# taz.de -- Kolumne aufm Platz: Absonderliches Abwehrverhalten
       
       > Brasilien ist – trotz Marta – immer noch ein Entwicklungsland, was den
       > Frauenfußball angeht.
       
       Brasiliens Trainer Kleiton Lima war auch in der Niederlage stolz auf sein
       Team. Stolz darauf, ein gutes Turnier abgeliefert zu haben: „Wir haben
       eigentlich nicht verloren.“ Nach dem Spiel war er gefragt worden, ob er das
       Ergebnis gerecht finde? Er verstand die Frage nicht.
       
       „Gerecht? Beide Mannschaften hätten gewinnen können“, sagte er. „Es gab
       Phasen, in denen wir deutlich besser waren, aber unser Chancen nicht
       verwertet haben. Mal gab es mehr Spielanteile auf der einen Seite, mal auf
       der anderen.“ Er hob die Schultern. „Wer gewinnt, hat es verdient. In
       diesem Fall waren das die USA.“
       
       Seine Spielerinnen seien am Boden zerstört, sagte Lima, der selbst so
       richtig niedergeschlagen nicht wirkte. Er will weiterarbeiten in Brasilien.
       Angst um seinen Posten als Nationaltrainer hat er nicht. Kleiton Lima
       musste lachen, als er nach seiner persönlichen Zukunft gefragt wurde. Er
       sieht sich als denjenigen, der den Frauenfußball in Brasilien überhaupt am
       Leben hält.
       
       „Wir sind lange nicht so weit wie in Nordamerika oder in Europa. Auch in
       Asien ist man viel weiter.“ Und so sieht sich Lima als unentbehrlichen
       Entwicklungshelfer. „Glauben Sie mir, die tägliche Arbeit ist nicht so
       leicht“, sagte er.
       
       Für ihn, der sich so glücklich schätzt, mit einer „immer genialen“ Marta
       zusammenarbeiten zu dürfen, ist es kein Wunder, dass sich am Sonntag die
       Mannschaft mit der besseren Physis durchgesetzt hat. Dass die US-Frauen
       körperlich stärker waren, habe jeder sehen können im Stadion: „Ihre langen
       Bälle fliegen weiter als unsere langen Bälle.“
       
       Ganz klein hat Lima das Frauenfußballland Brasilien geredet. Einen
       regulären Ligabetrieb mit konkurrenzfähigen Klubs, in denen auch
       kontinuierlich an der Fitness gearbeitet wird, so etwas gibt es in vielen
       Bundesstaaten überhaupt nicht. Von den Bedingungen, unter denen in
       Deutschland Frauenfußball gespielt wird, schwärmte Lima regelrecht. Nur im
       Bundesstaat São Paulo wird kontinuierlich gearbeitet. Da dominiert der FC
       Santos, der sich nach der WM 2007 entschlossen hat, den Frauenfußball zu
       fördern, und bei dem nun die meisten Nationalspielerinnen trainieren.
       
       So fehlt in der Heimat echte Konkurrenz, und es ist vielleicht nicht
       verwunderlich, dass sich so viele taktische Undiszipliniertheiten
       einschleichen, je länger ein Spiel dauert. Das Abwehrverhalten vor dem
       Ausgleich der Amerikaner ist mit dem Wort verwunderlich noch harmlos
       umschrieben. Coach Lima gab auch am Sonntag das ganze Spiel über
       Anweisungen, schickte die spiellustigen Verteidigerinnen, die für einen
       Konter quer über das Feld gelaufen sind, zurück auf ihre Position.
       
       Er hatte hart zu arbeiten an der Ordnung im Team und war so noch während
       des Turniers eine Art fußballerischer Entwicklungshelfer.
       
       11 Jul 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Andreas Rüttenauer
       
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