# taz.de -- Nach Freilassung von Strauss-Kahn: Comeback bei den Sozialisten?
       
       > Vor seiner Festnahme war Strauss-Kahn Hoffnungsträger der französischen
       > Sozialisten für die Präsidentschaftswahl. Über eine Rückkehr wird nun
       > diskutiert. Strauss-Kahn geht erst einmal aus.
       
 (IMG) Bild: Anne Sinclair ist immer an der Seite ihres Gatten Dominique Strauss-Kahn.
       
       NEW YORK afp/dpa | Die überraschende Wende im Strafverfahren gegen
       Ex-IWF-Chef Dominique Strauss-Kahn hat in Frankreich für politischen Wirbel
       gesorgt. Die Sozialisten diskutieren bereits über ein mögliches politisches
       Comeback des 62-Jährigen, der vor seiner Festnahme als Hoffnungsträger für
       die Präsidentschaftswahl 2012 galt. Strauss-Kahn feierte seine Freilassung
       aus dem Hausarrest am Freitag in einem teuren italienischen Restaurant in
       Manhattan.
       
       Der frühere französische Regierungschef Lionel Jospin sprach nach der
       Entscheidung von einem "Donnerschlag - nur diesmal in umgekehrter
       Richtung". Ex-Parteichef François Hollande, der bei der Präsidentenwahl
       2012 selbst gegen Amtsinhaber Nicolas Sarkozy antreten will, schlug vor,
       die am 13. Juli endende Bewerbungsfrist für die Vorwahlen der Sozialisten
       "bis Ende Juli oder sogar Ende August" zu verlängern, um Strauss-Kahn eine
       Chance zu geben.
       
       Der sozialistische Abgeordnete Arnaud Montebourg, der ebenfalls bei den
       Vorwahlen im Oktober antreten will, wies den Vorschlag zurück. Es gebe
       "keinen Grund", den Zeitplan zu ändern. Sein Parteifreund und Konkurrent
       Manuel Valls sagte, es dürfe nichts "überstürzt" werden. Sozialisten-Chefin
       Martine Aubry, die ebenfalls kandidieren will, erklärte lediglich, sie
       glaube, dass die Wahrheitsfindung in den Vereinigten Staaten vorankomme.
       
       Die Franzosen stehen einer Rückkehr des Ex-IWF-Chefs auf die politische
       Bühne einer Umfrage zufolge gespalten gegenüber. Während sich in einer am
       Sonntag in der Zeitung Le Parisien veröffentlichten repräsentativen Umfrage
       49 Prozent der Befragten für ein politisches Comeback des 62-Jährigen
       aussprachen, waren 45 Prozent der Befragten dagegen. Bei den Anhängern der
       Sozialisten, der Partei Strauss-Kahns, waren 65 Prozent für seine Rückkehr
       in die Politik und 33 Prozent dagegen.
       
       ## Trüffel für 100 Dollar
       
       Der Fall ist zwar noch nicht abgeschlossen und Strauss-Kahn steht nach wie
       vor unter Anklage, dennoch feierte Strauss-Kahn am Freitag das Ende seines
       Hausarrests. Gemeinsam mit seiner Frau Anne Sinclair und einem befreundeten
       Paar besuchte Strauss-Kahn am Freitagabend das italienische Restaurant
       Scalinatella an Manhattans Upper East Side. Der 62-jährige Franzose
       bestellte nach Angaben des Besitzers Pasta mit Trüffeln für 100 Dollar
       (knapp 70 Euro), insgesamt belief sich die Rechnung auf rund 600 Dollar.
       
       Als Strauss-Kahn und seine Frau das Restaurant durch die Hintertür
       verließen, gab es ein Blitzlichtgewitter der dort wartenden Fotografen. Die
       beiden lächelten und antworteten nicht auf die Fragen der Journalisten.
       Nach der Entscheidung des Gerichts war der frühere IWF-Chef zunächst in die
       Wohnung zurückgekehrt, in der er zuvor unter Hausarrest stand. Später
       wurden Luftballons in den französischen Nationalfarben geliefert, darunter
       eine aufblasbare Freiheitsstatue.
       
