# taz.de -- Merkel zu Besuch in Afrika: Angela nach Angola
       
       > In Europa kriselt der Euro, während Afrika glänzt. Die Wirtschaft dort
       > brummt. Die Kanzlerin hat mit Kenia, Angola und Nigeria Wachstumsmotoren
       > als Reiseziele gewählt.
       
 (IMG) Bild: Jetzt besucht sie ihn: Angela Merkel empfängt 2009 den Präsident von Angola, Jose Eduardo dos Santos.
       
       BERLIN taz | Vom Krisenkontinent Europa in den Zukunftskontinent Afrika -
       unter diesem ungewohnten Vorzeichen bricht Bundeskanzlerin Angela Merkel an
       diesem Montag zu ihrer zweiten Afrikareise als deutsche Regierungschefin
       auf. Die Reise nach Kenia, Angola und Nigeria soll dazu beitragen,
       endgültig ein neues Afrikabild in der deutschen Politik zu verankern -
       Afrika nicht mehr als Hort von Problemen und Empfänger von Hilfe, sondern
       als Kontinent der Chancen und der Veränderungen. "Auf gemeinsamer
       Augenhöhe" wolle sie in den drei Ländern über wirtschaftliche
       "Partnerschaft" reden, sagte Merkel am Wochenende.
       
       Während daheim die Eurokrise den Horizont verdüstert, erscheint Afrika als
       Lichtblick. Afrikas Wirtschaft wuchs 2010 laut der Afrikanischen
       Entwicklungsbank (AfDB) um 4,9 Prozent, für die nächsten Jahre sind
       dauerhaft Raten von über 5 Prozent prognostiziert. In immer mehr Ländern
       liegt die Rate sogar bei über 7 Prozent, die weltweit als Mindestwachstum,
       um Armut dauerhaft zu verringern, gelten. Afrikas Bevölkerung wird sich bis
       zum Jahr 2050 auf 2 Milliarden Menschen verdoppeln.
       
       ## Neues Afrikakonzept
       
       Der Internetverkehr wächst jährlich weltweit um 36 Prozent - in Afrika um
       68. Der deutsch-afrikanische Außenhandel verzeichnete 2010 laut
       Afrika-Verein der deutschen Wirtschaft ein Plus von 17 Prozent, auf 37
       Milliarden Euro. Das neue Afrikakonzept der Bundesregierung von letztem
       Monat nennt "eine gleichberechtigte Partnerschaft" als Ziel.
       
       Deswegen stehen Wirtschaftstreffen im Mittelpunkt: Feierliche Eröffnung der
       Deutsch-Angolanischen Wirtschaftskonferenz in Luanda am Mittwoch, Rede zum
       Auftakt des 4. Deutsch-Nigerianischen Wirtschaftsforums in Abuja am
       Donnerstag. "In Afrika gibt es Wachstum, in Europa sehen wir Verluste",
       sagte in Nigeria Jens-Peter Breitengroß, Präsident des Afrika-Vereins der
       deutschen Wirtschaft, der maßgeblich an der Organisation der Reise
       beteiligt ist. "Hier gibt es noch Interesse an Geschäften."
       
       Kenia, Angola und Nigeria sind mit Bedacht gewählt. Die drei Länder gelten
       jeweils als die Wachstumsmotoren des östlichen, südlichen und westlichen
       Afrika. Angola und Nigeria sind Afrikas größte Ölförderer.
       
       Die Regierung von Kenia sieht sich bestätigt als wichtigster Partner
       Deutschlands in Ostafrika. Premier Raila Odinga hat mehr Affinitäten zu
       Merkel als die meisten anderen afrikanischen Politiker. Er studierte in der
       DDR und regiert seit 2008 in einer großen Koalition. Odinga hielt sich Ende
       Juni zu einem Arzttermin in Deutschland auf und lobte die engen Beziehungen
       im Wirtschafts- und Bildungsbereich.
       
       ## Auf Honeckers Spuren
       
       Dass die deutsche Politik die Ölriesen Angola und Nigeria würdigt, ist
       überfällig. Öl ist das wichtigste afrikanische Exportgut für Deutschland:
       Erdöl machte 2010 rund 37 Prozent der deutschen Einfuhren aus Afrika aus,
       und Deutschland bezog 2010 rund 16 Prozent seines Öls im Wert von 6,3
       Milliarden Euro aus Afrika, damals allerdings noch mit Libyen an erster
       Stelle. Nigeria ist Deutschlands zweitgrößter afrikanischer Handelspartner
       nach Südafrika, mit einem Volumen von rund 4 Milliarden Euro in diesem
       Jahr. Der letzte deutsche Regierungschef, der Nigeria besuchte, war 1976
       Helmut Schmidt. In Angola war es 1979 Erich Honecker. Damals schlug die DDR
       Angola vor, Kaffee anzubauen, den man statt mit Devisen mit Waffen bezahlen
       könne.
       
       Wie einst Honecker wird auch Merkel in Angola mit einer Militärparade
       geehrt werden. Dass Angola jetzt die größte Aufmerksamkeit mit der
       Eröffnungsrede der Kanzlerin bei der Wirtschaftskonferenz erhält, kommt
       nicht von ungefähr. Das einst bitterarme Land hat seit dem Ende des
       Bürgerkrieges, der mehrere Millionen Menschen das Leben kostete, dank
       seines Ölreichtums den größten Boom Afrikas seit 2002 erlebt mit
       durchschnittlich 10 Prozent Wachstum pro Jahr. Aus der einstigen
       sozialistischen Parteiführung, die seit Jahrzehnten regiert, ist inzwischen
       eine korrupte Gruppe geworden, die kräftig am Öl verdient. Angolas
       Handelsbeziehungen zu Deutschland weiten sich dennoch aus. Nach Angaben des
       Bundeswirtschaftsministeriums wuchs das Volumen im ersten Quartal 2011 um
       46 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum.
       
