# taz.de -- Haitis Präsident in der Kritik: Bittere Pille für "Sweet Micky"
       
       > Haitis neuer Präsident Martelly scheitert seit sechs Wochen an der
       > Bildung einer Regierung. Die Partei des abgewählten Préval behält vorerst
       > die Macht.
       
 (IMG) Bild: Steht ziemlich allein da: Michel "Sweet Micky" Martelly.
       
       SANTO DOMINGO taz | Sechs Wochen ist der neue Staatspräsident Michel
       Martelly im Amt, und schon steht er im Mittelpunkt der Kritik. Die
       Vereinten Nationen, die seit sieben Jahren für Sicherheit und Stabilität
       sorgen sollen, haben den Musiker öffentlich aufgefordert, endlich eine
       handlungsfähige Regierung zu benennen.
       
       "Jeder verlorene Tag untergräbt weiter die neue politische konstruktive
       Dynamik, die die Bürger mit ihrem Votum begonnen hätten", warnte die
       UN-Vertretung Minustah in einer Erklärung. Die Bürger des Landes erwarteten
       eine "Verbesserung ihrer Lebenssituation so schnell wie möglich."
       
       Anfang der Woche war der frühere Karnevalsmusiker "Sweet Micky", wie er von
       seinen Anhängern gerufen wird, mit der Ernennung eines Regierungschefs
       gescheitert. Die haitianischen Abgeordneten hatten seinen Vorschlag mit
       Mehrheit ablehnt.
       
       Die erste schwere Niederlage trifft den Kompa-Musiker zu einem ungünstigen
       Zeitpunkt. Während das Parlament hitzig über seinen Mandatsvorschlag
       debattierte, befand sich "Sweet Micky" zu einem "Routinegesundheitscheck"
       in den Vereinigten Staaten. Einen ungünstigeren Zeitpunkt konnte sich er
       nicht aussuchen.
       
       Die politische und parlamentarische Unerfahrenheit, die ihn für einen
       winzigen Teil der haitianischen Wähler – von den 4,7 Millionen
       Wahlberechtigten beteiligten sich gerade mal eine Million, die ihn mit 67
       Prozent der abgegebenen Stimmen im zweiten Wahlgang zum Präsidenten
       bestimmten – attraktiv gemacht hatte, wird ihm jetzt zur größten Hürde.
       
       Die Niederlage zeichnete sich schon kurz nach der Amtseinführung des
       50-Jährigen am 14. Mai ab, als bekannt wurde, dass dessen Freund
       Daniel-Gérard Rouzier für das Amt des Regierungschefs vorgesehen war.
       Rouzier entstammt einer Familie, die während der US-Besetzung Anfang des
       vergangenen Jahrhunderts den Chef einer Marionettenregierung stellte. In
       Haiti lässt die damalige Kollaboration der Weißen und Mulatten mit der
       US-Regierung noch immer die Emotionen hochschlagen.
       
       ## Präsident ohne Mehrheit
       
       Rouzier regiert über ein Imperium von Unternehmen. Dazu gehören SunAuto,
       einer der großen Autoimporteure, Banken, Kreditanstalten und der
       Stromanbieter E-Power. Vor dem US-Senat forderte er im März 2004 die
       Schaffung von Freihandelszonen in Haiti ohne jegliche Importzölle und die
       Privatisierung öffentlicher Unternehmen, damit "ausländisches Kapital ins
       Land fließen kann". Ein solcher Mann könne kein Regierungschef des Landes
       sein, monierten die Parlamentarier.
       
       Zwar hat Martelly die Präsidentschaftswahl gewonnen, aber im Parlament mit
       99 Sitzen verfügt er nur über drei Mandatsträger. Gegen die
       parlamentarische Mehrheit der Einheitspartei Inité von Exstaatschef René
       Préval kann Martelly nicht regieren.
       
       Solange kein neuer Regierungschef gewählt wurde, führt Prévals früher
       Kabinettschef die Amtsgeschäfte. So regiert durch die Hintertür jener
       vorerst weiter, der durch Wahlmanipulationen, Korruption und Unfähigkeit
       die politische Krise in Haiti nach dem Erdbeben im Januar 2010 erst
       ausgelöst hatte.
       
       24 Jun 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Hans-Ulrich Dillmann
 (DIR) Hans-Ulrich Dillmann
       
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