       Ein New Yorker Gericht hatte zuvor entschieden, Strauss-Kahn wegen Zweifeln
       an der Glaubwürdigkeit des mutmaßlichen Vergewaltigungsopfers freizulassen.
       Die Ermittlungen gegen ihn werden aber fortgesetzt. Da die Justiz
       Strauss-Kahns Pass einbehielt, kann er sich vorläufig nur innerhalb der USA
       frei bewegen.
       
       Die aus Guinea stammende Hotelangestellte, die Strauss-Kahn massive
       sexuelle Übergriffe in einem Hotel vorwirft, hatte seit dem angeblichen
       Vorfall am 14. Mai laut Staatsanwaltschaft mehrfach gelogen. Weniger als 24
       Stunden, nachdem sie die Vorwürfe gegen Strauss-Kahn erhoben hatte, führte
       sie Berichten zufolge ein Telefonat mit einem in Haft sitzenden Freund und
       besprach dabei die Vorteile eines Vorgehens gegen Strauss-Kahn.
       
       ## "Dieser Typ hat viel Geld"
       
       Wie die New York Times am Samstag berichtete, war es offenbar dieser Anruf,
       der die Ermittler hellhörig machte. Das in der Sprache Fulani geführte
       Gespräch sei im Gefängnis aufgezeichnet, aber erst am Mittwoch übersetzt
       worden. Laut NYT sagte die 32-Jährige sinngemäß zu dem Mann: "Mach dir
       keine Sorgen, dieser Typ hat viel Geld, ich weiß, was ich tue." Die
       schwierige Übersetzung des Telefongesprächs hat die Freilassung
       Strauss-Kahns wohl um Wochen verzögert.
       
       Das Protokoll sei nur das letzte Element in einer Serien von
       Ungereimtheiten gewesen. Unmittelbar nach der Tat habe sich die Frau noch
       als "sehr fromme, demütige muslimische Frau" bezeichnet, "eine scheinbar
       ideale Zeugin", schreibt das Blatt. Sie habe aber bei ihrem Asylantrag über
       eine angebliche Vergewaltigung in ihrer Heimat ebenso gelogen wie über ihre
       finanziellen Verhältnisse. So soll der kriminelle Freund immer wieder Geld
       auf ihr Konto eingezahlt haben, insgesamt um die 100.000 Dollar (69.000
       Euro).
       
       ## Der Fall scheint damit vorbei
       
       Beobachter in den USA rechnen damit, dass der Fall damit vorbei ist, auch
       wenn der Richter den nächsten Gerichtstermin am 18. Juli noch einmal
       ausdrücklich bestätigte. "Der Fall ist einen Schritt näher an der
       Einstellung", schrieb die NYT am Samstag. Es gebe zu viele Lücken in der
       Glaubwürdigkeit der Kronzeugin. "Der Fall ist vorbei. Oder er sollte
       zumindest vorbei sein", schrieb das Wall Street Journal. Dem Fernsehsender
       CBS sagte die Rechtsexpertin und frühere Staatsanwältin Sunny Hostin, die
       Sache sei quasi beendet: "Der Staatsanwalt hat die Anklage noch nicht
       fallengelassen, aber ich erwarte das bald."
       
       Der Anwalt des mutmaßlichen Vergewaltigungsopfers warnte die
       Staatsanwaltschaft davor, den Fall einzustellen. Seine Mandantin habe zwar
       "Fehler" gemacht, sagte Anwalt Kenneth Thompson. Gerichtsmedizinische
       Beweisstücke belegten jedoch Strauss-Kahns Schuld. Berichte, wonach die
       Frau in Drogenhandel oder Geldwäsche verstrickt sei, seien "eine Lüge".
       
       Strauss-Kahn will sich in der Öffentlichkeit zunächst bedeckt halten. "Er
       wird sich äußern, wenn jeglicher Verdacht beseitigt ist", sagte sein
       französischer Anwalt Jean Veil am Freitagabend dem Fernsehsender BFM TV.
       Dies werde dann sein, wenn Strauss-Kahn zurück in Frankreich sei. Ein
       Zeitpunkt dafür ist allerdings noch völlig ungewiss.
       
       3 Jul 2011
       
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