       Angola will sich nun vom Öl lösen und setzt dabei auf Deutschland. "Es geht
       vor allem um eine Diversifizierung der Wirtschaft und die Überwindung der
       Abhängigkeit vom Erdöl", sagte Angolas Wirtschaftsminister Abraão dos
       Santos Gourgel im Juni auf dem 4. Deutsch-Angolanischen Wirtschaftsforum in
       München und lud Unternehmen ein zu investieren: "Ganz besonders wollen wir
       im Energiebereich einen Schwerpunkt setzen. Auch deutsche Banken sollen
       stärker präsent sein."
       
       Merkel will in Angola eine deutsch-angolanische "Energiepartnerschaft" ins
       Leben rufen, so wie sie vor vier Jahren bereits mit Nigeria entstand. Diese
       hat allerdings noch nicht viel gebracht. Nigerias 150 Millionen Einwohner
       warten trotz des Ölreichtums noch immer auf eine verlässliche Versorgung
       mit Benzin und Strom. Dennoch ist Nigeria im Begriff, Ägypten und Marokko
       als größter afrikanischer Telekommunikationsmarkt abzulösen, berichtet das
       US-Prognoseinstitut Cisco. Knapp 37 Prozent des afrikanischen
       Internetverkehrs kämen inzwischen aus Nigeria. Engpässe erschweren aber das
       Wachstum. "Die Breitbandversorgung liegt bei 12 Prozent, aber wir brauchen
       30 bis 40 Prozent", sagt Funke Opeke, Geschäftsführerin des Anbieters Main
       One.
       
       ## Neue Breitbandkapazitäten
       
       Der nigerianische Anbieter Globacom, der 2010 das größte
       europäisch-afrikanische Unterwasserkabel "Glo 1" an Nigeria angeschlossen
       hat, fürchtet, dass am Ende doch nur 1 Prozent der in dem Land verfügbaren
       Breitbandkapazität genutzt werden kann, weil die Verbraucher weiterhin
       nicht erreicht werden. Das Problem, so Globacom-Chef Fola Aderibige, liegt
       nicht nur in der Energieversorgung, sondern auch in den
       Startschwierigkeiten für lokale Provider. "Wir wollen jetzt die nötige
       Breitbandkapazität in allen größeren Städten bereitstellen und den
       Providerfirmen die Last des hohen Startkapitals nehmen."
       
       Globacom arbeitet mit der deutschen Baufirma Julius Berger zusammen, neben
       Siemens einem der Hauptsponsoren des Deutsch-Nigerianischen
       Wirtschaftsforums. Ein weiterer Sponsor ist der Softwareentwickler SAP, der
       auch auf Expansion in Afrika setzt. Anfang Juli wurde das weltweite
       Netzwerk von SAP-Usern auf Indien und Afrika ausgeweitet. Mit dabei sind
       nun 130 afrikanische Unternehmen; vor allem Angola, Kenia, Nigeria und
       Südafrika sind Mitglieder des neuen Netzwerks "Afsug". Als Nächstes will
       SAP technische Hochschulen in Südafrika, Ruanda, Uganda und Ghana eröffnen.
       
       Kenia ist an deutscher Solar- und Windkrafttechnologie interessiert. Von
       Deutschland erhofft sich Kenias Finanzminister Uhuru Kenyatta Unterstützung
       beim Ausbau erneuerbarer Energien und bei der Energieeffizienz. "Wir haben
       eine Politik der Diversifizierung der Energiequellen eingeleitet", so
       Kenyatta. "Wir wollen uns nicht mehr auf Wasserkraft verlassen." Die
       Förderung alternativer Energien ist in Afrika ein Zukunftssektor, sagt auch
       die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW). "In Afrika sind Schätzungen
       zufolge etwa 90 Prozent des Potenzials als regenerativen Energien noch
       ungenutzt", heißt es in einem vergangene Woche veröffentlichten KfW-Papier,
       das auf Sonnenenergie, Wasser-, Windkraft und Geothermie verweist.
       
       ## Strom aus der Wüste
       
       Hier treffen sich die Interessen. Afrikas großer Sprung aus der Armut
       gelingt nur, wenn die Masse der Bevölkerung verlässlichen Zugang zu
       bezahlbarem Strom bekommt. Und Deutschlands Energiewende gelingt nur, wenn
       die Versorgung auf regenerative Energien umgestellt wird, etwa auf
       Solarstrom aus Afrika. Ein Projekt ist das von Greenpeace und der
       Bundesregierung gemeinsam unterstützte "Desertec" in Nordafrika. Solche
       Projekte werden aber in Afrika nur dann Akzeptanz finden, wenn sie auch der
       Bevölkerung in Afrika nutzen. Daraus ergeben sich gemeinsame Interessen.
       
       Dass deutsche Unternehmen - anders als etwa chinesische - einen guten Ruf
       in Afrika haben, hilft. "Deutschland ist ein verlässlicher Partner", sagt
       Jaiye Doherty, Geschäftsführer der Nigerianisch-Deutschen
       Wirtschaftsvereinigung. "Es liefert Produkte hoher Qualität, es hält sich
       an Abkommen und Verträge. Jetzt ist deutlich zu sehen, dass deutsche
       Unternehmen ihre Aktivitäten bei uns ausweiten wollen."
       
       Mitarbeit: Brian Adero (Nairobi), Damiyawo Domingo (Luanda), Bimbo Omitooki
       (Lagos)
       
       10 Jul 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Dominic Johnson
       
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