# taz.de -- Torjubel und biologisches Geschlecht: Geteilte Freude
       
       > Frauen jubeln lieber im Team – Männer lassen sich für ihre Tore als
       > Superhelden feiern. „Das steckt in den Männern drin“, meint die
       > Sportpsychologin Jeannine Ohlert.
       
 (IMG) Bild: Olympique-Lyon-Spielerin Wendie Renard: Frauen jubeln anders, sagt die Sportpsychologin Ohlert
       
       KÖLN taz | Bier kalt stellen, Deutschlandfahne ans Auto und
       Tippgemeinschaft mit den Kumpels organisieren? Oder lieber Augen zu und
       durch, nichts sehen, nichts hören, nichts wissen? Weil Frauen am Ball in
       etwa so mitreißend sind wie Bionade im Kühlschrank. Liebe Männer, lasst
       euch gesagt sein: Hingucken lohnt sich.
       
       Die Frauen mögen langsamer spielen, weniger kraftvoll, weniger spektakulär.
       Und doch können die Frauen etwas, das die schlaueren unter den
       Männer-Trainern ihren Mannschaften mit viel Mühe beizubringen versuchen:
       Sie agieren als Team. Nicht nur auf dem Papier, sondern auch auf dem Platz.
       
       Für jeden erkennbar sei das beim Jubel einer Torschützin, meint die Kölner
       Sozial- und Sportpsychologin Jeannine Ohlert. „Frauen jubeln als Team“,
       sagt die 35-jährige Wissenschaftlerin, „die Torschützin läuft zu ihrer
       Mannschaft und demonstriert: Wir haben das zusammen geschafft.“ Und der
       Torschütze, was macht der? Einen Salto, einen Tanz mit der Eckfahne, einen
       Sololauf mit nacktem Oberkörper. „Männer sind eher selbstdarstellerisch“,
       sagt Ohlert. „Das Team muss hinter ihnen herlaufen und sie einfangen.“
       
       ## Sammeln und Jagen
       
       Ein Teil der Erklärung für dieses Selbstdarsteller-Phänomen ist so alt wie
       die Menschheit und genetisch bedingt. „Das steckt in den Männern drin“,
       sagt Ohlert. Für Frauen sei es immer wichtig gewesen, zusammenzuhalten. Sie
       haben in der Gruppe Beeren gesammelt und Kinder gehütet. Bei den Männern
       hingegen ging es darum, wer der beste Jäger ist, wer das gefährlichste Tier
       erlegt.
       
       Heißt auf dem Fußballfeld: Wer erzielt das spektakulärste Tor? Das Resultat
       beschreibt die ehemalige Nationalspielerin Katja Kraus so: „Frauenfußball
       ist ganz sicher fairer. Es gibt weniger Fouls, um Zeichen zu setzen,
       Dominanz auszudrücken. Das Spiel ist ehrlicher. Es gibt weniger
       Schauspielerei und überflüssiges Lamentieren.“
       
       ## Noch nicht wissenschaftlich belegt
       
       Ihre Torjubel-Theorie hat Jeannine Ohlert noch nicht wissenschaftlich
       belegt. Aber sie passt zu Untersuchungen zum „sozialen Faulenzen“, mit
       denen die Psychologin an der Deutschen Sporthochschule gerade befasst ist.
       Da geht es darum, herauszufinden, wer sich in einer Gruppe wie sehr
       anstrengt, wenn der Einzelne gar nicht weiter auffällt.
       
       Bestes Beispiel: Tauziehen. Ohlert hat festgestellt: Es sind eher die
       Männer, die solche Situationen nur mit halber Kraft angehen. „Das macht aus
       Sicht des Einzelnen ja auch Sinn“, so Ohlert. „Aber für die Gruppe ist das
       fatal.“ In fernöstlichen Kulturen, wo das gesamte Denken kollektivistischer
       ist, sei der Unterschied zwischen Männern und Frauen wiederum nicht so
       groß. Für Ohlert steht fest: Der Teamgedanke ist mehr als genetisch
       geprägt, er ist auch anerzogen.
       
       Wer als überdurchschnittlich guter Fußballer zum Mann heranreift, bekomme
       nun mal schon früh den Reiz des Heldenstatus eingeimpft. Sei der Beste, und
       du bekommst die besten Verträge, das meiste Geld, die größte
       Aufmerksamkeit. Die Vereine kauften sich die vermeintlich größten Helden
       zusammen, „die wenigsten achten wie Dortmund oder Mainz darauf, ob ein
       Spieler auch ins Team passt“, sagt Ohlert. Und dann passiere, was die Fans
       am meisten stört und was es in Köln zuletzt häufiger zu sehen gab: Die
       Spieler laufen nicht füreinander.
       
       „Bei den Frauen gibt es das nicht, dass sie bocklos auf dem Platz
       herumstehen und man das Gefühl hat, die wollen nicht“, erklärt Ohlert. „Die
       Männer haben oft scheinbar vergessen, dass sie nur so gut sind wie das
       System, in dem sie spielen, dass sie allein gar nicht unbedingt die großen
       Helden sind.“
       
       22 Jun 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Susanne Rohlfing
       
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