vermeintlich vernichtete Beweismaterial ist zuvor kopiert worden und
       liegt dem Autor vor.
       
       Es ist der typische Reflex von sich stigmatisiert wähnenden Vereinen. Bei
       unliebsamen Störungen von außen werden die eigenen Reihen fest geschlossen.
       Eine offene Auseinandersetzung mit dem erhobenen Vorwurf findet trotz aller
       Brisanz nicht statt. Manchen Anhängern vom BFC Dynamo dürfte diese Art,
       Probleme "auszusitzen", gewiss nicht gefallen.
       
       Seit geraumer Zeit gibt es Gruppierungen in der Fanszene, die sich aktiv
       dagegen wehren, öffentlich mit ausländerfeindlichen und rechtsextremen
       Anhängern des Vereins gleichgesetzt zu werden. Eine große Presserunde wurde
       deshalb schon organisiert, um sowohl bei den Fans als auch bei den
       Journalisten Vorurteile abzubauen, sich in Selbstkritik zu üben und den
       Verein aus der Isolation zu führen.
       
       Doch anders als bei dem schon polizeilich gemeldeten Vorfall kürzlich, als
       mehrere BFC Anhänger rechte Parolen in der Straßenbahn grölten und die
       Vereinsführung sich umgehend davon distanzierte, verpasste sie es in diesem
       noch nicht an die Öffentlichkeit gelangten Fall, eine klare Position zu
       beziehen. Wenn es etwas zur Entlastung von Rene Gritschke vorzulegen gäbe,
       hätte der Verein in der Informationspflicht gestanden.
       
       Wenn dies nicht der Fall ist, hätte die immer wieder propagierte eindeutige
       Haltung zur Ausländerfeindlichkeit unter Beweis gestellt werden müssen.
       Indem der Verein aber jegliche Stellungnahme verweigerte, bleibt er wieder
       einmal im Zwielicht sitzen.
       
       21 Jun 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Johannes Kopp
       
       ## TAGS
       
 (DIR) WM 2011 – Mixed Zone
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) BFC Dynamo Berlin gegen Kaiserslautern: Strafanzeige gegen Unbekannt
       
       Die Krawalle beim Spiel BFC Dynamo Berlin gegen den 1. FC Kaiserslautern
       haben nun Folgen. Der DFB wertet Fernsehbilder aus, der Verein hat
       Strafanzeige gestellt.
       
 (DIR) Hooliganattacken bei BFC Dynamo - Lautern: Auf die Fresse!
       
       Nach dem 0:3 im DFB-Pokal stürmen Anhänger von Dynamo Berlin den Block der
       Kaiserslautern-Fans. Es gibt Verletzte. Im Internet wird die Attacke als
       "geile Aktion" gefeiert.
       
 (DIR) Rassismus im Fußball: Bananenwurf auf Weltmeister
       
       WM-Held Roberto Carlos verlässt in Russland nach einer erneuten
       Bananen-Attacke das Spielfeld. Der Brasilianer vermutet eine geplante Tat
       mit rassistischem Hintergrund.
       
 (DIR) Homophobie im Fußball: Wie Angst und Seife schwinden
       
       Zwei Forscherinnen zeigen, wie es um die Homophobie im Fußball bestellt
       ist. Sie schlagen vor, Blutgrätschen bei den Frauen zu erlauben.
       
 (DIR) Quote beim französischen Fußballverband: Seltsame Farbspiele
       
       Der französische Fußballverband suspendiert nach Vorwürfen des Rassismus
       einen Direktor. Eine Quote für weiße Nachwuchsspieler sei nicht diskutiert
       worden.