# taz.de -- Aus Le Monde diplomatique: Auf Reserve
       
       > Krisen und Kriege in den arabischen Ölförderländern, der GAU in Japan und
       > die anhaltende Dürre in vielen Teilen der Welt fordern die globale
       > Energieversorgung heraus.
       
 (IMG) Bild: Benzine Mobilität: Demnächst nur noch ein Privileg?
       
       Zuerst die gute Nachricht: Nach Einschätzung der Internationalen
       Energiebehörde IEA (International Energy Agency) wird die weltweite
       Nachfrage nach Rohöl dieses Jahr nicht so stark zunehmen wie zunächst
       angenommen; aufgrund der zähen Entwicklung der globalen Konjunktur rechnet
       die IEA für die nächste Zeit sogar mit fallenden Benzinpreisen. In ihrem
       monatlichen Report vom Mai hat die Agentur ihre Schätzung für den
       Ölverbrauch des Jahres 2011 auf 89,2 Millionen Barrel pro Tag (um 190 000
       Barrel) nach unten korrigiert. Für den Endverbraucher wird der Benzinpreis
       deshalb kaum die Höhen erklimmen, die noch Anfang des Jahres vorausgesagt
       wurden. Gleichwohl wird der Weltmarktpreis für Rohöl auf einem Niveau
       bleiben, wie es seit dem absoluten Gipfel im Juli 2008 – unmittelbar vor
       Ausbruch der globalen Finanzmarktkrise – nicht mehr erreicht wurde.
       
       Dies ist also die gute Nachricht. Die schlechte lautet: Die globale
       Energieversorgung steht vor einer ganzen Serie kaum lösbarer Probleme, die
       sich in den letzten Monaten weiter zugespitzt haben. Entstanden sind diese
       Probleme auf beiden Ebenen, die für die Energieversorgung entscheidend
       sind: Erstens geologisch, da die einstmals gigantisch erscheinenden
       Reserven an leicht erschließbaren Öl-, Erdgas- und Kohlevorkommen zur Neige
       gehen. Und zweitens politisch, da geopolitische Veränderungen und
       Fehleinschätzungen dazu geführt haben, dass bestimmte fossile
       Energievorkommen nur noch begrenzt erschlossen und ausgebeutet werden
       können. Da sich die Probleme auf beiden Ebenen gleichzeitig verschärfen,
       sieht es für unsere künftige Energieversorgung tatsächlich finster aus.
       
       Die immer tiefere Energiekrise ist nur auf Grundlage einer einfachen
       Tatsache zu verstehen: Bei der gegebenen Struktur der Weltwirtschaft ist
       ein Nullwachstum der Energieproduktion nicht möglich. Um die riesige
       Nachfrage der älteren Industrieländer – an der Spitze die USA – ebenso zu
       befriedigen wie den ungeheuren Energiehunger von aufsteigenden
       Wirtschaftsmächten wie China, muss die globale Energie Jahr für Jahr
       beträchtlich zunehmen. Nach einem Szenario des Energieministeriums der USA
       muss die Produktion von 2007 bis 2015 um 29 Prozent auf 640 Quadrillionen
       BTU (British thermal units) ansteigen, um der zu erwartenden Nachfrage
       gerecht zu werden. Selbst wenn der Energieverbrauch langsamer wachsen
       sollte, führt jede nicht umgehend bediente Nachfrage zur Wahrnehmung einer
       Energieknappheit und zu entsprechend steigenden Ölpreisen. Das ist genau
       der Zustand, den wir bereits heute haben und mit dem wir auf unbestimmte
       Zeit weiter rechnen müssen.
       
       ## Energieschock
       
       Vor diesem Hintergrund bescherte uns das Jahr 2011 drei Entwicklungen, die
       das Leben auf unserem Planeten in absehbarer Zukunft wahrscheinlich
       entscheidend verändern werden. Der erste und nach wie vor wichtigste dieser
       "Energieschocks" resultiert aus den Protestbewegungen in Tunesien und
       Ägypten, die in den „arabischen Frühling“ mündeten. Zwar sind weder
       Tunesien noch Ägypten wichtige Öllieferländer, aber die politische Seismik,
       die von dem Volksaufstand in beiden Ländern angestoßen wurde, hat auch
       Ölförderländer wie Libyen, Saudi-Arabien und Bahrain erfasst. In den beiden
       Golfstaaten scheint die politische Führung die Proteste bislang unter
       Kontrolle zu haben, aber in Libyen ist die Ölförderung, die zu normalen
       Zeiten bei 1,7 Millionen Barrel pro Tag lag, fast auf null zurückgegangen.
       
       Die Bedeutung der Ereignisse im Nahen Osten und in Nordafrika für die
       künftige Ölversorgung kann man gar nicht überschätzen. Alle Szenarien für
       die Entwicklung der globalen Ölproduktion gehen davon aus, dass
       Saudi-Arabien und die anderen Golfstaaten einen stetig wachsenden Anteil
       des weltweiten Angebots liefern, wenn die Produktion in anderen
       Förderländern zurückgeht. Der Produktionsanstieg in der Golfregion ist
       absolut entscheidend. Aber es wird ihn nur geben, wenn die herrschende
       Klasse in diesen Ländern gigantische Summen in die Erschließung neuer
       Ölreserven investiert. Das gilt vor allem für die Förderung des „tough oil“
       aus schwerer zugänglichen Ölquellen, die weitaus kostspieliger ist als das
       Leerpumpen der vorhandenen "easy oil"-Vorkommen.
       
       Nach einem Bericht im Wall Street Journal vom 24. Mai(1) müssten die Saudis
       hunderte Milliarden Dollar in die Erschließung ihrer "tough oil"-Vorkommen
       stecken. Doch unter dem Eindruck der ägyptischen Jugendrevolte und ihres
       Bevölkerungszuwachses scheint die saudische Führung ihren sagenhaften
       Reichtum derzeit eher dazu nutzen zu wollen, öffentliche
       Beschäftigungsprogramme und neue Waffensysteme zu finanzieren. Und die
       anderen Königreiche und Emirate am Golf setzen die Prioritäten ähnlich.
       
       ## Zeitbombe Saudi-Arabien
       
       Ob sie damit Erfolg haben werden, bleibt abzuwarten. Die sehr junge
       saudische Bevölkerung stellt ihre Führung, die sie mit Versprechen von Jobs
       und mehr Geld ködert, zugleich aber jede Opposition gewaltsam unterdrückt,
       nicht so direkt infrage wie die Jugendlichen in Tunesien, Ägypten und
       Syrien. Doch das bedeutet nicht, dass der Status quo ewig halten wird.
       "Saudi-Arabien ist eine Zeitbombe", befindet Jaafar al-Taie von der
       Consultingfirma MEC (Manaar Energy Consulting), die in der Golfregion
       tätige ausländische Ölunternehmen berät. Die Ankündigung des saudischen
       Königshauses, 36 Milliarden Dollar für die Anhebung der Mindestlöhne und
       höhere Arbeitslosenbezüge auszugeben und erschwingliche Wohnungen zu bauen,
       kommentiert al-Taie: "Was der König jetzt unternimmt, reicht meiner Meinung
       nach nicht aus, einen Aufstand zu verhindern."
       
       Zurzeit kann die Welt einen längeren Ausfall des libyschen Öls noch
       verkraften, weil die Saudis und einige andere Produzenten mit ihren
       Überschussreserven einspringen können. Und die großen Industriemächte haben
       erhebliche "strategische Reserven" gebunkert. Mit denen lassen sich
       begrenzte Versorgungsengpässe ausgleichen, wie es gerade erst geschehen
       ist: Am 23. Juni beschloss die IEA, 60 Millionen Barrel dieser Reserven auf
       den Markt zu werfen, um den Ölpreis zu drücken. Was auch kurzfristig
       gelungen ist. Sollte aber das saudische Regime zusammenbrechen, ist alles
       möglich. Der frühere Ölminister Scheich Saki al-Jamani warnte am 5. April
       auf einer Konferenz in London: "Wenn in Saudi-Arabien etwas passiert, wird
       der Preis [für ein Barrel Rohöl] auf 200 bis 300 Dollar klettern. Mit so
       was rechne ich derzeit nicht, aber in Tunesien hat es auch niemand
       erwartet."(2)
       
       Das zweite für die Energiemärkte bedeutsame Ereignis war das Erdbeben und
       der Tsunami vom 11. März in Japan, die zunächst einen beträchtlichen Teil
       der Energieinfrastruktur von Nordjapan beschädigten – Raffinerien, Häfen,
       Öl- und Gaspipelines, Kraftwerke und Hochspannungsleitungen – und vier
       Reaktorblöcke im Atomkraftwerk Fukushima zerstörten, was den dauerhaften
       Ausfall einer Kapazität von 6 800 Megawatt bedeutete (nach Zahlen des
       US-Energieministeriums).
       
       ## Öl, Kohle, Flüssiggas
       
       Damit musste Japan zusätzlich Öl, Erdgas und Kohle importieren, was die
       globale Nachfrage anheizte. Wenn Fukushima und andere japanische AKWs
       abgeschaltet bleiben, wird das Land nach Schätzung von Experten seine
       Ölimporte pro Tag um 238.000 Barrel und seine Gasimporte um 34 Millionen
       Kubikmeter steigern müssen, vor allem in Form von Flüssiggas (LNG).
       Langfristig noch bedeutsamer ist, dass die japanische Regierung nach
       eigenen Aussagen den Bau von 14 neuen, für die nächsten 20 Jahre geplanten
       Atomreaktoren streichen wird. Am 10. Mai erklärte Ministerpräsident Naoto
       Kan, seine Regierung werde eine neue Energiepolitik "von null an"
       entwickeln müssen, und man wolle die Leistung der gestrichenen Reaktoren
       durch erneuerbare Energien aus Wind- und Solarkraftwerken ersetzen. Aber
       die traurige Realität sieht anders aus: Zu einem erheblichen Teil werden
       die künftigen zusätzlichen Energiemengen zwangsläufig aus Öl-, Kohle und
       LNG-Importen stammen.
       
       Die Katastrophe von Fukushima –und die Enthüllungen über
       Konstruktionsfehler und Wartungsdefizite bei den Reaktoren – haben einen
       Dominoeffekt ausgelöst. In anderen Ländern wurden die Pläne für den Bau
       neuer Atomkraftwerke oder für die Verlängerung von AKW-Laufzeiten
       aufgegeben, wie in Deutschland. Auch in China reagierte die Regierung schon
       am 16. März mit der Ankündigung, man werde keine neuen Atomreaktoren
       genehmigen, bis man die Sicherheitsstandards überprüft habe. Allerdings hat
       Peking weitere Investitionen in Atomkraft nicht ausgeschlossen. Andere
       Länder, darunter Indien und die USA, haben ebenfalls eine Überprüfung der
       Kriterien für Reaktorsicherheit beschlossen, womit weitreichende Pläne für
       neue Atomkraftwerke gefährdet scheinen. Schließlich erklärte die Schweizer
       Regierung am 25. Mai, dass sie die geplanten drei neuen AKWs nicht bauen
       und die alten Meiler stufenweise bis 2034 abschalten wird. Damit gehört
       auch die Schweiz zu den Ländern, die auf Atomenergie offenbar endgültig
       verzichten.
       
       Das Jahr 2011 brachte eine dritte wichtige Entwicklung, deren Bedeutung für
       die globale Energieversorgung nicht so offensichtlich ist wie die arabische
       Revolte und das japanische Erdbeben: Die anhaltende Trockenheit des Jahres
       2010 – in Australien, China, Russland und in Teilen der Nahostregion, aber
       auch in Südamerika, den USA und zuletzt auch in Nordeuropa – hat zu
       Ernteausfällen geführt und damit zum jüngsten Anstieg der
       Lebensmittelpreise auf ein nie zuvor erreichtes Niveau. Dies wiederum war
       die Hauptursache der politischen Unruhen, die sich jetzt in Nordafrika,
       Ostafrika und im Nahen und Mittleren Osten ausbreiten. Aber eine lange
       Trockenheit wirkt sich auch auf die Energieversorgung aus. Wenn die großen
       Flüsse weniger Wasser führen, sinkt die Stromproduktion der
       Wasserkraftwerke.
       
       ## Stromknappheit in Zentralchina
       
       Am stärksten gefährdet ist derzeit die Stromversorgung in China, das eine
       der schlimmsten Dürreperioden seiner Geschichte erlebt. Wie China Daily
       berichtet, lag die Regenmenge im Einzugsgebiet des Yangtse – des längsten
       und für die Wirtschaft wichtigsten Flusses – im ersten Jahresdrittel um 40
       Prozent unter dem Durchschnittsniveau der letzten 50 Jahre. Weil folglich
       die durch Wasserkraft erzeugte Energiemenge erheblich zurückgegangen ist,
       kam es in großen Teilen Zentralchinas zu einer ernsthaften Stromknappheit,
       die sich im Sommer noch verschärfen wird.(3 )
       
       Um ihren Strombedarf zu decken, setzen die Chinesen zunehmend auf
       Kohlekraftwerke. Da aber die einheimischen Bergwerke nicht mehr genügend
       Kohle liefern, ist China zu einem der größten Kohleimporteure geworden. Die
       wachsende Nachfrage hat allerdings die Kohlepreise in die Höhe getrieben.
       Doch weil die Regierung den Strompreis nicht entsprechend angehoben hat,
       gehen viele chinesischen Kraftwerke dazu über, den Strom zu rationieren,
       statt immer teurere Kohle zu kaufen und Verluste zu machen. Das Ergebnis
       ist, dass sich immer mehr Industriebetriebe eigene Stromgeneratoren
       zulegen, die mit Dieselöl betrieben werden, was wiederum die chinesischen
       Ölimporte ansteigen lässt – und entsprechend die Weltmarktpreise für Rohöl
       in die Höhe treibt.
       
       Zu Beginn des Sommers 2011 haben wir also eine anhaltende Krise im Nahen
       Osten, schlechte Perspektiven für die Atomenergie und eine ernste
       Stromknappheit in China (und möglicherweise nicht nur dort). Wie steht es
       vor diesem Hintergrund mit der allgemeinen Entwicklung des globalen
       Energiebedarfs? Trotz der anfangs zitierten Voraussage der IEA über einen
       schrumpfenden Rohölverbrauch wird die Nachfrage auf den globalen
       Energiemärkten auch in Zukunft stärker wachsen als das Angebot.
       
       ## Tough oil, easy oil
       
       Nehmen wir das Beispiel Öl. Immer mehr Analysten der Energiemärkte sind
       sich darin einig, dass das Zeitalter des "easy oil" zu Ende geht und die
       Weltwirtschaft immer mehr auf "tough oil" aus schwerer erschließbaren
       Vorkommen angewiesen ist. Davon gibt es, so die meisten Experten, auf der
       Erde ziemliche Mengen: in sehr tiefen Gesteinsschichten, auf dem
       küstenfernen Meeresgrund, in problematischen geologischen Formationen wie
       den kanadischen "Ölsanden", aber auch unter dem abschmelzenden Eisdecke der
       Arktis. Diese Vorkommen abzubauen und zu verarbeiten wird jedoch sehr teuer
       – und birgt große Risiken für die Menschen und mehr noch für die Umwelt.
       Man denke nur an die "Deepwater Horizon"-Katastrophe auf der BP-Bohrinsel
       im Golf von Mexiko vom April 2010.
       
       Der Ölbedarf der Welt ist so groß, dass man immer größere Mengen von "tough
       oil" erschließen wird, wenn auch nicht so schnell und in so großen Mengen,
       dass die Erschöpfung der "easy oil"-Vorkommen kompensiert werden kann. Dies
       und die anhaltende Instabilität im Nahen und Mittleren Osten lassen
       erwarten, dass der Ölpreis in den nächsten Jahren weiter steigen wird. Das
       Global Energy Institute (des Unternehmensberatergiganten KPMG) hat im April
       eine Umfrage unter Managern von weltweit operierenden Energieunternehmen
       durchgeführt. 64 Prozent der Befragten meinten, dass Rohöl noch vor Ende
       2011 mehr als 120 Dollar pro Barrel kosten wird. Etwa jeder dritte befragte
       Manager glaubt an einen noch höheren Preisanstieg: 17 Prozent rechnen mit
       einem Preis zwischen 131 bis 140 Dollar, 9 Prozent mit bis zu 150 Dollar
       und 6 Prozent sogar mit dem Überschreiten der 150-Dollar-Marke.
       
       Auch der Kohlepreis ist seit Beginn des Jahres rasant gestiegen. Grund war
       die wachsende globale Nachfrage durch den Rückgang des Angebots an nuklear
       und hydroelektrisch erzeugter Energie. Zwar haben viele Länder in
       erneuerbare Energien investiert, aber die Dimensionen und das Tempo dieser
       Bemühungen reichen nicht aus, um die alten Technologien rasch genug zu
       ersetzen.
       
       Einige Experten sehen die einzige Hoffnung auf einem anderen Gebiet: der
       Extraktion von Erdgas aus Schiefergesteinen, wie sie in den USA durch das
       "Fracking" (Hydraulic Fracturing) betrieben wird. Befürworter dieser
       Technik behaupten, das „Schiefergas“ könne einen Großteil des künftigen
       Energiebedarfs abdecken, wobei die Abbautechnik weniger umweltschädlich sei
       als die Kohle- und Ölförderung (weil Gas die Atmosphäre weniger mit CO(2)
       belaste). Dagegen erheben sich allerdings immer mehr Stimmen, die auf die
       Gefahren hinweisen.
       
       ## Zukunft Schiefergras?
       
       Diese Warnungen haben bereits dafür gesorgt, dass die Parlamente in immer
       mehr US-Staaten einschränkende Bestimmungen beschlossen haben. Damit ist
       fraglich, ob Schiefergas wesentlich zur künftigen Energieversorgung der USA
       beitragen kann. In Frankreich hat jedenfalls die Nationalversammlung am 12.
       Mai mit 287 gegen 146 Stimmen ein Verbot des Frackings beschlossen.
       
       Probleme mit der Umwelt gibt es nicht nur bei der Gewinnung von
       Schiefergas. Im Gegenteil: Alle ins Auge gefassten Strategien, mit denen
       die Versorgung durch Öl, Gas und Kohle verlängert werden soll, sind mit
       gravierenden wirtschaftlichen und ökologischen Risiken und Kosten
       verbunden. Das gilt übrigens für den Verbrauch jeglicher Art fossiler
       Brennstoffe. Nachdem die IEA-Statistiken für das Jahr 2010 zeigen, dass die
       zugänglichen gigantischen Ölfelder in Texas, in Venezuela und im Nahen
       Osten bereits trockengefallen sind oder demnächst großenteils erschöpft
       sein werden, beruht die Zukunft des Öls auf minderwertigen Kategorien wie
       Ölsanden, Ölschiefer und Schwerölen, für deren Förderung ein sehr hoher
       Energieaufwand nötig ist.
       
       Das aber bedeutet sowohl noch mehr Treibhausgase als auch weitere
       Umweltzerstörungen. Schiefergas ist das klassische Beispiel: Es ist zwar in
       Massen vorhanden, aber das Herauslösen aus den tief liegenden
       Gesteinsschichten erfordert den Einsatz von Sprengstoffen und
       Hochdruckwasser, dem toxische Chemikalien beigemischt sind. Zudem müsste
       man, um hinreichende Mengen von Schiefergas zu gewinnen, zehntausende
       Brunnen bohren, von denen jeder eine katastrophale Schädigung der Umwelt
       verursachen kann.
       
       ## Engpässe, Preissteigerungen, Unzufriedenheit
       
       Auch für die Kohle gilt, dass ihr Abbau in Zukunft neue Techniken
       erfordert, die immer gefährlicher werden und immer weiter in die Umwelt
       eingreifen, zum Beispiel wenn ganze Berggipfel weggesprengt werden oder
       ausgeräumte Gesteinsmassen und toxische Abfälle über die umliegenden Täler
       verteilt werden. Zudem wird jede weitere Steigerung des Kohleverbrauchs den
       Klimawandel beschleunigen, weil beim Verbrennen von Kohle mehr CO(2)
       entsteht als bei Erdgas und Öl.
       
       Das Fazit lautet: Alle Erwartungen, dass der Energiebedarf in den nächsten
       Jahren durch ein ständig wachsendes Angebot gedeckt wird, können nur
       enttäuscht werden. Was die Zukunft der globalen Energieversorgung
       kennzeichnen dürfte, sind immer neue Engpässen, Preissteigerungen,
       zunehmende soziale Unzufriedenheit und internationale Konflikte.
       
       Wenn wir nicht von dem Glauben ablassen, dass die menschliche Gattung eine
       Art angeborenes Recht auf unbegrenztes Wachstum hat, und wenn wir nicht das
       tatsächlich vorhandene Potenzial der erneuerbaren Energien entdecken – und
       die entsprechenden Investitionen vornehmen – dürften wir einer düsteren
       Zukunft entgegengehen.
       
       Fußnoten: 
       
       (1) "Facing Up the End of 'Easy Oil'": [1][online.wsj.com].
       
       (2) Siehe Wiener Zeitung, 6. April 2011.
       
       (3) Am stärksten betroffen sind die Provinzen am Unterlauf des Yangtse
       (Jiangsu, Zhejiang, Anhui ), wobei für die Provinz Jiangsu im Sommer ein
       Defizit von 16 Prozent der benötigten Strommenge erwartet wird. Siehe:
       [2][www.chinadaily.com.cn/china/2011-05/17/content_12521034].
       
       Aus dem Englischen von Niels Kadritzke
       
       [3][Le Monde diplomatique] vom 8.7.2011
       
       24 Jul 2011
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] http://online.wsj.com/
 (DIR) [2] http://www.chinadaily.com.cn/china/2011-05/17/content_12521034
 (DIR) [3] http://www.monde-diplomatique.de
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Michael T. Klare
       
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