# taz.de -- Neues Tierschutzlabel "Tierwohl": Strenger als Bio, bekannter als Neuland
       
       > Der Tierschutzbund startet das neue "Tierwohl"-Label für Fleisch.
       > Beteiligt sind auch Konzerne wie der Schlachthausriese Vion und die
       > Supermarktkette Kaisers.
       
 (IMG) Bild: Zu schnell fett zu werden ist für dieses Schwein vielleicht bald verboten.
       
       BERLIN taz | Der Deutsche Tierschutzbund will ein Siegel für besonders
       tierfreundlich erzeugte Fleisch-, Eier- und Milchprodukte vergeben. "Mit
       dem Label sollen zukünftig Produkte tierischen Ursprungs gekennzeichnet
       werden, bei denen Tierschutzstandards weit über den gesetzlichen Vorgaben
       eingehalten werden", teilte Deutschlands größte Tierschutzorganisation mit.
       
       So ließe sich das Leben vieler Tiere verbessern. Ab Herbst solle das Siegel
       für Schweine- und Hühnerfleisch verfügbar sein.
       
       "Unser Label soll mehr Kriterien haben als das Bio- und das Neulandsiegel",
       sagt Inke Drossé, Agrarexpertin des Tierschutzbunds. Auch die Bioregeln und
       der Verein Neuland verlangen etwa mehr Platz im Stall als in der Branche
       üblich. Aber Biomastbetriebe würden auch konventionelle Hühnerarten halten,
       die so schnell Fleisch ansetzen, dass das Skelettwachstum nicht mehr
       nachkommt, kritisiert Drossé.
       
       ## Gewichtszunahme begrenzen
       
       Die Folge: Die Tiere humpeln, lahmen oder können sich aufgrund der
       Schmerzen gar nicht mehr fortbewegen. Das Tierschutzlabel verhindert das
       laut Drossé, indem es festlegt, wie viel Gramm die Tiere pro Tag höchstens
       zunehmen dürfen. Allerdings verlange das Label anders als die Bioregeln
       nicht, dass das Futter ohne umweltschädliche Pestizide und Mineraldünger
       angebaut wird, so Felix Prinz zu Löwenstein, der Vorstandsvorsitzende des
       Bundes Ökologische Lebensmittelwirtschaft.
       
       Auch aus Tierschutzsicht macht das neue Siegel Kompromisse. Denn das Label
       wird es auch in einer laxeren "ersten Stufe" geben: Die schreibt zwar laut
       Tierschutzbund beispielsweise vor, dass der Stall mehr Platz und mehr
       Beschäftigungsmöglichkeiten bietet als gesetzlich verlangt. Zusätzlich wird
       es verboten sein, die Schwänze der Tiere zu stutzen oder Mastschweine ohne
       Betäubung zu kastrieren. Aber nur Stufe zwei des Labels verlangt Auslauf im
       Freien und so viel Platz im Stall, dass Expertin Drossé weitgehend
       zufrieden ist. Immerhin gilt die Regel: Wer die erste Labelstufe anbieten
       möchte, muss auch Produkte aus Stufe zwei führen. Drossé bezeichnet Stufe
       eins als "Einstiegslabel".
       
       ## Tierwohl statt Bio oder Neuland
       
       Dass die Bedingungen auch eingehalten werden, soll ein
       Zertifizierungsunternehmen überprüfen, das der Tierschutzbund beauftragt.
       Die Kosten müssen die Firma tragen, die das Siegel auf ihren Produkten
       benutzen will. "Der Tierschutzbund wird daran nicht verdienen", erklärt
       dessen Agarexpertin Drossé.
       
       Die Organisation hofft, dass das Label auf mehr Ware kleben wird als das
       Bio- und das "Neuland"-Siegel, dessen Trägerverbände die Umweltorganisation
       BUND, die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft und ebenfalls der
       Tierschutzbund sind. "Auch nach über 20 Jahren Neuland kommen wir nicht aus
       der Nische heraus. Wir und Bio haben kein Prozent Marktanteil", sagt
       Neuland-Bundesgeschäftsführer Jochen Dettmer. Deshalb begrüßen er und der
       BUND das neue Label ausdrücklich. Der Markt sei groß genug für mehrere
       Siegel. Immerhin 20 Prozent der Verbraucher sind der Universität Göttingen
       zufolge bereit, für besonders tiergerecht erzeugte Produkte extra zu
       bezahlen.
       
       ## Große Schlachthofbetreiber sind dabei
       
       Bisher sind solche Waren jedoch nicht flächendeckend erhältlich. Dafür,
       dass das beim neuen Label anders wird, spricht vor allem eines: An seiner
       Entwicklung beteiligen sich auch große konventionelle
       Lebensmittelunternehmen. Denn Basis des Siegels ist das Konzept der
       "Initiative Tierwohl-Label", für die die Universität Göttingen auch einen
       der größten Schlachthofbetreiber, Vion, und den Supermarktkonzern Kaisers
       Tengelmann gewonnen hat.
       
       Die Tierrechtsorganisation Peta dagegen lehnt es ab, bei der Initiative
       mitzuarbeiten. "Wer sich wirklich um das Wohl der Tiere kümmert, sollte sie
       gar nicht essen", sagt Peta-Berater Edmund Haferbeck. "Ein
       ,Tierschutzlabel' ist ein Freifahrtschein für Ausbeutung und Tötung von
       Tieren." Die Erfahrung zeige, dass Branchen, die mit der Nutzung von Tieren
       Geld verdienen, niemals Regeln einhalten. Deshalb kämpfe Peta für eine
       vegane Lebensweise - also für den Verzicht auf alle Produkte, die
       tierischen Ursprungs sind.
       
       7 Jul 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Jost Maurin
       
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