# taz.de -- Entscheidungsspiel für Norwegen: Warten auf das Aufwachen
       
       > Den Altmeisterinnen aus Norwegen droht ein trostlos WM-Aus. Sie haben die
       > Entwicklung im Frauenfußball schlicht verschlafen. Doch die Trainerin
       > glaubt weiter an den Titel.
       
 (IMG) Bild: Vertraut auf ihren bisher glücklosen Angriff: Norwegens Trainerin Eli Landsem
       
       Es ist eine völlig neue Situation für die norwegische Nationalmannschaft.
       Sechs Mal war sie vor diesem Turnier für eine Weltmeisterschaft
       qualifiziert. Sechs Mal hatte sie nie größere Probleme gehabt, die Vorrunde
       zu überstehen.
       
       Und nun stehen die Norwegerinnen vor einem echten Endspiel um die
       Qualifikation für das Viertelfinale. Sie müssen heute in Leverkusen gegen
       Australien (6.7., 18 Uhr, ARD) gewinnen. Sonst sind sie raus. Dem
       australischen Team reicht ein Unentschieden.
       
       Und dieses gilt zudem noch als Favorit. Nach dem beherzten Auftritt gegen
       Brasilien, der mit einer unglücklichen 0:1-Niederlage endete, waren vor
       allem die Siegerinnen beeindruckt. Verteidigerin Aline war derart voll des
       Lobes, dass sie prophezeite: „Die können ganz weit kommen.“ Eli Landsem,
       die Trainerin Norwegens, tut indes weiter so, als sei ihr Team fest für das
       Viertelfinale gebucht. „Ich glaube, wir haben unsere Lektion gelernt“,
       sagte sie vor dem entscheidenden Spiel.
       
       Dass ihr Team doch arg zurückhaltend agiert hat, bei der 0:3-Niederlage
       gegen Brasilien, ist auch ihr nicht verborgen geblieben. Schon beim
       glücklichen Erfolg gegen Äquatorialguinea waren die Norwegerin merkwürdig
       verschlafen aufgetreten.
       
       Es bleibt ein Rätsel, woher Eli Landsem ihre Zuversicht hernimmt. Zumal sie
       ein „hartes Match“ erwartet. „Hart arbeiten“ müssten ihre Spielerinnen,
       sagte sie. Genau das aber haben sie bislang nicht getan. Landsem, die ihr
       Team weiterhin zu dem Geheimfavoriten auf dem WM-Titel zählt, beharrt auf
       ihre Sicht der Dinge: „Wir glauben fest an den Viertelfinaleinzug.“
       
       ## Australien will wieder stark rotieren
       
       Vorbereitet wird ihr Team auch diesmal vom mitgereisten Videoanalysten
       Kenneth Wilsgaard. Doch ob seine Befunde der Trainerin weiterhelfen werden,
       ist ungewiss. Denn Tom Sermanni, Australiens Coach, will die Norwegerinnen
       überraschen. Er plant, das Team auf mehreren Positionen umzubauen. Er ist
       der große Rotator unter den Trainern und Trainerinnen dieser WM.
       
       Vor dem zweiten Gruppenspiel hatte er sein Team auf fünf Positionen
       umbesetzt und sogar die gegen Brasilien so starke Stürmerin Lisa de Vanna
       auf die Bank gesetzt. „Es werden sicher zwei bis drei neue Gesichter zu
       sehen sein“, kündigte er an. „Das soll uns ein wenig mehr Frische geben“,
       sagte er.
       
       Nach Frische suchen die Norwegerinnen schon länger. Eli Landsem gibt zu:
       „Wir hatten zwischenzeitlich die Entwicklung im Frauenfußball ein bisschen
       verschlafen.“ Es ist so gar nichts übrig geblieben vom alten Glanz der
       Weltmeisterinnen von 1999 und den Olympiasiegerinnen von Sydney im Jahre
       2000. Es war Landsems expliziter Auftrag, „etwas zu finden, was uns zu
       einem besseren Team im Vergleich zu den anderen Nationen macht“. Gelungen
       ist es ihr bislang nicht.
       
       ## Merkwürdig zurückhaltend
       
       Ach, hätten wir nur! Landsem redet vor dem Gruppenfinale immer noch
       darüber, was ihre Spielerinnen alles besser hätten machen können in den
       Spielen zuvor, was sie eigentlich besser können. Das Angriffsspiel will sie
       verbessern. Die Norwegerinnen wollen das Heft des Handelns in die Hand
       nehmen. Das trauen wohl nur noch sie selbst sich zu.
       
       Gegen Äquatorialguinea wollten sie auch das Spiel machen. Das ging so weit,
       dass die Afrikanerinnen öfters allein vor Norwegens Torhüterin Ingrid
       Hjemseth aufgetaucht sind. Nur wegen ihr verließ Norwegen das Feld als
       Siegerin.
       
       Und gegen Brasilien waren die Norwegerinnen derart eingeschüchtert, dass
       sie beinahe nichts nach vorne unternommen haben. Landsem vertraut auch
       gegen Australien den Spielerinnen, die bislang so merkwürdig zurückhaltend
       agiert haben. Eine von ihnen ist Mittelfelddenkerin Ingvild Stenslund. Die
       29-Jährige war so lange verletzt, dass sie vor der WM nur ein paar Minuten
       für ihren Klub Olympique Lyon gespielt hat.
       
       Bis jetzt hat sie nicht den Eindruck gemacht, als sei sie drin im Turnier.
       Nach dem Spiel am Abend könnte sie schon ganz raus sein.
       
       6 Jul 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Andreas Rüttenauer
       
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