# taz.de -- Medienzensur in Ungarn: Präsident Schmitt ist ein ...bieeeep...
       
       > Ungarns Medienüberwacher strafen nun auch Blogs und Online-Kommentare ab.
       > 600 RundfunkmitarbeiterInnen wurden gefeuert, im Herbst sollen weitere
       > 400 folgen.
       
 (IMG) Bild: Die Online-Ausgabe der kritischen Tageszeitung "Népszava", gegen die die Medienbehörde ein Verfahren eingeleitet hat.
       
       WIEN taz | Ungarns Medienbehörde zeigt ihre Zähne. Kaum hat Premier Viktor
       Orbán von der rechtspopulistischen Fidesz die EU-Ratspräsidentschaft
       abgegeben und sein Land damit ein wenig aus dem medialen Scheinwerferlicht
       geholt, steht die Freiheit der Medien auf dem Prüfstand.
       
       Die Medienbehörde (NMHH) hat jetzt ein Verfahren gegen die
       [1][Online-Ausgabe] der kritischen Tageszeitung Népszava eingeleitet. Jenö
       Bodonovich, der Ombudsmann der Medienstelle, reagierte damit auf eine
       Anzeige niemandes Geringeren als des Kommunikationsstaatssekretärs Zoltán
       Kovács. Sie richtet sich nicht gegen einen redaktionellen Beitrag, sondern
       gegen einen Leserkommentar zu einem Artikel, der auf der Website der
       Zeitung publiziert worden war. Genaueres ist nicht bekannt: weder um
       welchen Artikel, noch um welchen Kommentar es sich handelt. Nicht einmal
       der betroffenen Redaktion wurden diese Details enthüllt.
       
       Die Medien hatten den schurkischen Kommentar aber schnell geortet. Sie
       gehen davon aus, dass ein Beitrag gemeint ist, in dem Staatspräsident Pál
       Schmitt als "Hanswurst" bezeichnet wird. Der Kommentar, der eine Meinung
       wiedergibt, die sicherlich nicht nur der Schreiber oder die Schreiberin
       teilt, wurde allerdings schon am 8. Juni online gestellt. Die rückwirkende
       Anwendung des Gesetzes würde eine mögliche Sanktion noch problematischer
       machen. Eine von den unabhängigen Medien unterstützte Facebook-Seite "Eine
       Million für die Pressefreiheit" ruft jedenfalls dazu auf, Protestmails an
       Staatssekretär Kovács und Ombudsmann Bodonovich zu schicken.
       
       Seit 1. Juli gilt das neue Mediengesetz in vollem Umfang: Es erstreckt sich
       jetzt auch auf Kommentare und Blogs. Strafen von umgerechnet 4.000 bis
       180.000 Euro können gegen aufmüpfige Medien verhängt werden. Für eine
       kleine Zeitung wie Népszava kann das das Aus bedeuten.
       
       ## Trifft es nur die Regierungskritiker?
       
       Ob die volle Strenge des Gesetzes nur Regierungskritiker trifft, ist noch
       nicht klar. Der Wiener Journalist Karl Pfeifer will jedenfalls die Probe
       aufs Exempel machen: Er erstattete Anzeige gegen die regierungsnahe Zeitung
       Magyar Hírlap, die Postings online gestellt hatte, in denen Leser mit rüden
       antisemitischen Beschimpfungen auf ihn losgegangen waren. Er sei ein
       "Abfall-Jude" und "Kamindeserteur", also einer, der sich durch Flucht der
       Vergasung entzogen hat.
       
       Vorbeugen ist besser als Zahlen, mögen sich viele Chefredakteure gedacht
       haben und ließen schon die Kommentarfunktion ihrer Onlineausgaben
       deaktivieren und Blogs einstellen. Wenn es das Ziel der Medienbehörde ist,
       die Selbstzensur in den Redaktionen zu verankern, so hat sie einen
       Etappensieg erzielt. Bei den Angestellten im öffentlich-rechtlichen
       Rundfunk herrscht jetzt schon Panik. Ende Juni wurden 600 MitarbeiterInnen
       gefeuert. Im Herbst sollen weitere 400 folgen, die erhöhten
       Kündigungsschutz genießen. Die Kündigungswelle soll, so die Medienbehörde,
       die "Effizienz der durch Steuergelder finanzierten Einrichtungen" erhöhen.
       Offenbar kann man in Ungarn mit weniger Personal besseres Programm machen.
       
       Die etwa 11 Millionen Euro, die sich der Rundfunk durch den Kahlschlag
       erspart, sollen dem Programm zugutekommen. Für die Opposition herrscht kein
       Zweifel, dass eine politische Säuberung ansteht und die staatlichen Medien
       gleichgeschaltet werden sollen. Einen Vorgeschmack auf das "bessere
       Programm" lieferte am vorvergangenen Wochenende Kanal M1 in den
       Hauptabendnachrichten: Dort wurde ausführlich über ein Kulturfestival
       berichtet. Allerdings nicht über die Konzerte, sondern über die Anwesenheit
       von Orbán-Tocher Ráhel und Fidesz-Jugendgruppenführer Fanny Szájer.
       
       13 Jul 2011
       
       ## LINKS
       
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