# taz.de -- Abhörskandal in Großbritannien: Scotland-Yard-Chef tritt zurück
       
       > Jetzt ist auch der oberste Polizist des Landes, Paul Stephenson, über den
       > Skandal um Murdochs Medienimperium gestürzt. Zu eng war sein Kontakt zu
       > einem Konzernmitarbeiter.
       
 (IMG) Bild: Er ist sich keiner Schuld bewusst und räumt dennoch seinen Platz: Scotland-Yard-Chef Paul Stephenson.
       
       DUBLIN taz | Der Chef von Scotland Yard, Paul Stephenson, ist am
       Sonntagabend zurückgetreten. Er ist ein weiteres Opfer des Abhörskandals um
       die inzwischen eingestellte Sonntagszeitung News of the World. Deren
       Journalisten wird vorgeworfen, mit Hilfe eines Privatdetektivs rund 4.000
       Telefone Prominenter, aber auch Angehöriger von Verbrechensopfern und in
       Afghanistan getöteter britischer Soldaten angezapft zu haben. In den USA
       wird derzeit untersucht, ob auch die Familien der Terroropfer vom 9.
       September 2001 bespitzelt wurden.
       
       Der Skandal schwelt bereits seit 2005. Der Polizei wird vorgeworfen, nicht
       ermittelt zu haben, obwohl ihr die Anfang des Monats durch die Tageszeitung
       The Guardian ans Licht gebrachten Details bereits seit damals bekannt
       waren. Zahlreiche Polizisten standen auf der Gehaltsliste des
       Boulevardblatts.
       
       Stephenson hat sich einen Kuraufenthalt im Wert von umgerechnet 13.700 Euro
       von einem Spa-Betreiber spendieren lassen. Dessen Leiter für
       Öffentlichkeitsarbeit war Neill Wallis, der ehemalige stellvertretende
       Chefredakteur der News of the World. Darüber hinaus hat Wallis bis
       September 2010 ein Jahr lang als PR-Berater für die Polizei gearbeitet. Er
       ist vorige Woche festgenommen worden.
       
       Stephenson ist sich keines Fehlverhaltens bewusst. Er habe weder über die
       Einstellung von Wallis entschieden, noch von dessen Verstrickung in den
       Abhörskandal gewusst, beteuerte Großbritanniens ranghöchster Polizist.
       
       Allerdings hat die Sunday Times, die ebenso wie die News of the World zum
       Medienkonzern von Rupert Murdoch gehört, vorgestern gemeldet, dass sich
       Stephenson seit 2006 mindestens achtzehnmal mit hochrangigen Managern aus
       Murdochs Konzern zum Essen getroffen habe.
       
       ## Stephenson warnt den Premier
       
       Noch öfter war Premierminister David Cameron in Kontakt mit Murdoch oder
       seinen Top-Leuten, nämlich sechsundzwanzigmal seit seinem Amtsantritt vor
       15 Monaten. Stephenson warnte den Premierminister in seiner Rücktrittsrede,
       dass er riskiere, durch seine enge Verbindung zu Andy Coulson
       kompromittiert zu werden. Unter dessen Chefredaktion fanden bei der News of
       the World die Handy-Bespitzelungen zum Teil statt, bevor er von Cameron als
       Berater eingestellt wurde. Von diesem Posten trat Coulson wegen der Affäre
       im Januar zurück.
       
       Stephenson sagte, er nehme seinen Hut, weil er Cameron nicht über Wallis´
       Arbeit für die Polizei informiert habe. Er wollte den Premierminister nicht
       damit belasten, weil Wallis ein Mitarbeiter von Coulson war und Cameron
       wegen seines ehemaligen Beraters schon genug ins Gerede gekommen sei.
       Scotland Yard hatte offensichtlich gehofft, durch Wallis´ und dessen
       Verbindung zu Coulson einen direkten Draht in die Machtzentrale zu
       bekommen.
       
       Coulsons Vorgängerin bei der News of the World, Rebekah Brooks, ist am
       Sonntag verhaftet und verhört worden – sie ist bereits die zehnte Person,
       die im Zusammenhang mit dem Abhörskandal festgenommen worden ist. Am Abend
       wurde sie gegen Kaution wieder freigelassen. Brooks war am Freitag als
       Chefin von Murdochs britischem Imperium zurückgetreten. Am Dienstag soll
       sie eigentlich mit Rupert Murdoch und seinem Sohn James vor einem
       Unterhausausschuss aussagen, doch möglicherweise kann sie sich nun davor
       drücken und auf die schwebenden Untersuchungen der Polizei gegen sie
       verweisen.
       
       18 Jul 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Ralf Sotscheck
       
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