# taz.de -- Flüchtlingsstreik in Brandenburg: SPD-Minister gegen SPD-Landrat
       
       > Nach dem Boykott von Flüchtlingen gegen Wertgutscheine in Hennigsdorf
       > stellt sich auch die märkische Landesregierung gegen den Landkreis.
       > Kreistag in Oberhavel fällt Mittwoch Entscheidung.
       
 (IMG) Bild: Auch in Eisenhüttenstadt wurde am Montag gegen Gutscheine protestiert.
       
       Der Landkreis Oberhavel gerät immer mehr unter Druck: Nach einem Streik von
       Asylbewerbern gegen die ihnen ausgehändigten Wertgutscheine wendet sich
       auch die rot-rote Landesregierung in Brandenburg offen gegen die Coupons.
       Sozialminister Günter Baaske (SPD) setzte sich am Montag für "Bar- anstatt
       Sachleistungen" für Asylbewerber in den Landkreisen ein. Menschlichkeit
       müsse im Mittelpunkt des Umgangs mit Flüchtlingen stehen, so Baaske.
       
       Seit Monatsanfang boykottieren Flüchtlinge im Hennigsdorfer
       Asylbewerberheim, nördlich von Berlin, die ihnen monatlich zukommenden
       Wertgutscheine von rund 160 Euro. Sie fordern Bargeld, da die Coupons im
       Alltag zu etlichen Problemen führten und diskriminierend seien. SPD-Landrat
       Karl-Heinz Schröter verweist dagegen auf das Asylbewerberleistungsgesetz
       des Bundes. Darin ist festgelegt, vorrangig Sachleistungen zu gewähren. An
       diesem Mittwochabend ist der Streit nun Thema im Kreistag Oberhavel. Ein
       Grünen-Antrag fordert die Einführung des "Bargeldprinzips" für Flüchtlinge.
       
       Bereits Mitte April beschloss der märkische Landtag, sich für die
       Abschaffung von Sachleistungen einzusetzen. Baaske ermunterte die
       Landkreise nun, von der Bargeldvariante "kräftig Gebrauch zu machen". Die
       Gutscheine erzeugten einen "hohen Verwaltungsaufwand" und seien für
       Flüchtlinge "völlig ungeeignet und auch diskriminierend". In einem
       Schreiben an den Landkreis versicherte das Sozialministerium, dass eine
       Barauszahlung "grundsätzlich nicht hinterfragt" werde. Es werde empfohlen,
       "den bestehenden Ermessensspielraum zugunsten der Betroffenen zu nutzen".
       Neben Oberhavel werden in nur noch 5 von 18 Landkreisen Gutscheine
       ausgegeben. In Berlin beschloss der Senat 2003 die Abschaffung.
       
       Im Kreistag wollen Grüne und Linke gegen die Coupons stimmen, die SPD ist
       gespalten. "Die Gutscheine entsprechen nicht der Lebenswirklichkeit, aber
       wir Abgeordnete müssen uns an bestehende Gesetze halten", klagt
       SPD-Fraktionschef Andreas Noack. Einzelne SPD-Ortsvereine hatten sich zuvor
       für ein Ende der Wertmarken ausgesprochen. Die Abstimmung hat für den
       Landrat nur empfehlenden Charakter.
       
       Schröter werde am Mittwoch im Kreistag keine Empfehlung für ein Votum
       geben, sagte ein Sprecherin. Sozialdezernent Michael Garske räumte am
       Dienstag ein, dass das Bundesgesetz "scheinbar den aktuellen Anforderungen
       nicht mehr gerecht wird". Es sei aber auch der "falsche Weg", ein Gesetz
       "so lange zu beugen, bis die gewünschte Wirkung erzielt wird".
       
       Flüchtlingsorganisationen und Kirchen unterstützen dagegen die streikenden
       Asylbewerber. Vor der Kreistagssitzung wollen sie den Abgeordneten eine
       Petition für die Abschaffung der Gutscheine überreichen.
       
       21 Jun 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Konrad Litschko
       
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