# taz.de -- Finanzkrise in Europa: "Das Signal lautet: Ihr kriegt uns nicht"
       
       > Die Rating-Agenturen sind intransparent, sagt Martin Schulz (SPD), Chef
       > der Sozialisten im EU-Parlament. Zur Bewältigung der Krise fordert er
       > eine Erweiterung des Rettungsschirms.
       
 (IMG) Bild: Martin Schulz fordert eine Ausweitung des Euro-Rettungsschirms.
       
       taz: Herr Schulz, nach Griechenland und Portugal rutscht nun auch Italien
       in die Schuldenkrise. Kommt der Supercrash? 
       
       Martin Schulz: Nein, die Dinge sind beherrschbar. Italien ist nicht
       vergleichbar mit Griechenland. Das Land hat exzessive Schulden, aber auch
       enorme ökonomische Potenziale.
       
       Ist das Missmanagement der Regierung Berlusconi schuld? 
       
       Ja. Berlusconi war über Jahre mit dem eigenen Überleben beschäftigt. Die
       Regierung hat jede Art von Reformpolitik verweigert. Italien hat Chancen zu
       robustem Wachstum. Und wir werden die Schuldenkrise nur durch
       Wirtschaftswachstum überwinden.
       
       Früher profitierte Italien von Abwertungen der Lira. Ist Italiens Krise
       eine Euro-Krise? 
       
       Nur, wenn wir es zulassen. Europa hat ein Problem: Kaum wird Italien von
       Rating-Agenturen kritisch bewertet, brechen wir in eine Sinnkrise aus und
       der gesamte politische Apparat geht in die Knie. Das darf nicht sein. Wir
       müssen uns wehren.
       
       Was muss man tun? 
       
       Wir brauchen zunächst Informationen über die Rating-Agenturen - über die
       Auftraggeber und die Bewertungskriterien. Es gibt keine Transparenz. Und
       die Agenturen denken an Gewinne, nicht an den Euro.
       
       Die drei führenden Agenturen sitzen alle in New York. 
       
       Europa braucht eine eigene Rating-Agentur. Bei der muss dann auch klar
       sein, wer die Ratings bezahlt. Die Agentur muss transparent arbeiten, und
       sie muss ökonomisch neutral bewerten.
       
       Merkel sagt: Rom muss sparen. 
       
       Die Europapolitik von Angela Merkel erschließt sich mir nicht mehr. Die
       Bundeskanzlerin muss aufpassen, dass sie nicht permanent anderen Ländern in
       Europa Lektionen erteilt. Die Italiener wissen, dass sie sparen müssen.
       Dass Merkel parallel selbst in Deutschland Steuern senken will, ist ein
       Witz.
       
       Welchen Teil an der europäischen Krise trägt Merkel? 
       
       Merkel und Nicolas Sarkozy spielen eine unsägliche Rolle. Es ist ein
       Führungsvakuum in der EU entstanden. Beide handeln nicht im Interesse
       Europas, sondern danach, was in der Heimat gerade opportun ist. Aber was
       man in Brüssel tut und zu Hause sagt, muss zusammenpassen. Sonst macht man
       Europa kaputt.
       
       In Deutschland häufen sich die Euro-Skeptiker - existiert die europäische
       Idee noch? 
       
       Nicht die Idee von Europa ist in der Krise, sondern die Art, wie es geführt
       wird. Die Mehrzahl der Menschen hält die europäische Einigung nach wie vor
       für richtig. Aber die Leute haben die Nase voll vom Missmanagement
       nationaler Regierungen.
       
       Mancher in der FDP will die Stimmungen für sich nutzen. 
       
       Das muss man nicht ernst nehmen. Das ist die zweite und dritte Reihe. Die
       Partei kämpft ums Überleben und sucht überall rettende Strohhalme. Aber das
       Gefühl nehme ich ernst. Nationalistische Rhetorik fällt auf fruchtbaren
       Boden, wenn Menschen denken, dass alles gute national und alles schlechte
       europäisch ist. Genau das vermitteln viele Regierungen. Im Sinne von Europa
       müssen wir aber Erfolge und Misserfolge teilen. Sonst hat Europa keine
       Zukunft.
       
       Müssen sich europäische Staaten helfen - auch finanziell? 
       
       Das tun wir längst. Und wir müssen es. Denn sonst wären die Kosten viel
       höher, als wenn wir es nicht täten.
       
       Muss der Euro-Rettungsschirm aufgestockt werden? 
       
       Ja. Eine Aufstockung wäre ein starkes Signal an Spekulanten. Denn dann
       vermitteln wir eine Botschaft: Ihr kriegt uns nicht.
       
       13 Jul 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Gordon Repinski
       
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