# taz.de -- Rassismus in Rumänien: Die Roma sollen eingemauert werden
       
       > Der Bürgermeister von Baia Mare will Blocks, in denen Roma leben, von
       > einer Trennwand umgeben lassen. Dies sei eine Maßnahme, um die Bewohner
       > vor Autoabgasen zu schützen.
       
 (IMG) Bild: Bald von einer Mauer umgeben: einer der Wohnblocks in Baia Mare.
       
       BERLIN taz | Der Bürgermeister der nordrumänischen Industriestadt Baia Mare
       Catalin Chereches hat beschlossen drei Wohnblocks, in denen Roma leben, mit
       einer 1,80 m hohen Mauer zu umgeben. Im Vorfeld soll es Beschwerden
       unmittelbarer Nachbarn gegeben haben, die sich durch den Unrat, das
       Kindergeschrei und die laute Musik der Bewohner der Blocks belästigt
       fühlten. Das Unterfangen wurde vom Stadtrat abgesegnet.
       
       Der Bürgermeister erklärte unverfroren, der Beschluss sei im Einverständnis
       mit den Bewohnern der "dort lebenden Gemeinschaft" gefasst worden. Die als
       "Gemeinschaft" bezeichneten Bewohner sind ausschließlich Roma. Sie siedeln
       seit einiger Zeit in den drei heruntergekommenen Blocks. Die meisten von
       ihnen haben keinen Arbeitsplatz und sind auf Sozialleistungen angewiesen.
       
       "Was wir vorhaben ist nur eine Schutzmaßnahme", erklärte Chereches am
       Mittwoch bei einer Diskussion mit Vertretern von Romaorganisationen und dem
       Leiter der Bukarester Antidiskriminierungsbehörde. Der Bürgermeister
       versuchte den Eindruck zu erwecken, der Vorschlag zur Errichtung der Mauer
       sei auf die Roma selbst zurückzuführen. Er sei nur deren Wunsch
       nachgekommen und beabsichtige die Roma vor den Abgasen vorüberfahrender
       Autos zu schützen.
       
       Zuvor hatte die Romaorganisation Romani Criss einen auch von Amnesty
       International und der Organisation "Sanse egale" (Chancengleichheit)
       unterstützten Protestbrief veröffentlicht, in dem der Plan des
       Bürgermeister als eine menschenverachtende Maßnahme bezeichnet wird. "Diese
       Initiative der lokalen Behörden aus Baia Mare", heißt es in dem Papier,
       "ist zutiefst diskriminierend und führt zur Ghettoisierung und Entwürdigung
       der Roma". Im gleichen Protestschreiben wird der Plan als eine
       "Erniedrigung" der Roma, als eine "flagrante Missachtung der bestehenden
       rumänischen Gesetze" und als ein Verstoß gegen die internationalen
       Antidiskriminierungsbestimmungen beschrieben.
       
       ## Administrative Isolation
       
       Zudem machen die Verfasser des Schreibens auf ein weiteres Vorhaben der
       lokalen Behörden aufmerksam, wonach am Stadtrand, auf einer giftigen
       Schlackhalde ein für Roma bestimmtes Wohnhaus errichtet werden soll.
       
       Die geplante Mauer in Baia Mare ist nicht der erste Versuch in Rumänien,
       der darauf abzielt, Roma von dem Rest der Bevölkerung abzusondern und in
       die administrative Isolation zu treiben. Vor 10 Jahren kam ein Projekt des
       Bürgermeisters aus Piatra Neamt in die Schlagzeilen der internationalen
       Presse. Dieser hatte angekündigt, Roma in einstige Hühnerställe
       zwangsunterbringen zu wollen. Auf Druck der Öffentlichkeit wurden die Pläne
       jedoch rückgängig gemacht.
       
       Die in einigen überregionalen Bukarester Zeitungen veröffentlichten
       Berichte über die geplante Mauer in Baia Mare löste eine wahre Explosion
       von Leserbriefen aus. Darin wird die Maßnahme fast einhellig begrüßt und
       sämtlichen Ortschaften, in denen Roma wohnen, als nachahmungswürdiges
       Beispiel empfohlen. Einige der Briefe strotzen von rassistischen
       Anfeindungen und beinhalten direkte Aufforderungen zur Ausrottung des
       "Zigeunergesindels". "Die Mauer sollte 4 Meter hoch sein und mit unter
       elektrischem Strom stehenden Stacheldraht abgesichert werden", forderte ein
       Zeitungsleser. Und ein anderer fügte hinzu: "Das ist ein historischer Tag.
       Zum ersten Mal hat jemand den Mut mit diesen Raben Tacheles zu reden.
       Bravo, Bürgermeister!"
       
       7 Jul 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) William Totok
       
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