# taz.de -- Giuliani-Demo in Berlin-Kreuzberg: Angeheizte Stimmung
       
       > Hunderte Vermummte ziehen in der Nacht durch Berlin. Sie wollen an den
       > 2001 erschossenen Carlo Giuliani erinnern. Die Bilanz: Sachschäden,
       > Verletzte und 33 Festnahmen.
       
 (IMG) Bild: Einsatz in der Nacht: Polizisten am Samstagabend in Kreuzberg.
       
       BERLIN taz | Das war also ihr "Gedenken" an Carlo Giuliani. Das war ihr
       bengalisches Feuer, das waren ihre Flaschen, Steine, Barrikaden, das waren
       ihre Leuchtraketen: Nachdem Autonome für das Wochenende in den vergangenen
       Wochen in einschlägigen Internetforen bereits Krawalle angekündigt und dazu
       bundesweit mobilisiert hatten, kam es in der Nacht zu Sonntag in Kreuzberg
       zu Ausschreitungen und anhaltenden Scharmützeln mit der Polizei. Die
       Stimmung dabei: angeheizt. Die Polizei: verhältnismäßig zurückhaltend.
       
       Bewusst keine Demonstration anmelden, bloß keine Kompromisse schließen -
       das waren die Prämissen für eine sogenannte "Do it yourself"-Demonstration,
       die pünktlich nach Eintreten der Dämmerung am Samstag um 22 Uhr am
       Lausitzer Platz begann. Mit bengalischen Feuern und zahlreichen
       Knallkörpern starteten rund 800 zumeist Vermummte in die Nacht.
       
       Denn die linksmilitante Szene wollte ihr ganz eigensinniges "Gedenken"
       zelebrieren: Weil am 21. Juli 2001, also vor knapp zehn Jahren, [1][beim
       umstrittenen G-8-Gipfel in Genua der junge Italiener Carlo Giuliani von der
       Polizei erschossen worden war,] wurde in Aufrufen "Rache für Carlo"
       geschworen. Verschiedene militante Kleingruppen zogen daraufhin in der
       Nacht zu Sonntag durch Kreuzberg, errichteten wiederholt leichte
       Straßensperren mit Bauzäunen und Mülltonnen und lieferten sich Scharmützel
       mit der Polizei - inklusive Stein- und Flaschenwürfen.
       
       Auch die Scheiben einer türkischen Bankfiliale am Kottbusser Tor gingen
       dabei zu Bruch, nachdem sich der Demonstrationszug aufgelöst hatte und
       verschiedene militante Kleingruppen durch den Stadtteil zogen.
       
       Nach Darstellung der Polizei, die nach eigenen Angaben mit rund 500 Beamten
       im Einsatz war, soll in einem Fall auch ein Brandsatz auf Polizisten
       geworfen worden sein. Verletzt wurde hierbei niemand. Insgesamt, so teilte
       die Polizei mit, seien bei dem Einsatz 34 der eingesetzten Beamten verletzt
       worden. Zahlreiche Polizisten hätten Knalltraumata durch explodierende
       Böller erlitten.
       
       Wie viele Demonstranten bei den Auseinandersetzungen verletzt wurden, ist
       unklar. Insgesamt nahm die Polizei laut eigener Darstellung 33 Personen
       fest. 25 von ihnen wurden in Zentralgewahrsam verbracht, [2][darunter auch
       ein Pressefotograf]. Der soll nach Darstellung eines an der Festnahme
       beteiligten Polizisten einen Leuchtkörper gezündet haben, der zuvor in
       seiner Nähe entbrannt war. Andere Journalisten, die die Szene als
       Augenzeugen beobachteten, bestreiten dies. 
       
       Unterdessen entwickelt sich auf bundespolitischer Ebene die Debatte über
       den Umgang mit Linksextremismus. So schlug der Präsident des
       Bundeskriminalamtes, Jörg Ziercke, am Wochenende einen vermehrten Einsatz
       von verdeckten Ermittlern in der linksradikalen Szene vor. Dem Hamburger
       Abendblatt sagte Ziercke, er halte den "Linksextremismus für ähnlich
       bedrohlich wie den Rechtsextremismus".
       
       Weder der Verfassungsschutz noch der Berliner Staatsschutz können
       allerdings einen "neuen Linksterrorismus" erkennen: "Was wir momentan
       beobachten, hat mit der RAF nichts zu tun", hatte der Dezernatsleiter für
       politisch motivierte Kriminalität beim Berliner Staatsschutz, Stefan
       Redlich, am Samstag der taz gesagt. "Wer das herbeiredet, betreibt reine
       Stimmungsmache."
       
       17 Jul 2011
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /1/leben/koepfe/artikel/1/carlo-giuliani-ein-junge/
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       ## AUTOREN
       
 (DIR) Martin Kaul
       
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