# taz.de -- Besetzung gegen Hühner-Schlachthof: Gekommen, um zu bleiben
       
       > Wie Tierrechtler im Landkreis Lüchow-Dannenberg einen Acker besetzen und
       > damit die Pläne für einen Mega-Schlachthof durchkreuzen. Der startet
       > später als geplant.
       
 (IMG) Bild: Mit Gewichts- und Preisangabe, aber ohne Antibiotika-Kennzeichnung: in Plastiktüten verpackte Masthähnchen.
       
       BREMEN taz | Landwirt G. aus Teplingen im Landkreis Lüchow-Dannenberg mag
       nichts sagen. "Ich gebe keine Auskunft", raunzt er, das ist alles.
       Immerhin, durchs Telefon kann er einem nicht mit der Holzlatte kommen. Mit
       der wollte sein Sohn erst die TierrechtsaktivistInnen von seinem Grund und
       Boden vertreiben. "Er hat damit gedroht", sagt einer von ihnen, "aber dann
       war wahrscheinlich doch die Hemmschwelle zu groß." Verletzte gibts keine.
       
       Auch der Baggerfahrer, der gestern Früh auf die Schlafzelte zudonnerte, hat
       die Maschine noch gestoppt, gerade so. Seit Sonntag halten die
       AktivistInnen den Bauplatz besetzt, auf dem die Familie G. einen Maststall
       bauen will, für 39.750 Hühner. Mit einem Vertrag von Franz-Josef
       Rothkötters Celler Land Frischgeflügel GmbH (CFG), die dringend Mäster
       braucht: Landwirt G. möchte sich nämlich als Zulieferer für deren
       Mega-Schlachthof in Wietze verdingen.
       
       Genau wie Familie T. aus Schnega, keine 30 Kilometer weiter westlich. Deren
       Maststallbauplatz war vor 14 Tagen besetzt worden, von Leuten der örtlichen
       Initiativen. Die seien "nach Diskussionen dann freiwillig abgezogen", sagt
       Polizeisprecher Kai Richter.
       
       Freiwillig ist ein dehnbarer Begriff: "Der Landwirt hat das hier auf seine
       Art gelöst", erzählt Initiativen-Sprecher Holger Holzhausen. "Der hat über
       Nacht die Beregnungsanlage angemacht." Darauf war man nicht gefasst - war
       halt für viele das erste Mal. Die Leute in Teplingen sind gewiefter. "Die
       haben schon Erfahrung", sagt Holzhausen, der am Sonntag da war, um sichs
       anzuschauen.
       
       Es wirkt wie eine Guerilla-Taktik. Aber die beiden Besetzungen waren nicht
       miteinander koordiniert. Die Motivlagen sind auch unterschiedlich. So waren
       in Schnega zunächst die AnwohnerInnen sauer, dass der Landkreis
       Lüchow-Dannenberg die Anlage genehmigt hat, ohne sich um
       Protest-Unterschriften oder Alternativ-Gutachten zu scheren.
       
       Und je mehr man sich mit der Massentierhaltung befasst hatte, desto mehr
       "trat das ethische Problem in den Vordergrund", sagt Holzhausen.
       
       Für die BesetzerInnen von Teplingen steht dagegen der Kampf gegen
       "legalisierte Tierquälerei" im Vordergrund: Sie sind von außerhalb
       angereist, keiner hatte sie erwartet. "Wir waren selbst überrascht", heißt
       es in einer Mitteilung der lokalen Initiativen. Die begrüßen die Aktion.
       Schließlich hat man einen gemeinsamen Gegner: Wietze, Europas größten
       Schlachthof.
       
       Franz-Josef Rothkötter sagt nichts, und er lässt dazu auch nichts sagen:
       Die Pressearbeit für seine Firma CFG muss ein Düsseldorfer PR-Fuzzy
       erledigen. Der sagt von sich selbst, dass er ja nun so dicht nicht am in
       Haren beheimateten Unternehmen dran sei. "Ich bin kein
       Unternehmenssprecher", erklärt er.
       
       Man sei zwar für Auskünfte übers Unternehmen "hier richtig". Dieses gebe
       aber "keine Wasserstandsmeldungen" darüber ab, wie viele neue Mäster man
       schon an sich binden konnte.
       
       Es gibt aber starke Hinweise darauf, dass man Probleme damit hat, genügend
       Landwirte zu finden, die mit der Hoffnung auf schnellen Profit 500.000 Euro
       in einen Maststall stecken - und sich fest ans Großunternehmen binden. Denn
       ursprünglich sollte der Betrieb in Wietze vor dem Sommer 2011 in zwei
       Schlachtlinien aufgenommen werden und in zwei Schichten.
       
       Dafür wären 400 neue Mastanlagen à 40.000 Hähnchen notwendig gewesen.
       Mittlerweile ist der Schlachtstart aufs Ende der Grillsaison verschoben,
       und die Tiere sollen nur noch in einer Linie entleibt werden, und nur tags,
       nicht rund um die Uhr.
       
       Auch dafür müsste man noch etwa 100 Mäster akquirieren. Anforderungsprofil:
       Ein dickes Fell. Denn dass bis zu fünf Prozent der Tiere schon während der
       Aufzucht elend krepieren, darf den mastwilligen Landwirt ebenso wenig
       stören wie die Proteste der Tierschützerinnen und der Zoff mit den
       Nachbarn.
       
       Denn der ist programmiert: Fast auf jeden zweiten Maststall-Bauantrag in
       Niedersachsen gründet sich eine neue Bürgerinitiative. In Springe, in
       Lachendorf, Peine, Linne/Ellerbeck - es ist längst eine Massenbewegung,
       kommunalwahlentscheidend. Und für Rothkötter: investitionsgefährdend.
       
       Denn wenn es tatsächlich mal sein Plan war, aus der A 7 zwischen Hannover
       und Hamburg einen Hähnchen-Highway für seine Fabrik in Wietze zu machen, an
       dem sich 150 Mastbetriebe aufreihen, so ist er schon jetzt auf ganzer Linie
       gescheitert. Gerade mal vier gibts auf der Strecke. Neu Genehmigungen?
       Fehlanzeige.
       
       "Wir wollen Wietze verhindern", das sagen die BesetzerInnen von Teplingen.
       Das Feld von Landwirt G. zu besetzen - das ist nur ein Nadelstich dagegen.
       Der kann damit schlecht umgehen: Per Trecker und Gabelstapler fährt er
       Attacken gegen die unliebsamen BesucherInnen. Am Sonntag hatte die Polizei
       sie geräumt, das heißt, "wir waren da", so deren Sprecher Richter, "haben
       die Versammlung aufgelöst und eine Vielzahl Personen vom Ort entfernt".
       
       Aber vier hatten sich angekettet. Die sind dageblieben. Dann ist die
       Polizei abgefahren, und die Versammlung über Nacht wieder gewachsen. "Wir
       behalten die im Auge", sagt Richter. Mittlerweile stehen Zelte, eine mobile
       Küche, das Wetter ist trocken. "Baumaterialien könnten wir gut gebrauchen",
       sagt ein Aktivist, "und vegane Lebensmittel." Man sei schließlich "nicht
       gekommen, um schnell wieder abzuziehen".
       
       27 Jun 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Benno Schirrmeister
       
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