# taz.de -- Islamfeinde vor Norwegens Botschaft: Auftritt auf Kosten der Opfer
       
       > Nach den Attentaten in Norwegen ziehen Rechtspopulisten von Pro
       > Deutschland vor die Botschaft. Wowereit verurteilt Mahnwache als
       > "unerträglich".
       
 (IMG) Bild: Das verstehen sie also unter angemessenem Gedenken: Die Pro-Deutschland-Provokateure am Montag vor der Botschaft Norwegens in Berlin
       
       Die Deutschlandfahnen der Rechtspopulisten tragen Trauerflor, ein Mann
       breitet eine Norwegen-Flagge aus. Pro-Deutschland-Bundeschef Manfred Rouhs
       hält zwei weiße Rosen, Berlins Landeschef Lars Seidensticker ein
       Wahlkampfplakat: "Hauptstadt der Angst? Nicht mit uns!"
       
       Nur wenige Meter neben der norwegischen Botschaft hat sich am Montagmorgen
       ein gutes Dutzend Pro-Deutschland-Anhänger zu einer Mahnwache versammelt.
       "Solidarisch mit Oslo" wolle man sich zeigen, hatte die Partei nach den
       Attentaten in Norwegen angekündigt. Schweigend stehen sie zusammen. Ebenso
       wie die gut zwanzig Gegendemonstranten auf der anderen Straßenseite. "Im
       Gedenken an die Opfer der Anschläge, Rechtspopulisten stoppen" steht auf
       deren Transparent. Polizisten geleiten paarweise die Rechten zur Botschaft,
       wo sich Blumen und Kerzen türmen, die Trauernde abgelegt haben. Auch Rouhs
       legt seine Rosen nieder, Seidensticker trägt sich ins Kondolenzbuch ein.
       
       "Das ist doch pure Heuchelei", zischt ein junger Gegendemonstrant. Dirk
       Stegemann vom Bündnis "Rechtspopulismus stoppen" reagiert wütend. "Das ist
       das Letzte. Hier wird Wahlkampf auf Kosten der Opfer gemacht." Sebastian
       Wehrhahn, Mitarbeiter der Mobilen Beratung gegen Rechtsextremismus, spricht
       von einer "infamen Instrumentalisierung". Pro Deutschland bediene ähnliche
       Feindbilder: Multikulturalismus, Islamisierung, linke Politik. "Wer solch
       ein gesellschaftliches Klima bereitet, muss sich darüber im Klaren sein,
       dass es Menschen gibt, die dies als Legitimation für Gewalt verstehen."
       
       Pro-Deutschland-Landeschef Seidensticker weist das zurück. Mitgefühl wolle
       man ausdrücken. "So wie alle anderen Parteien auch." Zwischen den
       Attentaten und seiner Partei sehe er "keinerlei Verbindung". Der Attentäter
       in Norwegen sei "ein verrückter Einzeltäter, wir sind eine friedliche,
       konservative Partei". Und die Wahlplakate? "Die haben zum Anlass gepasst."
       
       Nach der Mordserie des rechtsextremen Anders Behring Breivik bemühten sich
       die rechtspopulistischen Parteien in Berlin schnell um Distanzierung.
       Breivik war bis 2006 Mitglied der rechtspopulistischen Fortschrittspartei
       in Norwegen. Marc Doll, Vizebundeschef der Freiheit, spricht von "Schock".
       Er verurteile die Anschläge "aufs Schärfste". Und hofft, dass sich die
       "linksextreme oder islamistische Szene" künftig "genauso glaubhaft und
       geschlossen" von Anschlägen distanziere.
       
       Der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) verurteilte die
       Pro-Deutschland-Mahnwache. Es sei "unerträglich", dass die Rechtspopulisten
       versucht hätten, das Gedenken an der Botschaft zu stören, sagte er. Viele
       Berlinerinnen und Berliner hätten dort ihre Anteilnahme und Solidarität
       gezeigt. Um diese Trauerbekundungen nicht zu stören, hatte die Polizei eine
       Kundgebung direkt vor der Botschaft verboten. Nach einer Stunde rollt Pro
       Deutschland die Fahnen ein.
       
       Wenig später geht SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier in die
       Botschaft. Trägt sich ins Kondolenzbuch ein, schüttelt Mitarbeitern die
       Hand und fährt wieder. Allein, still.
       
       25 Jul 2011
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Konrad Litschko
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA